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Selbstständigkeit – Sind Frauen zu risikoscheu?

Das Unternehmen Amway, vielen aus dem Direktvertrieb bekannt,  hat in Zusammenarbeit mit der TUM School of Management an der Technischen Universität München 44.000 Menschen in 38 Ländern zu ihrer Einstellung zu Selbstständigkeit und Unternehmertum befragt und als Ergebnis den Amway Global Entrepreneurship Report 2014 veröffentlicht.

SHE workshat nachgefragt und eine spezielle Gender-Auswertung der deutschen Befragung erhalten.

Frauen eher skeptisch beim Gründungsgedanken

Die Deutschen stehen dem Thema Selbstständigkeit zwar überwiegend positiv gegenüber (56%), aber nur jeder vierte kann sich vorstellen, ein Unternehmen zu gründen. Die Generation Y ist etwas zuversichtlicher, hier sind es 32%, die eine Selbstständigkeit in Betracht ziehen würden. Damit bleiben die Deutschen unter dem EU-Durchschnitt von 38%.

Betrachtet man das ganze geschlechterspezifisch, zeigt sich, dass Männer (57%) eine etwas positivere Einstellung zu dem Thema haben als Frauen (54%).  Können sich immerhin 29% der Männer vorstellen, ein Unternehmen zu gründen, sind es bei den Frauen leider nur 20%.

Beweggründe sind fast identisch

Die Hauptbeweggründe für eine eventuelle Gründung – Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung – sind bei beiden Gruppen identisch. Nur ein Punkt weicht deutlich ab: die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erhält von Frauen (27%) mehr Gewichtung als von Männern (20%).

 

Diagramm Beweggründe (1)

Unternehmertum ist nicht angeboren

Nur 20% der Befragten glauben, dass einem das Unternehmertum in die Wiege gelegt wird. Der überwiegende Teil glaubt, dass man das unternehmerische Handeln erlernen kann, bei den Männern sind es 74% und bei den Frauen sogar 76%. Doch sind die Vorstellungen darüber, mit welchen Lerninhalten man auf die Selbstständigkeit vorbereitet werden sollte, sehr fokussiert und nicht weitsichtig. Über 50% wünschen sich mehr Ausbildung in Praktischer Unternehmensführung (Geschäftspläne, geschäftlicher Wettbewerb, Geschäftssimulation, Programme für Kleinunternehmen) und Grundlegenden Unternehmenskenntnissen, z.B. in Finanzcontrolling, Marketing oder Computeranwendungen. Für einen der wichtigsten Aspekte,  die Lehren von Kreativität und Problemlösungsansätzen, können sich nur 21% der Teilnehmer (Männer und Frauen identisch) erwärmen. Für die Inhalte“Unternehmerische Vorbilder: Beratungsprogramme und persönliche Interaktion mit Unternehmern“ sowie „Lernen und Analysieren von unternehmerischen Erfolgsgeschichten“ zeigen Frauen (22% bzw 18%)  mehr Interesse als Männer (19% bzw. 16%)

Auch wenn das Wissen um die Erlernbarkeit der Fähigkeiten vorhanden ist, haben bisher nur 15% der befragten Männer und nur 9% der Frauen bereits an einer unternehmerischen Ausbildung teilgenommen (im Bereich der unter 35 jährigen sind die Zahlen noch geringer). Damit bleiben Deutschland auch hier wieder weit hinter dem europäischen Durchschnitt (21%) zurück.

Interessant ist auch die Ansicht darüber, von wem das Wissen vermittelt werden sollte. Hier gibt es keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern. 62% der Befragten sehen spezielle Existenzgründungsprogramme von gemeinnützigen Organisationen, Handelskammern oder Regierungsprogrammen in der Pflicht.  Nur 41% glauben, dass auch das Schulsystem (weiterführende Schulen / Hochschulen) schon an dieses Thema angepasst werden sollte. 19% meinen sogar, dass es sich um ein Privatvergnügen handeln sollte, sich dieses Wissen anzueignen.

