Mit dem richtigen Netzwerk auf dem Weg zum Chefsessel
Am 8. März jährt sich wieder der Weltfrauentag. Eine seiner Hauptzielsetzungen ist die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Im Blick auf die Führung kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU) besteht in Deutschland diesbezüglich noch Nachholbedarf. Aktuellen Zahlen von KfW Research zufolge steht nur bei rund 15,4 Prozent der hiesigen KMUs eine Frau an der Spitze – vier Prozentpunkte weniger im Vergleich zum Höchststand im Jahr 2013. Erfolgreiches Netzwerken kann hier ein wirksamer Hebel sein, um eine Trendwende herbeizuführen. Denn: Wenn sich Frauen in Netzwerken organisieren und engagieren, entstehen Synergien, die sich für die eigene Karriere nutzen lassen – auch für einen Platz an der Spitze eines Unternehmens.
SHE works! sprach mit Simone Seidel, Director People Central Europe bei Sage, über erfolgreiche Strategien für Frauen in Führungspositionen
Sie haben vor kurzem auf dem Sage Unternehmensblog zwölf inspirierende Frauennetzwerke vorgestellt. Warum sollten sich in Ihren Augen Frauen miteinander vernetzen?
Gutes Beziehungsmanagement hat schon immer Türen geöffnet – das gilt nicht nur für die Karrieren von Männern, sondern insbesondere auch für die von Frauen. Das zeigt auch der Boom an Netzwerken, die insbesondere Frauen in Führungspositionen stärken und zu mehr Gleichberechtigung in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft beitragen. Frauen profitieren auf ihrem Weg ins obere Management oder an die Spitze eines Unternehmens vom Austausch innerhalb entsprechender Netzwerke und der Sichtbarkeit einer solchen Community. Außerdem bieten Frauennetzwerke ideale Voraussetzungen, um sich auch bei Headhuntern sichtbar zu machen.
Welche Vorteile sehen Sie in einem Netzwerk unter Frauen? Auch für Sie selbst.
Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren ist sicherlich die Möglichkeit, relevante Kontakte zu knüpfen. Das bringt Visibilität und führt zu Weiterempfehlungen. Gerade, wenn Frauen in der Orientierungs- und Planungsphase im Blick auf die ersten, entscheidenden Karriereschritte sind, können sie von weiblichen Gleichgesinnten profitieren. Die Homogenität von Frauennetzwerken bietet ihnen Rückhalt. Unter meinesgleichen spreche ich freier und ehrlicher über die eigenen Stärken und Schwächen und bitte offen und leichter um Feedback. Der Austausch unter Frauen zeigt letztendlich auch Hebelwirkung für die eigene Karriereentwicklung: Sie lernen voneinander, profitieren von den Erfahrungen der anderen – von guten wie negativen – und gewinnen so auch neues Vertrauen in die eigenen Führungsqualitäten. Frauennetzwerke sind vor diesem Hintergrund eine gute Basis, um den ersten Karriereschritt zielstrebig anzugehen. Sie öffnen wichtige Türen. Der direkte Schlüssel zum Chefsessel sind sie aber nicht.
Warum? Und: Was ist in Ihren Augen der Schlüssel zum Chefsessel?
Für die entscheidenden Karriereschritte innerhalb des eigenen Unternehmens gilt es, die vorhandenen Netzwerke vor Ort für sich effizient zu nutzen. Hierbei stehen dann aber nicht die emotionalen und stärkenden Aspekte im Vordergrund, um die es in der Vorbereitungsphase für den Karriereweg im homogenen Umfeld eines rein weiblichen Netzwerks ging. Jetzt geht es vielmehr darum, mit dem zuvor gewonnenen Rückenwind selbstbewusst seinen Platz innerhalb des betrieblichen Netzwerks zu finden. In dieser Sondierungsphase spielen dann fachlich Fragen eine besondere Rolle: Wer besetzt Schlüsselpositionen mit Entscheidungskompetenz innerhalb meiner Abteilung? Oder: Wer besitzt die größte fachliche Erfahrung bzw. Branchenexpertise? Die Beantwortung dieser Fragen ist von entscheidender Bedeutung für die eigene Positionierung im betriebsinternen Netzwerk. In diesem Zusammenhang ist es dann auch irrelevant, ob die nun entstehenden Kontakte männlich oder weiblich sind. Im Gegenteil: Für die unmittelbare Karriereplanung im Unternehmen ist es unabdingbar, sich in gemischten Netzwerken einzubringen. Oft kann gerade die Dynamik von heterogenen Netzwerken, die sich dadurch ergibt, wenn unterschiedliche Blickwinkel und Erfahrungen aufeinandertreffen, entscheidend für die eigene Karriere sein. Von dieser Form von Diversity, können Frauen wie Männer gleichermaßen profitieren. Und vielfach ist es auch gerade diese Offenheit, die im Rahmen der eigenen Karriereplanung bewusst gesucht wird und die viele Unternehmen als ein wichtiges Merkmal ihrer Kultur definieren. Hier spreche ich aus eigener Erfahrung und nicht erst als Director People Central Europe von Sage.
Lassen Sie uns die hier skizzierte Netzwerkstrategie noch etwas genauer betrachten. Welche Handlungstipps können Sie Frauen auf Karriereweg geben? Wie finden sie im Unternehmen den richtigen Netzwerkpartner?
