Gründerinnen im Porträt

inne: Mit FemTech den eigenen Zyklus entschlüsseln

Die gängigen Methoden der Zyklusüberwachung erfüllten bislang nur ihren offensichtlichen Zweck, anstatt auf die individuellen Bedürfnisse der Anwenderin einzugehen oder einen echten Mehrwert zu bieten. Das Startup inne bietet ein Mini-Labor zum Tracking des weiblichen Zyklus für daheim. inne verwendet ein biotechnologisches Verfahren, um die (un-) fruchtbaren Tagen von „innen heraus“ anhand des körpereigenen Progesteronspiegels im Speichel zu bestimmen. Über vier Jahre lang arbeitete Gründerin und CEO Eirini Rapti mit einem Expertenteam aus der Wissenschaft und Technologie an der Entstehung einer solch weltweit neuen Methode samt Hardware und mobiler App.

Was ist die Besonderheit Ihrer Firma?

Insbesondere das Team macht uns als Firma aus. Die Mitarbeiter*innen aus den verschiedensten Bereichen, von Wissenschaftlern bis hin zu Designern, und die Leidenschaft, gar Besessenheit, das Beste aus Technik und Wissenschaft für Frauen in einem Gerät zusammenzuführen macht uns aus. Wir haben mehr als vier Jahre lang mit verschiedenen Expert*innen aus den Bereichen Wissenschaft, Technologie und Design zusammengearbeitet, um ein Tool zu entwickeln, mit dem frau Einblicke in die individuellen hormonellen Muster gewinnen kann. Es ist ein radikal neuer Ansatz: Statt von außen Hormone in den Körper zu führen oder auf penible Temperaturmessung zurückzugreifen, ermöglicht inne erstmals die unkomplizierte und kontinuierliche Beobachtung des eigenen Hormonhaushalts von innen heraus. Basierend auf einem einfachen und bequemen Speicheltest, erfasst das Minilab die subtilen Veränderungen Ihres täglichen Progesteronspiegels, um das fruchtbare Fenster zu erkennen und vorherzusagen. Während andere Methoden zur Überwachung der Fruchtbarkeit nur den vorübergehenden Anstieg bestimmter Hormone um den Eisprung herum erkennen, verfolgt inne die Progesteronmuster über den gesamten Zyklus hinweg und zeichnet so ein einzigartiges hormonelles Porträt über die Zeit. Hormone lügen nicht – wir wollen sie sichtbar machen, damit wir sie und auch uns selbst besser verstehen können. Mit unserem Produkt wollen wir einen wesentlichen Beitrag zum Weiterdenken der Frauengesundheit leisten und Frauen befähigen, selbstständig und selbstbewusst mit ihrem Körper umzugehen. Dabei fügen sich unsere Produkte nahtlos in den Alltag der Nutzer*innen ein. Deshalb ist inne das erste Minilab seiner Art, das einen bequemen Speicheltest anstelle eines urinbasierten Ansatzes verwendet, um den Hormonspiegel zu messen – flexibel, einfach und hygienisch in der Anwendung und zudem aufschlussreicher als die bereits auf dem Markt befindlichen Periodenmess-Apps.

Was sind Ihre ersten beruflichen Erfolge?

Ein großer Erfolg für unser kleines Team von fünf Personen war zweifelsohne unsere Zulassung als Medizinprodukt der Klasse II, die wir Ende 2019 abgeschlossen haben. Seitdem haben wir es auch geschafft, zwei erfolgreiche Produktionslinien einzurichten, eine für unsere Hardware und eine für unseren diagnostischen Speicheltest – und dass trotz der von COVID gesetzten Barrieren.

 

Wie ist Ihr beruflicher Werdegang?

Bevor ich inne gegründet habe, habe ich viele Jahre im Bereich Gesundheitswesen, genauer gesagt in der Gesundheitsvorsorge und medizinischen Beratung, gearbeitet. Außerdem habe ich zwei Jahre lang bei der Entrepreneur‘ Organization (EO), dem weltweit größten Lernnetzwerk für Unternehmer, gearbeitet und bin seit 2016 Gründerin und CEO von inne.

