Der Einstieg in die finanzielle Selbstbestimmung kann überraschend einfach sein (Quelle: Getty Images 557473181)
Von Astrid Drechsel-Grau, Chief Strategy & Engagement Officer
„Aktien? Budgetplanung? Das geht mich als Frau nichts an.“ Ein überholter Gedanke, der besonders Frauen teuer zu stehen kommt. Wer wirtschaftliche Entscheidungen delegiert, riskiert langfristig Abhängigkeit – vor allem in der Partnerschaft, aber auch im Alter und im Alltag. Dabei ist finanzielle Selbstbestimmung kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Zeit, den Blick auf Fakten, Chancen und Strategien zu richten.
Astrid Drechsel-Grau, Chief Strategy & Engagement Officer bei Consors Finanz (Quelle: Consors Finanz)
Gender Pay Gap: Frauen verdienen im Schnitt weniger als Männer – mit langfristigen Folgen für Sparquote, Investitionen und Altersvorsorge.
Rentenlücke: Geringeres Einkommen und Teilzeit führen zu einer deutlich niedrigeren Rente im Vergleich zu Männern.
Finanzielle Abhängigkeit: Viele Frauen verlassen sich auf den Partner oder den Staat – was bei Trennung, Scheidung oder Todesfall zu wirtschaftlicher Unsicherheit führt.
Wenig aktive Auseinandersetzung: Nur 24 Prozent der Frauen beschäftigen sich aktiv mit Finanz- und Wirtschaftsthemen.
Eine zentrale Hürde ist, dass viele Frauen Finanzthemen als kompliziert oder undurchsichtig erachten. Dabei ist finanzielle Selbstständigkeit wichtig, um auch für die Zukunft gewappnet zu sein. Aber wie gelingt sie?
Was ist finanzielle Selbstständigkeit?
Es zeigt sich, dass Frauen, die sich aktiv mit Finanzthemen auseinandersetzen, besser aufgestellt sind. Finanzielle Selbstständigkeit bedeutet dabei nicht nur, kurzfristige Ausgaben bestreiten zu können, sondern auch langfristig für sich selbst vorzusorgen – sei es für unvorhergesehene Ereignisse, größere Investitionen oder die Altersvorsorge. Frauen, die sich mit ihren Finanzen auseinandersetzen, treffen informierte Entscheidungen und minimieren Risiken. Es gilt aber: Für jeden bedeutet finanzielle Selbstständigkeit etwas anderes. Fragen wie: Was sind meine Ziele in den nächsten Jahren? Womit fühle ich mich wohl? Was ist mein Idealbild oder was bedeutet Eigenständigkeit für mich persönlich? helfen dabei, die richtige Grundlage zu setzen. Danach ist es sinnvoll, sich mit dem Partner auszutauschen und gemeinsame Ziele zu definieren.
Finanzen in der Partnerschaft: Ein Muss
Geld sollte kein Tabuthema sein. So helfen Transparenz über Einnahmen, Ausgaben und finanzielle Ziele dabei, wichtige Entscheidungen gemeinsam zu treffen und beiden Partnern langfristig Sicherheit zu bieten. Das Bewusstsein darüber, wie viel Geld zur Verfügung steht und was man sich zusammen leisten kann, baut Stress und Druck ab und ermöglicht es zudem, sich mit der Hilfe einer vertrauten Person weiterzubilden.
3 Tipps für finanzielle Selbstständigkeit
Überblick verschaffen mit dem 50-30-20-Modell
Ein strukturierter Überblick über Einnahmen und Ausgaben ist die Basis jeder soliden Finanzplanung. Besonders für Frauen, die im Schnitt monatlich etwa 400 Euro weniger[2] zur Verfügung haben als Männer, ist ein bewusster Umgang mit Geld entscheidend. Ein bewährtes Modell, das dabei hilft, ist die sogenannte 50-30-20-Regel: Demnach empfiehlt es sich, 50 Prozent des Einkommens für Fixkosten (Miete, Versicherungen, Lebenshaltungskosten), 30 Prozent für persönliche Ausgaben und Freizeit und 20 Prozent für Sparen oder Investitionen zu nutzen. Diese Methode sorgt für eine klare Struktur und kann verhindern, dass das gesamte Gehalt ohne Rücklagen aufgebraucht wird. Besonders in finanziell angespannten Situationen kann ein fester Sparanteil Sicherheit geben. Bereits kleine Beträge, die regelmäßig zur Seite gelegt werden, helfen langfristig beim Aufbau eines Polsters.
Rücklagen bilden – auch mit kleinen Beträgen
Sparen ist ein wichtiger erster Schritt zur finanziellen Sicherheit, doch langfristige Selbstständigkeit erfordert mehr als nur Rücklagen. Frauen sparen zwar oft bewusster als Männer[3], investieren aber seltener – lediglich ein Viertel aller Frauen besitzt Aktien und Fonds. Das ist ein großer Nachteil, da das klassische Sparbuch oder Tagesgeldkonto kaum Renditen bietet. Wer den ersten Schritt wagen möchte, kann mit kleinen Beträgen starten, um ein Gefühl für den Markt zu bekommen. Auch hier gilt: Regelmäßigkeit ist entscheidend. Mit monatlichen Sparplänen können Frauen langfristig Kapital aufbauen und sich ein finanzielles Polster für später sichern.
Vorsorgen mithilfe des Arbeitgebers
Frauen erhalten im Schnitt bis zu 40 Prozent weniger Rente[4] als Männer, was vor allem durch längere Elternzeiten, Teilzeitbeschäftigungen und geringere Einkommen bedingt ist. Viele verlassen sich auf die gesetzliche Rente, doch diese reicht oft nicht aus, um den gewohnten Lebensstandard im Alter zu halten. Neben der gesetzlichen Rente sind betriebliche Altersvorsorge oder private Vorsorgeprodukte essenziell. Viele Unternehmen bieten hierzu bestimmte Angebote an, deswegen hilft es oft, mit dem Arbeitgeber zu sprechen. Auch hier gilt: Selbst kleine, regelmäßige Einzahlungen machen langfristig einen großen Unterschied.
Ein gutes Konzept ist schon die halbe Miete
Die Finanzsituation von Frauen ist oft durch strukturelle Nachteile geprägt. Dennoch gibt es viele Möglichkeiten, durch strategische Entscheidungen finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen. Der erste Schritt ist, sich aktiv mit den eigenen Finanzen auseinanderzusetzen, Wissen aufzubauen und langfristige Ziele zu definieren. Ein durchdachtes Budget, regelmäßiges Sparen und strategisches Investieren sind die wichtigsten Instrumente, um Sicherheit zu schaffen. Zudem sollte das Thema Altersvorsorge nicht aufgeschoben werden, da frühzeitige Planung entscheidend ist. Letztendlich liegt finanzielle Unabhängigkeit in den eigenen Händen – wer heute kluge Entscheidungen trifft und mit seinem Partner langfristig plant, sorgt für eine abgesicherte und selbstbestimmte Zukunft. Denn besonders das Gespräch mit dem Partner ist wichtig, um die geeignete Wissensgrundlage zu legen und einen klaren Überblick über die finanziellen Möglichkeiten als Paar zu erhalten. Der Einstieg kann überraschend einfach sein: Ein lockeres Gespräch oder ein offener Austausch mit verantwortungsvollen Finanzbegleitern können dabei helfen, Hürden abzubauen oder erste Gedanken anzustoßen.
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