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Prostituiertenschutzgesetz verabschiedet

Der Deutsche Bundestag hat das Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (Prostituiertenschutzgesetz) beschlossen.

Damit werden erstmals in Deutschland rechtliche Rahmenbedingungen für die legale Prostitution eingeführt. Gemeinsam mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer wird damit die Grundlage geschaffen, Kriminalität und gefährliche Erscheinungsformen in der Prostitution zu verdrängen und menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig: „Prostituierte waren lange nicht ausreichend geschützt. Weder vor Zwangsprostitution und Menschenhandel, noch vor ausbeuterischen und menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen. Ich freue mich, dass sich das nach intensiven Verhandlungen zwischen den Koalitionsfraktionen nun ändert. Mit dem Gesetz wird es erstmals verbindliche und einheitliche Regelungen für die legale Prostitution in Deutschland geben. Ich bin davon überzeugt, dass dies die Situation von Prostituierten langfristig verbessern wird. Denn mit dem Gesetz stärken wir die Grundrechte von Prostituierten auf sexuelle Selbstbestimmung, persönliche Freiheit, körperliche Unversehrtheit und auf Gleichbehandlung.“

Prostituiertenschutzgesetz umfasst zwei Säulen

Die zwei Säulen des Gesetzes:

  1. Die Regulierung des Prostitutionsgewerbes Erstes Kernelement des Gesetzes ist die Einführung einer Erlaubnispflicht für das Prostitutionsgewerbe. Der Erlaubnispflicht unterliegen nicht nur Bordelle, sondern alle bekannten Erscheinungsformen gewerblicher Prostitution, vom Escortservice über Wohnungsprostitution bis zur Straßenprostitution. Betreiberinnen und Betreiber müssen sich im Rahmen des Erlaubnisverfahrens einer persönlichen Zuverlässigkeitsprüfung unterziehen. Auch müssen sie künftig ein Betriebskonzept erstellen, in dem sie Vorkehrungen für die Sicherheit und Gesundheit im Betrieb darlegen, und die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanforderungen an die Ausstattung der Betriebsräume einhalten. Mit der Einführung verbindlicher Mindeststandards für Prostitutionsstätten werden die Arbeitsbedingungen vor Ort verbessert. Betreibende werden stärker in die Verantwortung genommen und müssen bei Gesetzesverstößen mit empfindlichen Sanktionen rechnen. „Dadurch wird sichergestellt, dass zum Beispiel ein vorbestrafter Menschenhändler kein Bordell mehr betreiben darf. Auch menschenunwürdige, ausbeuterische Betriebskonzepte, wie z.B. Flatrate-Bordelle, erhalten keine Erlaubnis“, so Bundesministerin Schwesig.
  2. Den Schutz der in der Prostitution tätigen Personen Mit der Einführung einer Pflicht zur regelmäßigen Anmeldung und gesundheitlichen Beratung wird langfristig sichergestellt, dass Prostituierte verlässliche Informationen zu ihren Rechten und zu gesundheitlichen und sozialen Unterstützungsangeboten erhalten. Die Verbesserung des Zugangs zu Informationen über Rechte und Unterstützungsangebote ist das zentrale Element für die Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Prostituierten. Eine wichtige Rolle spielen dabei auch die besonderen Schutzvorschriften für Prostituierte zwischen 18 und 21 Jahren, für die verkürzten Anmelde- und Beratungsintervalle gelten, und die Regelungen zum Schutz schwangerer Prostituierter. So einigten sich die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen auf die Ausdehnung des Werbeverbots auf entgeltlichen Geschlechtsverkehr mit Schwangeren. Daneben sieht das Gesetz bereits ein Werbeverbot für ungeschützten Geschlechtsverkehr und für rechtsgutsgefährdende Formen der Prostitution vor.

„Es ist gut, dass sich die Koalitionsfraktionen im parlamentarischen Verfahren geeinigt haben, den Schutz von Schwangeren noch weiter zu verstärken. Das ist eine wichtige Ergänzung. Der Schutz der Gesundheit der Frau und des ungeborenen Kindes stehen hierbei im Mittelpunkt“, so Manuela Schwesig. Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates und soll im Juli 2017 in Kraft treten.