Was war für Sie der Auslöser, ein eigenes Unternehmen zu gründen?

Der Wendepunkt war damals im Jahr 2015, als ich etwa 32 war. Ich wollte Hormone aus meinem Leben verbannen und auf natürliche Weise zu verhüten und vereinbarte einen Termin, um eine Spirale einsetzen zu lassen. Nachdem ich meiner Gynäkologin erklärt hatte, dass dies meine einzige nicht-hormonelle Option sei, fragte sie mich, ob ich offen dafür sei, eine natürliche Methode auszuprobieren. Sie zückte ein kleines Stück Papier, zeichnete meine Zykluslänge ein, sagte mir, ich solle ein Thermometer kaufen, worauf ich achten solle, gab mir ein paar Bücher zu lesen und schickte mich auf den Weg. Irgendwann wollte ich ein Tool finden, das mir dabei hilft, all diese Daten über mich selbst zu sammeln, aber die damals existierende Technik stammte noch aus den 80er Jahren, mit sperriger Plastikhardware, die einfach nicht sehr ausgereift war. Die Wissenschaft dahinter war ebenso umständlich. Schnell wurde mir klar, dass ich die Sache selbst in die Hand nehmen und etwas schaffen musste. Denn, diese Art der Fruchtbarkeitsüberwachung passte nicht in meinen tech-affinen und doch stressigen Lifestyle. Zudem wollte ich eine Methode schaffen, die anders als das Temperaturmessen unabhängig von Schlafgewohnheiten, Morgenroutinen und exakten Zeitangaben funktioniert. Außerdem sollte es genauso einfach und praktisch sein, wie all die anderen Tech-Gadgets, die das Leben erleichtern – vom Kindle bis zu meiner Apple Watch. Das Ziel war es also, ein Produkt zu schaffen, das klein, leicht und gut designt ist, das mit mir um die Welt reisen kann und gleichzeitig in meinen Alltag passt. Daraus entwickelte sich schnell die Vision, ein wissenschaftlich fundiertes Unternehmen aufzubauen, das Frauen durch alle Lebensphasen begleitet.

Wer hat Sie beraten, wer sind Ihre Helfer und Mentoren?

In Berlin hatte ich bereits viele Kontakte, Mentoren und ein Netzwerk von diversen Unternehmer*innen. Ein Freund und Mentor, der dann einer der ersten Angel-Investoren wurde, bot mir einen Schreibtisch in seinem Büro an, und von da an ging alles irgendwie los. Jetzt, vier Jahre später, haben wir ein Labor und ein Büro in Kreuzberg.

Was war Ihre größte Herausforderung und wie haben Sie diese gemeistert?

Um ehrlich zu sein, war die Finanzierung eine ziemlich herausfordernd, wie für jedes Start-up. Aber besonders in der Femtech-Branche, wo wenig bekannt ist, und besonders in unserem Fall, wo die Forschungs- und Entwicklungsphase lange gedauert hat war es eine große Herausforderung. Für mich persönlich bestand die größte Challenge darin, den Spagat zwischen dem Netzwerken, das für eine reibungslose und erfolgreiche Finanzierung sehr wichtig ist, und dem starken Engagement in der Produktentwicklung zu schaffen. Aufgrund meiner Leidenschaft für Technik und das Produkt selbst, hatte die Arbeit an der Entwicklung mit meinem Team und unseren Tester*innen für mich immer eine hohe Priorität. Ich musste mich selbst herausfordern, um sicherzustellen, dass ich genauso viel Zeit für das Fundraising aufbringe wie für die Arbeit mit dem Team an unserem Produkt. Eine weitere große Herausforderung war es, eben dieses zu finden. Sicherzustellen, dass die ersten Kolleg*innen die richtigen sind, ist meiner Meinung nach fundamental. Gerade in der Anfangszeit, wenn das Geld begrenzt ist und Startschwierigkeiten oder gar Misserfolge aufkommen können, braucht man die richtigen Kolleg*innen um sich herum, um durchzuhalten. Ich habe in dieser Hinsicht großes Glück gehabt, tolle Leute an meiner Seite zu haben.

