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Gender Gap in der Arbeitswelt

Ist das Einfrieren von Eizellen ein Zukunftsmodell und der einzige Weg eine Geschlechtergerechtigkeit in der Arbeitswelt herzustellen? Ist das Kriegen von Kindern der Hauptgrund dafür, dass Frauen die Karriereleiter nicht so schnell und nicht so hoch erklimmen können wie ihre männlichen Kollegen? Oder liegt es vielmehr daran, dass weder die Politik noch die Wirtschaft sich verpflichtet fühlen die Arbeitssituation der Frauen zu verbessern?

Festgefahrene Rollenbilder

Wir sehen sie täglich und unser Blick hat sich daran gewöhnt: Bauarbeiter, Elektriker, LKW-Fahrer auf der einen und Erzieherinnen, Friseurinnen und Pflegerinnen auf der anderen Seite. Mit Sicherheit würde unser Blick etwas länger auf den Berufstätigen verweilen, wenn es etwa eine Bauarbeiterin oder ein Erzieher wären.
Es ist nicht zu leugnen. Es gibt diese typischen Männer- und Frauenberufe, auch wenn ein paar Ausreißer hier und da anzutreffen sind. Woran liegt das? Mit Sicherheit an solchen Vorurteilen wie, dass Frauen nicht im Stande wären körperlich anstrengende Arbeit zu verrichten und Männer nicht das richtige Maß an Geduld und Fürsorge für erzieherische und pflegerische Aufgaben aufwiesen. Aber auch an den persönlichen Neigungen und dem gesellschaftlichen Druck. Anscheinend gibt es geschlechtsspezifische Interessen, die häufiger anzutreffen sind und Berufe, die von Männern und Frauen erwartet werden. Während körperlich anstrengende Berufe und 75 Prozent der Chefposten in männlicher Hand sind, bleiben die Assistenz- und Schreibtätigkeiten Frauensache, wie die Süddeutsche Zeitung am 22.12.10 online berichtete. In dem gleichen Artikel heißt es allerdings, dass der Unterschied in der Kreativwirtschaft nicht so gravierend sei. Dies könnte daran liegen, dass die kreative Branche für sich die Eigenschaft beansprucht fortschrittlich und vielfältig zu sein.

Auch bei gleicher Position werden Frauen oft diskriminiert

Der große Unterschied zwischen Männern und Frauen findet sich nicht nur in der Wahl des Berufes, sondern bekanntermaßen auch in der hierarchischen Besetzung der Posten und dem Verdienst. Auf dem Konto der Frauen landet, laut einem Online-Artikel der FAZ vom 18.03.14, um die 20 Prozent weniger Lohn als bei den Männern. Diese Zahl wurde in Studien der Hans-Böckler-Stiftung und des Statistischen Bundesamtes ermittelt. Die Zahl mag neu sein, die Argumente dagegen sind alt. Es hänge demnach größtenteils damit zusammen, dass Frauen die schlechter bezahlten Berufe wählten, nach der Geburt eine Auszeit nehmen und später oft in Teilzeit wieder einstiegen. Aber betrachtet man das Problem nicht von der falschen Seite? Frauen sitzen nicht vor einer Zeitung und kreisen bewusst schlecht bezahlte Jobs ein. Die Frage ist doch, warum diese vermeintlichen Frauenberufe so schlecht bezahlt sind. Wieso ist uns die Arbeit der Krankenschwester, der Pflegerin und der Erzieherin so viel weniger Wert als die des Industriemechanikers oder des Autoverkäufers? Ist es so viel schwieriger und anspruchsvoller ein Auto zu verkaufen als ein Kind zu betreuen und alte Menschen zu pflegen? Vielleicht sollte man nicht ständig die Ursache in der Berufsauswahl der Frauen suchen als sich viel mehr Gedanken darüber zu machen, was diese unterschiedliche Wertschätzung der Berufe über eine Gesellschaft aussagt. Der Focus Online geht am 28.09.14 sogar einen Schritt weiter und stellt die Frage, warum denn Frauen sich partout nicht für die sogenannten MINT-Fächer interessierten. Als ob das Interesse für bestimmte Berufsgruppen in einem Abendseminar der Volkshochschule erlernt werden könne und bei Desinteresse und einer nicht vorhandenen Veranlagung für jeglichen naturwissenschaftlichen und technischen Berufe derjenige selber Schuld sei. Schließlich dürften Frauen ja mittlerweile alles studieren. Andererseits wird von Männern kein Wechsel in die sogenannten weiblich geprägten Berufe erwartet. Wie ist es mit einem Switch in einen besser bezahlten Frauenjob? Ach ja, es gibt ja kaum welche. An dieser Stelle sollte sich jeder mal fragen: Warum? Wieso fallen uns so viele männlich geprägten Berufe ein, die sehr gut bezahlt sind und wieso gibt es so wenige Frauenjobs, in die Männer wechseln könnten, weil sie so gut bezahlt sind? Einige sagen jetzt bestimmt, es gebe ja gar keine typischen Frauen- und Männerjobs, alles sei geschlechtsneutral und stehe allen offen. Aber Tatsache ist doch, dass wir davon noch meilenweit entfernt sind und unserer Gesellschaft Frauenarbeit weniger wert ist. Sonst würde den Frauen nicht vorgeworfen, sie hätten das falsche studiert oder die falsche Ausbildung gemacht. Hätten sie doch alle ihre Wünsche, Prinzipien und Talente über Bord geworfen und Maschinenbau studiert, dann wäre aus ihnen bestimmt etwas geworden und die Politiker müssten sich nicht dafür verantworten, dass Frauen bei uns zwar studieren und arbeiten dürften, aber irgendwie doch weit von der Geschlechtergerechtigkeit entfernt seien.