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1 Kommentar

  1. 18. Juli 2016 at 10:15

    „Damit werden erstmals in Deutschland rechtliche Rahmenbedingungen für die legale Prostitution eingeführt.“

    Prostitution ist in Deutschland de facto seit den 1920ern legal. Das erste Gesetz, das rechtliche Rahmenbedingungen für die legale Prostitution schaffte, war das Prostitutionsgesetz von 2001. Es war das erste Gesetz, das Sexarbeiter_innen überhaupt irgendeine Form von Rechten gewährte und damit in der Sexarbeiter*-Bewegung befürwortet. Es krankte leider an der bundesweiten, behördlichen Akzeptanz und wurde daher nur unzureichend und inkonsistent umgesetzt. Zusätzlich gibt es aufgrund von § 297 EGStGB vielerorts verschieden gestaltete Sperrgebietsverordnungen. In der Praxis führt das alles dazu, dass es nahezu unmöglich ist, der Prostitution überhaupt legal nachzugehen, weil man an jedem Arbeitsplatz für irgendeinen anderen Scheiß mit Bußgeld belegt oder sogar verknackt wird.

    „Mit dem Gesetz wird es erstmals verbindliche und einheitliche Regelungen für die legale Prostitution in Deutschland geben.“

    Das ist nicht der Fall, da de facto Beamte darüber entscheiden, ob unsere Arbeitsplätze akzeptable sind und ob wir die nötige Reife besitzen, um überhaupt eine Zulassung zu bekommen. Denn die „Registrierungspflicht“ für Sexarbeitende ist nicht etwa eine Anmeldung, wie man das aus dem Gewerberecht kennt, sondern eine versteckte Erlaubnis. Denn die Erlaubnis muß alle 1-2 Jahre eingeholt werden, sie kann verweigert werden und es gibt auch keine Möglichkeit gibt, die einmal registrierte Tätigkeit wieder abzumelden. Bei der Bordell-Erlaubnis gibt es keinerlei Abstufungen zur Unternehmensgröße. Das heißt, ein familiär geführtes Bordell mit einem Zimmer hat genau dieselben räumlichen Auflagen zu erfüllen, wie ein Großbordell mit 100 Zimmern. Das wird dazu führen, dass unsere selbstgeführten Kleinbetriebe eingehen werden und wir darauf angewiesen sind, in Großbordellen, die nicht von Sexarbeitenden selbst geführt werden, nach den Regeln der Betreiber zu arbeiten, die wir nicht mitbestimmen können.

    Dieses komplette, sogenannte „Prostituiertenschutzgesetz“ ist nicht darauf angelegt, unsere Rechte als Sexarbeitende, als selbstständige Einzelunternehmer_innen zu stärken, sondern darauf, unsere freie Berufsausübung möglichst noch weiter einzuschränken und uns ohnehin Stigmatisierte weiter durch bescheuerte Auflagen, die uns unserer Autonomie berauben und uns nicht als gleichwertige Menschen anerkennen, zu diskriminieren. Insbesondere Migrant_innen und sozial schwache Menschen in der Prostitution werden dadurch noch weiter geschwächt und in die Illegalität getrieben. Tatsächlich Betroffene von Ausbeutung und Menschenhandel haben genau Null Vorteile, da sie sich bekanntermaßen nicht in einem 15-minütigen Gespräch einer staatlichen Autorität anvertrauen, die das Recht hat, sie ihrer Lebensgrundlage zu berauben und auszuweisen – falls man sich den „Registrierungsservice“ überhaupt leisten kann. Berufsverbände und Hurenorganisationen beklagen das seit dem ersten Entwurf und sogar große Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International sind überzeugt, dass nicht rechtliche Reglementation, sondern Entkriminalisierung der Weg zur Stärkung unserer Rechte ist.

    Ich weiß nicht, ob die Autorin dieses Artikels jemals ein Bordell von innen gesehen oder mal mit einem sexarbeitenden Menschen selbst gesprochen hat. Es liest sich jedenfalls nicht so, da sich weder ein Zitat einer Sexarbeiter_in, noch eine Referenz darauf findet, dass genau alle Sexarbeitendenvertretungen aus berechtigten Gründen Sturm gegen das ProstSchG laufen. Aber damit wäre sie ganz in der Tradition der Politiker_innen, die solche Gesetze beschließen – über die Köpfe der Betroffenen hinweg und taub für ihre tatsächlichen Bedürfnisse, ihnen die körperliche und geistige Autonomie absprechend. Das hat weder etwas mit Schutz, noch etwas mit feministischer oder unternehmerischer Emanzipation zu tun. Das ist Unterdrückung!