Wie machen Sie auf Ihr Unternehmen aufmerksam?

Wir versuchen sicherzustellen, dass inne über mehrere Kanäle sichtbar ist, da Menschen so viele verschiedene Touchpoints mit einer Marke haben. Zum einen verfassen wir unseren Newsletter für die aktuellen Kund*innen, um sie auf dem Laufenden zu halten und sie auch dazu zu bringen, über ihre Erfahrungen zu sprechen. Darüber hinaus sind Social Media, Online-Marketing und PR wichtig, um sicher zu gehen, dass die Marke gesehen und gehört wird.

Wie haben Sie die Finanzierung Ihrer Gründung umgesetzt?

Wir haben eine Series-A im Wert von rund acht Millionen Euro erhalten, die von Blossom Capital geleitet wurde, an der auch die frühen Inne- Unterstützer Monkfish Equity sowie eine Reihe von Angel-Investoren beteiligt sind – darunter Taavet Hinrikus, Mitbegründer von TransferWise, Tom Stafford, geschäftsführender Partner bei DST, und Rolf Schromgens, Mitbegründer von Trivago.

Welchen Traum möchten Sie noch verwirklichen?

Wir sind ständig auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, unser Produkt weiterhin zu verbessern und somit eine Lösung für noch mehr Frauen zu bieten. Die Durchführung der aktuellen Studie zur Verhütung wird uns helfen, viel mehr Frauen zu erreichen, von denen wir wissen, dass sie nach einer alternativen, hormonfreien Verhütungslösung suchen, der sie vertrauen können. Durch die Messung von Progesteron gibt es jedoch noch so viel mehr, was wir tun können, um Frauen in verschiedenen Lebensphasen zu unterstützen. Gerade jene, die mit einem hormonellen Ungleichgewicht leben, möchten wir mehr Klarheit schenken. Deshalb planen wir aktuell die Messung mit dem inne Reader um zusätzliche Hormone zu erweitern und auf die spezifischen Bedürfnisse von Frauen einzugehen, indem wir z. B auch neue Anwendungsfälle wie Endometriose, PCOS, Menopause aber auch die ersten Monate nach einer Schwangerschaft mitdenken. Ein weiteres Ziel ist es zumindest in Europa teilweise von den Versicherungen erstattungsfähig zu sein, damit mehr Frauen unsere Technologie nutzen und davon profitieren können. Wir arbeiten außerdem daran, in hoffentlich sehr naher Zukunft auch eine Android-App zu veröffentlichen. Ich würde mir wünschen, dass das Minilab eine Frau auf ihrem gesamten Weg und in verschiedenen Phasen und Abschnitten ihres Lebens begleiten kann.

Ihr Tipp: Was würden Sie anderen Gründerinnen empfehlen?

Meiner Meinung nach ist es sehr wichtig, dass Sie nicht davon ausgehen, dass Sie wissen, was die Menschheit braucht, sondern sie tatsächlich fragen. Machen Sie Interviews, Frage- und Feedbackbögen, zeigen Sie Prototypen und filtern Sie dann heraus, was Sie für nützlich halten. Außerdem sollten Sie auf ständige Veränderungen vorbereitet sein und das Wachstum zulassen, das diese mit sich bringen werden. Zu guter Letzt: Nehmen Sie sich Zeit, um Ihre Batterien aufzuladen und sicherzustellen, dass Sie einen klaren Verstand und eine klare Richtung haben, in die Sie gehen wollen. Wenn Sie sich nicht um sich selbst kümmern, werden Sie nicht in der Lage sein, anderen zu helfen.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg!

Hier geht es direkt zur Homepage von inne.

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