Studie, die alles richtig gemacht hat

Das Institut für deutsche Wirtschaft hat laut Focus Online vom 28.09.14 im Gegensatz zu anderen Studien alles richtig gemacht und bei der Analyse der Arbeitsgerechtigkeit die Faktoren wie Elternzeit, Teilzeit und Berufswahl berücksichtigt und siehe da, lediglich zwei Prozent Gehaltsunterschied zwischen dem männlichen und weiblichen Geschlecht festgestellt. Aber würde die Gesellschaft diese gleichen Faktoren für beide Geschlechter und somit ein umgekehrtes Rollenbild bedingungslos akzeptieren? Würden immer mehr Männer nicht nur die Elternzeit, sondern auch die anschließende Teilzeit oder das Zu Hause-Bleiben mit dem kränkelnden Kind auf sich nehmen oder würde es einfach noch weniger Kinder geben? Vielleicht wird es die Zukunft zeigen.
Die Wahrheit ist doch, dass es nicht allein an der Berufswahl, der Eltern- und Teilzeit liegt. Wie lassen sich denn sonst solche Beobachtungen erklären, dass Frauen auch bei gleicher Position und gleichem Beruf weniger Lohn erhalten und seltener Weihnachtsgeld ausgezahlt und Weiterbildungen vom Chef finanziert bekommen? Denn auch das sei, laut der FAZ vom 18.04.14, immer noch der Fall. Solche Zustände werden dann meistens damit erklärt, dass Frauen zu zaghaft beim Verhandeln seien. Wieder mal so ein Fehler der Frauen. Es gibt – wie fast immer – zwei Wahrheiten. Die schlechtere Berufssituation liegt mit Sicherheit an der Berufswahl und den Arbeitsmodellen, aber auch daran, dass viele Frauen im Arbeitsverhältnis immer noch diskriminiert werden. Und das ist in der Tat ein gesellschaftliches Problem. Der biologische Zustand, dass nun mal nur Frauen Kinder kriegen können, kann nicht geändert werden. Aber der Umgang mit Frauen schon. Die Ausrede, Frauen würden die falschen Berufe wählen, wären bei Gehaltsverhandlungen zu weich und fielen zu lange aus, kann und darf nicht gelten. Es sollten die Qualifikationen und die Leistung zählen. Niemand kann verlangen, dass alle Berufe die gleiche Wertschätzung und einen vergleichbaren Lohn erhielten. Aber die Leistung eines Arbeitnehmers, der der Industrie oder dem Finanzsektor mehr Kapital einbringt ist gesellschaftlich gesehen einfach nicht mehr wert als die Pflege von Kindern, Älteren und Kranken. Ähnlich verhält es sich mit dem Kultur- und Bildungssektor. Selbstverständlich ist die Forschung der Naturwissenschaften zukunftsweisend. Aber hinter jedem Wissenschaftler liegt ein entscheidender Bildungsweg und jeder Mensch möchte doch seine Lebensqualität durch ein breites Kulturangebot verbessern. Wieso wird die Bedeutung dieser Branchen dann bei der Bezahlung vergessen?

Aber vielleicht soll ja auch nichts geändert werden. Einer muss nun mal derjenige sein, an dem gespart wird, sonst funktioniere das Wirtschaftssystem nicht. Und da die Frauen es noch nie anders kannten, akzeptieren sie es auch mehr oder weniger und begehren nicht auf. Und es geht weiter wie bisher.

 

Gastautorin Natalie Zaika

Gastautorin Natalie Zaika

Unsere Gastautorin Natalie Zaika:

Natalie hat nach dem Bachelorstudiengang Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft an der Universität Bonn, den Masterstudiengang Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie an der Universität Göttingen mit der Masterarbeit „Den Dom im Blick. Hochhäuser im Diskurs um das kulturelle Erbe in Europa am Beispiel der Stadt Köln“ (–> http://cultural-property.uni-goettingen.de/wp-content/uploads/2014/05/cp-101-7-zaika.pdf) abgeschlossen. Während ihres Studiums hat sie an dem Forschungsprojekt Movements of Migration (–> http://www.movements-of-migration.org) und in den Bereichen Marketing, Research und Datenmanagment gearbeitet und beleuchtet in ihrem Blog (–> http://kulturanthropologiemeetsjob.wordpress.com/) die Potenziale und Qualifikationen der Kulturanthropologen für den Arbeitsmarkt.

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1 Kommentar

  1. 2. Dezember 2014 at 14:33

    Passend dazu habe ich heute einen interessanten Ansatz von Susanne Ackstaller gelesen, den man gut an diesen Artikel anschließen kann. Nur was kostet, ist etwas wert