Den richtigen Netzwerkpartner finde ich nur, wenn ich meine persönlichen Absichten kenne und auf wichtige strategische Fragestellungen eine Antwort habe: Was möchte ich mit meinem Netzwerk erreichen? Wo liegen meine fachlichen Stärken und mit welchen Themen möchte ich mich zeigen? Wer kann mir fundierte Rückmeldungen und mir Hilfestellung geben? Und: Wem vertraue ich genug, mich zu öffnen, um mit ihm an mir zu arbeiten? In dieser Phase muss es mein Ziel sein, erste Kontakte aus der Sondierungsphase gezielt zu festigen und zu intensivieren. Dabei ist es letztendlich nicht wichtig, möglichst viele Menschen zu kennen, sondern solche, zu denen etwa über ein gemeinsames Ziel eine engere Verbindung besteht. Ich sollte also nach Möglichkeit den Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen suchen, die bereits in einer vergleichbaren Situation waren und mir vor diesem Hintergrund wertvolle Tipps geben können. Beispielsweise welche Stolpersteine es zu umschiffen gilt, etwa hinsichtlich der Frage, wie man gegenüber Vorgesetzten, Kolleg/innen auftreten sollte, um seine eigene Position zu stärken. In diesem Zusammenhang ist vor allem ein gutes Vertrauensverhältnis zu der entsprechenden Person eine wichtige Voraussetzung, die auch in der Lage ist, konstruktiv den Spiegel vorzuhalten…
…und damit als eine Art Mentor fungiert?
Exakt. Dies ist ein wichtiger Eckpfeiler für den Karriereweg. Mentoren bzw. Mentorinnen können durch ihr fachliches Wissen und die persönlichen Erfahrungen, Mut machen, den Weg, den man im Blick auf die eigene Karriere eingeschlagen hat, weiter zu gehen, aber auch persönliche Kontakte vermitteln und individuelle Fördermöglichkeiten bieten. Hierzu gehört beispielsweise, Hilfestellung zu geben, die eigenen Potentiale zu erkennen und die eigenen Stärken zu analysieren. Im Rahmen dieser Coaching-Prozesse ist es aber auch wichtig, Themen zu besprechen, die einem persönlich wichtig sind und die man gerne als Führungskraft besetzen möchte. Gibt es keine direkte Vorgesetzte oder Vorgesetzten, der die Mentorenrolle ausfüllen kann, empfehle ich, sich intern eine Führungskraft zu suchen, die aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz wie auch personeller Führungsverantwortung, in der Lage ist entsprechende Coaching-Prozesse zu übernehmen.
Nun beruht Networking aber nicht nur auf Nehmen, sondern auch Geben. Wie kann ich letztendlich meine Beziehungen beidseitig nachhaltig stärken?
Wie Sie selbst schon in ihrer Frage andeuten, beim Networking geht es letztendlich um langfristige Beziehungen. Und diese basieren auf Gegenseitigkeit. Vor diesem Hintergrund ist es genauso wichtig, die eigene Expertise in das bestehende Netzwerk einzubringen. Das kann beispielsweise durch Impulsvorträge an Netzwerkabenden sein oder durch die Begleitung neuer Kolleginnen und Kollegen als Sparringpartner bei ihren ersten Karriereschritten. Denn feststeht: Einzelkampf war gestern. Karriereambitionen lassen sich am besten über Vernetzung und gegenseitige Unterstützung entfalten. Von daher empfehle ich, auch im fortgeschrittenen Karrierestadium Events zu besuchen, die man für das eigene Networking nutzen kann. Führungskräfte stehen oft vor der Herausforderung, Überzeugungsarbeit zu leisten, um die eigenen Mitarbeiter und Management-Kolleg/innen von der eigenen Expertise zu überzeugen – eine einflussreiche Community stärkt dabei den Rücken und unterstützt mit wertvollem Erfahrungsaustausch.
Der Weg, den Sie im Lauf dieses Gesprächs nun beschrieben haben, gliedert sich in mehrere Phasen und fußt je nach dem auf der Nutzung unterschiedlicher Netzwerke. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, kann man dies auch als Fahrplan für die eigene Karriere betrachten. Wäre das in etwa auch Ihr Fazit?
Ja, genau! Dies kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Gut geplante Karrierewege basieren in den meisten Fällen auf mehreren aktiven Netzwerkstrukturen, die für die unterschiedlichen Etappen des Karrierewegs ganz eigene Funktionen haben, und die sich damit auch strukturell ergänzen. Das homogene Umfeld eines Frauennetzwerks spielt vor allem in der Orientierungs- und Planungsphase eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, emotional gestärkt die nächsten entscheidenden Schritte zu gehen. In der Sondierungsphase und der sich anschließenden Phase, in der Verbindungen innerhalb des Netzwerks intensiviert und gefestigt werden, kann dies aber gerade hinderlich sein. Hier spielt es im Grunde genommen keine Rolle mehr, ob die Kontaktpersonen männlich oder weiblich sind. Im Gegenteil: In dieser Phase ist es gerade die Heterogenität und Diversität innerhalb des eigenen Netzwerks, die im Blick auf die eigene Karriere eine ganz besondere Dynamik entfalten kann, indem unterschiedliche Meinungen und Sichtweise aufeinanderstoßen und sich gegenseitig befruchten. Generell gilt in diesem Zusammenhang: Diversität im Netzwerk fördert die Vielfalt in den Köpfen aller.