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Luft nach oben für Unternehmerinnen

Von Sabine Schrör, Schöne Aussichten – Verband selbstständiger Frauen e. V.

Dass Frauen in Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert sind, ist bekannt. Doch nicht nur in den Vorstands- und Aufsichtsratsetagen dieser Welt sucht man lange  nach weiblicher Kompetenz. Auch in punkto Unternehmertum liegen Frauen deutlich zurück. Warum eigentlich?

Das eigene Unternehmen bietet viele Vorzüge: Gestaltungsfreiheit, Entscheidungsfreiheit, Eigenverantwortung und damit mehr Flexibilität im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auch aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die vermehrte berufliche Selbständigkeit von Frauen erstrebenswert. Schließlich gibt es heute viele hervorragend ausgebildete Frauen, die mit innovativen Geschäftsideen die Wirtschaftskraft des Standorts Deutschland nachhaltig sichern können. Dementsprechend stark engagiert sich die Politik mit verschiedenen Initiativen und Förderprogrammen dafür, Frauen das Unternehmertum schmackhaft zu machen. Ein prominentes Beispiel ist die gemeinsame Initiative „FRAUEN gründen – Gründerinnen und Unternehmerinnen in Deutschland stärken“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sowie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Es gibt reichlich Gründe, die die berufliche Selbständigkeit für Frauen attraktiv machen. Dennoch sind Unternehmerinnen in Deutschland klar in der Minderheit. Zwar ist die Zahl der selbständigen Frauen zwischen 2005 und 2015 von knapp 1,2 Millionen auf rund 1,3 Millionen gestiegen. Dennoch ist der Anteil der Frauen an allen Selbständigen mit rund 33 Prozent eher gering. Ebenso wie ihre Selbständigenquote, also der Anteil selbständiger Frauen an allen Erwerbstätigen, der 2015 bei gerade einmal 7,1 Prozent lag. Zum Vergleich: Männer kamen im selben Jahr auf eine Selbständigenquote von 12,5 Prozent.

Von fehlenden Vorbildern und anderen Hürden

„Frauen fehlen einfach die Vorbilder“, sagt Petra Reinholz, selbständige Projektmanagerin und Mitglied im Vorstand des Unternehmerinnenverbands Schöne Aussichten. „Denn Einzelunternehmerinnen und Freiberuflerinnen kommen in der öffentlichen Berichterstattung kaum vor. Diese Gruppe macht aber den größten Teil der selbständigen Frauen in Deutschland aus.“

Fehlende Inspiration also als Ursache für die weibliche Zurückhaltung in Sachen Selbständigkeit? „Wären erfolgreiche kleine und mittelständische Unternehmerinnen öfter in den Medien präsent, wären sicherlich mehr Frauen motiviert, es selbst zu versuchen mit der Selbständigkeit“, ist Petra Reinholz überzeugt. Vorbilder sind sicherlich das eine, jedoch bei weitem nicht alles. Aus Sicht der Verbandsvorsitzenden bremsen zudem familiäre und gesellschaftliche Hürden den weiblichen Gründergeist zu häufig aus: „Oft hören wir noch von unseren Müttern: ‚Ach Mädel, nun such Dir doch eine richtige Arbeit‘. Das ist fürsorglich und gut gemeint, hält uns aber auf. Auch die trotz aller Anstrengungen immer noch zu unflexiblen Öffnungszeiten einiger Kitas oder Ganztagsschulen schaffen Hürden, die es Frauen nicht leichter machen, sich für die Selbständigkeit zu entscheiden.“

