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Frauen in der Gastronomie – Sie sind da, aber es fehlt oft der Mut

Carolin Schäufele sprach mit Annette Mützel vom Frauennetzwerk -FOODSERVICE

Anette Mützel ist Vorstandsvorsitzende des Frauennetzwerk FOODSERVICE

Die Arbeitszeiten sind nicht der Hauptgrund warum weniger Frauen als Männer im gastronomischen Gewerbe arbeiten, zumindest was Führungspositionen betrifft. Es seien eher der fehlende Mut und das fehlende „sich trauen“. Davon ist Annette Mützel, seit den 80-iger Jahren in der System- und Markengastronomie tätig, überzeugt.

Frauen sich ihrer Ansicht nach eher zu wenig zutrauen und haben oft hätten nicht die Courage auf sich und ihr Können aufmerksam zu machen. Männer seien da ganz anders. Sie melden sich bei Jobs und Aufstiegschancen sofort und haben ein größeres Selbstbewusstsein.

Sicher, die operative Gastronomie sei ein Job über 24 Stunden bei Tag und auch bei Nacht, da sei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf manches Mal ein Problem. „Das ist schwer, aber durch eine gute Planung und dem Back Up in der Familie sicher zu bewerkstelligen“, so Mützel. Sie sieht das Fehlen der Frauen gerade in Führungspositionen eher darin, dass Frauen zu lange überlegen würden und mehr Rückendeckung bräuchten. Eine gute Unterstützung bietet da das Mentoring-Programm, ein Angebot des Netzwerks Frauennetzwerk FOODSERVICE.

Es sind qualifizierte Frauen da – aber sie melden sich nicht

Laut der Allgemeinen Hotel- und Gastronomiezeitung sind die Posten im gastronomischen Bereich knapp zur Hälfte mit Frauen besetzt. Eine sogenannte Frauenquote wie in anderen Bereichen sei hier nicht nötig. Stimmt, meint auch Annette Mützel, allerdings seien die Frauen eher auf der unteren Managementebene und der operativen Ebene vertreten. Je weiter man die Leiter hochschaue, desto weniger Frauen würde man sehen.

Mützel, Vorstandsvorsitzende des Frauennetzwerk – FOODSERVICE, will mit ihrem Netzwerk genau hier eingreifen. „Die Frauen brauchen mehr Schneid, wir wollen mit unserer Netzwerk-Arbeit genau hier ansetzen und den Frauen die nötige Rückendeckung geben.“ Häufig seien Frauen sogar besser qualifiziert als ihre männlichen Kollegen.

Doch die Gastronomie besteht nicht nur aus Angestellten, sondern auch aus Gründerinnen und Gründern.

Gründen? Und wenn ja, was?

Das Gastgewerbe ist besonders gründungsintensiv. Mit einem Gründungsanteil von 8,2 % liegt es laut einer aktuellen Studie, die das IW-Köln im Auftrag des DEHOGA Bundesverbands erstellt hat, auf Rang sechs aller Branchen. In der Gastronomie ist der Gründungsanteil mit 9,0 % sogar noch höher. Die Branche bietet viele Chancen für die Selbständigkeit und für Startups aufgrund der relativ geringen Kapitalintensität und guten Marktpotenzials.

Eine gute und innovative Idee, die Möglichkeit sie umzusetzen und damit ein erfolgversprechendes Unternehmen gründen. „Ich sehe keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen, die gründen wollen, das Konzept und auch der Standort müssen passen. Wer ein veganes Restaurant auf dem Dorf eröffnen will, muss sich nicht wundern, wenn es nicht läuft, da dort die nötige Frequenz fehlt.“

Viele Startups in der gastronomischen Szene setzen auf Nischenprodukte. Da werden Smoothies gerührt, Saft gepresst und vegetarische Speisen zubereitet. Der Markt hat gerade in den letzten Jahren eine unglaubliche Individualisierung erfahren.

„Viele junge Leute, und darunter viele Frauen, haben sich für diese kleinen, zum Teil auch skalierbaren Gründungen entschieden“, wichtig für den Erfolg sind immer gute Marktanalysen, passende Standorte und eine hohe Frequenz. Sie sieht beispielsweise keine zu große Zukunft in der Gründung von rein veganen Restaurants, da müsse man sich breiter aufstellen, die Zielgruppe sei zu klein. Vegetarisch sei da schon eine andere Schiene, „Hier gibt es schon eine ganze Reihe guter und erfolgreicher Konzepte“.

Doch werfen wir einen Blick auf das gastronomische Geschehen außerhalb der kleinen Bistros und Cafes.

„In großen Konzernen gibt es eine Menge guter Jobs, die auch eine Karriere ermöglichen. Die großen Markegastronomen und die ganzen Zulieferbetriebe – dort Positionen im Product Development, im Marketing etc.  kommen da in Frage“. Mützels Ziel ihrer Arbeit mit dem Frauennetzwerk- FOODSERVICE ist es, mehr Frauen in die Entscheidungspositionen zu bringen.

Und dann gibt es ja noch das große Thema Digitalisierung

Hier herrscht Nachholbedarf! Die deutschen Gastronomen würden hier noch recht am Anfang stehen. „Wenn wir in benachbarte Länder nach Skandinavien wie Schweden oder Niederlande schauen, da kann man sogar beim Bäcker mit Kreditkarte bezahlen.“ Es gäbe Anfänge in Form von guten Webseiten oder Plattformen für Bewertungen oder Reservierungen. Was Mützel jedoch nicht versteht, ist die noch häufig fehlende Kommunikation: „Die ganzen Social-Media-Kanäle bieten eine große Bandbreite der Sichtbarkeit, da wird noch viel zu wenig gemacht“. Hier müsse investiert werden, um den Anschluss nicht zu verlieren – egal ob Wirt oder Wirtin.

Vor diesem Hintergrund wird es im Rahmen des 5. Frauenforum FOODSERVICE (eine jährlich stattfindende Veranstaltung des Frauennetzwerks) am 26. April 2018 in Frankfurt/Main auch entsprechende Vorträge zum Thema Digitalisierung geben. „Wir müssen die Frauen technikaffiner machen“.

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