Angebote noch verbesserungswürdig

Gerade einmal 12% sind der Meinung, das vorhandene Angebot an Ausbildungsmaßnahmen ist ausreichend. 39% der Befragten finden die Angebote zufriedenstellend aber verbesserungswürdig. 31% erkennen zwar die Bemühungen der Einrichtungen an, empfinden das Angebot aber als nicht ausreichend.

Männer und Frauen sind hier geteilter Meinung: mit 54% sind die Männer wesentlich zufriedener mit den Angeboten als die Frauen mit 46%.

Das sagt SHE works! dazu

Schaut man sich in Deutschland einmal genauer um, gibt es bereits unzählige Einrichtungen, Initiativen und Programme, die auf die Förderung der Selbstständigkeit ausgerichtet sind. Allerdings fehlt es trotz moderner Medien eindeutig an der Sichtbarkeit der Angebote. Es gibt auch zu viele Unternehmungen, die immer wieder darauf abzielen, Handlungsempfehlungen auszusprechen. Dabei wäre tatkräftiges Handeln eher zielführend.

Auch das Heranführen der Schüler an das Thema Selbstständigkeit und Unternehmertum wird durch Planspiele und Geschäftssimulationen gefördert. Aber mal ehrlich, wie realitätsnah ist es eigentlich, wenn Schüler bei einem Unternehmensplanspiel mit einem Investitionsguthaben von 75.000 Euro starten, ohne einen Businessplan schreiben zu müssen und ein Bankgespräch zu simulieren?

Die bisherigen Bemühungen, Frauen den Schritt in die Selbstständigkeit zu erleichtern, haben noch nicht zu nennenswerten Erfolgen geführt. Der Erfolg einer Frau auf dem Weg zur Unternehmerin hängt hauptsächlich von ihrer Persönlichkeit ab. Und die wird durch Erziehung  und gesellschaftliche Wertevorstellungen bereits in der Kindheit und im Schulleben beeinflusst. Wenn hier in den Köpfen immer noch alte Normen und Rollenverständnisse verankert werden, helfen dann später auch keine Förderprogramme.

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2 Kommentare

  1. 24. Februar 2015 at 10:51

    Auf twitter stellt ihr die Frage, ob Frauen beim Gründen weniger risikobereit sind (bzw. weniger Risiko eingehen).

    Ich würde eher sagen: Frauen scheinen dazu zu neigen, ihr Streben & ihre Aufmerksamkeit stärker aufzusplitten.

    Ein Unternehmensberater sagte mal zu mir: „Und wenn Sie sich zum Unternehmertum entscheiden, dann müssen sie das durchziehen! Mit Herz und Seele und allem, was sie haben. Mit Halbherzigkeit kommen sie nicht weiter! Sonst sind sie Selbstständige, keine Unternehmerin!“

    Das ist ein paar Jährchen her, aber ich stimme ihm immer noch zu. Ich bin immer noch Selbstständige/Freiberuflerin, aber als Unternehmerin würde ich mich nicht bezeichnen – aus freier Wahl heraus, ich mag meine Aufmerksamkeit halt nicht ausschließlich aufs Unternehmen konzentrieren. Und so geht es, bemerke ich, vielen Frauen. Wir splitten unsere Fähigkeiten, unsere Zeit, unser Wissen auf viele Bereiche auf. Statt uns auf den einen zu konzentrieren und durchzuziehen.

    Die Frage, die sich daraus ableitet ist ja dann: Auf welchen Ebenen ist es schlecht, woran muss gearbeitet werden?

  2. 24. Februar 2015 at 10:59

    Liebe Sabrina,

    ja, das ist eine sehr interessante Frage die Du da aufwirfst. Vielleicht sollte man diese Eigenschaft der Frauen einfach akzeptieren und Angebote oder Fördermaßnahmen darauf abstimmen, anstatt gründungswillige Frauen in ungewollte Muster zu zwingen. Es bleibt spannend auf dem Gebiet.