Mehr Freiräume, mehr Mut

Wer diesen Schritt dennoch wagt, bereut die Entscheidung nach Erfahrung von Petra Reinholz selten. „Der größte Vorteil der Selbständigkeit besteht für mich darin, dass man mit seinen Auftraggebern auf Augenhöhe agieren kann. Damit bestimmt man selbst Zeit und Raum, aber auch Qualität und Quantität der Leistung. Das schafft Freiräume und erfordert immer wieder neues Denken und Anpassen an die Anforderungen des Marktes.“ Doch die Selbständigkeit erfordert auch Mut und die Bereitschaft, Risiken einzugehen. Schließlich gibt es keine Garantie, dass das eigene Vorhaben tatsächlich erfolgreich sein wird. Je nach Branche und Geschäftsidee sind zudem Investitionen erforderlich, die zunächst teils erhebliche finanzielle Ressourcen binden können. Nach den Erfahrungen von Petra Reinholz sind Frauen allerdings besonders gut gerüstet, um hier sorgfältig durchdachte, ausgewogene und realistische Entscheidungen zu treffen: „Frauen stürzen sich nach meiner Erfahrung eher selten in windige Verträge und Vereinbarungen. Sie nutzen lieber das Home office, als zu viel Miete für den Laden oder das Büro zu bezahlen. Auch der schicke Firmenwagen steht meist ganz weit unten auf der weiblichen Prioritätenliste.“

Gute Vorbereitung ist wichtig

Gute Voraussetzungen also für Frauen, um erfolgreich in die Selbständigkeit zu starten. Doch neben Finanzierung, Vertragsgestaltung und der Auswahl passender Räumlichkeiten sind natürlich noch viele weitere Aspekte zu beachten, wenn man bzw. frau ein Unternehmen gründen möchte. An erster Stelle steht dabei ein detaillierter, durchdachter Businessplan. Gründerinnen sollten sich genügend Zeit nehmen, um die wichtigsten wirtschaftlichen Kennzahlen für ihr Geschäft über mindestens ein Jahr hinweg zu planen und vierteljährlich zu kontrollieren. „Eine gute Vorbereitung

ist immens wichtig“, betont Petra Reinholz. „Man sollte lieber noch einen Monat länger warten, als dass man unvorbereitet durchstartet“. Ein weiterer Tipp der erfahrenen Unternehmerin ist die frühzeitige Mitgliedschaft in einem erfolgreichen Business-Netzwerk wie den Schönen Aussichten. „Austausch, Allianzen schmieden, Kooperationen eingehen, das kann über ein Netzwerk gut funktionieren. Man kennt sich, kann sich aufeinander verlassen und schon ist die Empfehlung viel einfacher.“ Auch die Präsenz bei Messen und Vorträgen sei mit einem guten Netzwerk sehr viel leichter leistbar. Und vielleicht das Wichtigste: ein engmaschiges Netzwerk mit vielen Kontakten, Vorbildern und Mutmachern hilft über Durststrecken hinweg, die immer wieder mit der Selbständigkeit einhergehen. Außerdem macht das Gemeinschaftsgefühl mutiger, was gerade für Gründerinnen  mit wenig Erfahrung wichtig ist. Petra Reinholz bringt das auf den Punkt: „Bei aller Vorsicht gehört Risiko zum Unternehmertum. Zu ängstliches Sicherheitsdenken blockiert die Möglichkeiten und Chancen. Erst ein gesunder Mix aus Bauchgefühl und Verstand bringt uns voran.“ Eine Mischung, die ja gerade Frauen gern nachgesagt wird. Noch ein Grund mehr also, das Abenteuer Unternehmerin für sich zu entdecken.

Über Schöne Aussichten – Verband selbstständiger Frauen e. V.

Schöne Aussichten Verband selbstständiger FrauenSchöne Aussichten e.V. vertritt als branchenübergreifendes, bundesweites Netzwerk vor allem die Interessen von Freiberuflerinnen, Einzelunternehmerinnen und von Frauen geführter Betriebe. Der 1991 im Rheinland gegründete Verband ist heute mit ca. 400 Mitgliedern in sechs Regionalverbänden bzw. -gruppen bundesweit organisiert. Zum Bundesvorstand gehören Petra Reinholz, selbständige Projektmanagerin in der Bau- und Immobilienwirtschaft, Heike Hüpen, Interim Management – Accounting Solutions und Theresa Tarassova, Journalistin und Russlandexpertin.

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