Der Equal Care Day (1. März 2021) nimmt die Fürsorge innerhalb von Familien in den Blick – und die Frage, wer genau sie schultert. In der Pandemie hat sich wieder gezeigt: Die Frauen tragen die Hauptlast. Und doch hat das Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik (FFP) auch gute Nachrichten zur aktuellen Verteilung von Care-Arbeit.
Der Equal Care Day wirft – ähnlich dem Equal Pay Day – einen Blick auf die noch ungleiche Verteilung der Sorgearbeit unter den Geschlechtern im Hinblick auf Kinderbetreuung und Angehörigenpflege, die Zuwendung und die Versorgung für und von anderen sowie die Hausarbeit. In Deutschland ist Care-Arbeit weiblich konnotiert, ob professionell oder innerhalb von Familien. Vor allem in Haushalten, in denen Kinder leben, investieren Frauen doppelt so viel Zeit in Hausarbeit und Kinderbetreuung wie Männer.
Verfestigte Muster
Die Corona-Pandemie hat dies verdeutlicht: In den Lockdowns wurde der Bedarf an Care-Arbeit noch einmal verstärkt – und zumeist haben die Frauen dieses Mehr an Arbeit übernommen. Hierfür haben Mütter häufiger ihre Arbeitszeit reduziert als Väter. Aber auch in Vollzeit erwerbstätige Mütter haben deutlich mehr Zeit in die Care-Arbeit investiert, als vollzeiterwerbstätige Väter. „Da es aber auch schon vor der Krise in vielen Familien eher eine traditionelle, nicht egalitäre Arbeitsteilung gab, kann man nicht von einer Re-Traditionalisierung sprechen“, erläutert Corinna Schein, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik (FFP)in Münster. „Die Spezialisierung auf bestimmte Tätigkeiten, die vor der Krise innerhalb von Familien etabliert war, ändert sich nun nicht schlagartig. Aber es gibt Hoffnung, dass sich auf lange Sicht etwas verändert.“
Chancen für Väter
Das FFP hat dazu gute Nachrichten: Viele Väter haben während der Pandemie deutlich mehr Zeit in die Care-Arbeit investiert als vor der Krise und in ca. einem Fünftel der Familien ist die Arbeitsteilung insgesamt egalitärer geworden (Quelle: Institut für Demoskopie Allensbach/Prognos AG (2020): Umgang mit Corona Herausforderungen).
Im ersten Lockdown wurde beispielsweise die Arbeitsteilung durch äußere Faktoren wie Kurzarbeit und Systemrelevanz beeinflusst. Corinna Schein vermutet: „In Paarfamilien, in denen ein Elternteil einer Erwerbsarbeit nachging, die als systemrelevant erachtet wurde, wurde den Eltern hinsichtlich der Kinderbetreuung häufig die Entscheidung abgenommen – der systemrelevant beschäftigte Elternteil ging arbeiten, der andere war für die Betreuung zuständig.“
In Deutschland waren 2020 ca. 34 Prozent der erwerbstätigen Väter in systemrelevanten Berufen tätig, bei den Mütter waren es mehr als 50 Prozent (Bujard et.al. (2020), Eltern während der Corona-Krise). Auch die Kurzarbeit, von der Männer häufiger betroffen waren, sorgte dafür, dasssich der Einsatz bei der Kinderbetreuung durch Väter vor allem im ersten Lockdown erhöhte. Corinna Schein: „Die Corona-Pandemie hat also eine Chance eröffnet. Denn Studien zum Elterngeld zeigen, dass auf Seiten der Väter auch schon eine kurze Zeit, die diese intensiv mit ihrenKindern verbringen, ihr Engagement bei der Kinderbetreuung auf lange Sicht erhöhen kann.“
Potenziale aus der Krise
„Jetzt gilt es, die entdeckten Potenziale zu nutzen“, hält Prof. Dr. Irene Gerlach, wissenschaftliche Leiterin des FFP und Mitautorin der Studie Väter in NRW, fest. „Väter haben in der Corona-Zeitwichtige Erfahrungen gemacht und Engagement bewiesen. Vor der Pandemie waren es vor allem Väter mit hohem Bildungsgrad, die sich für eine gerechte innerfamiliäre Arbeitsteilung stark gemacht haben. In der Krise scheint sich dieser Trend auch bei Vätern mit niedrigem und mittlerem formalem Bildungsstand durchzusetzen – wenn die Rahmenbedingungen es zulassen. Das sind Entwicklungen, die fortgeführt und unterstützt werden müssen.“
Zudem hat sich im Lockdown gezeigt, wie wichtig eine adäquate Betreuung durch Kitas und Schulen auf der einen und eine familienbewusste Personalpolitik auf der anderen Seite für das Gleichgewicht von Familien ist. Professorin Gerlach: „Auch die kontinuierlich vorangetriebene Müttererwerbstätigkeit hat sich bewährt. Es hat sich gezeigt, dass sich Paarfamilien breit aufstellen sollten. In der Krise hat auch die Erwerbstätigkeit von Müttern dazu geführt, dass Kündigungen und Kurzarbeit die Armut in den Familien bisher nicht übermäßig gesteigert haben.“ Das Fazit von Seiten des FFP: Familienpolitik und Wirtschaft haben in den letzten 15 Jahren vorgearbeitet: Die Investitionen in Kitaausbau, Elterngeld und eine familienbewusste Arbeitswelt haben sich in der Krise rentiert. All diese Förderungen sind wichtige Bausteine für eine zukunftsfeste, langfristige Absicherung von Familien. Ein weiterer wichtiger Baustein: die Förderungeiner gleichberechtigten Verteilung von Care-Arbeit – für Gleichgewicht bei der Aufteilung der Familienarbeit.