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Bei fileee ist das Gender-Thema kein Thema mehr – Jasmin Sudermann-Schaad über Frauen in Führungspositionen

Jasmin Sudermann-Schaad ist Chief Marketing Officer bei fileee, einem digitalen Assistenten für Dokumente. Bei der Suche nach einer neuen Anstellung legte sie vor allem Wert darauf, dass die neue Anstellung und sie zusammenpassen, die selbe Sprache sprechen. Bei fileee ist sie fündig geworden. Im Interview mit SHE works! erzählt sie von ihrer Suche, der neuen Anstellung und warum sie so für ihren Job bei fileee „brennt“.

Frau Sudermann-Schaad, Sie arbeiten in der IT-Branche und haben vor einiger Zeit den Job gewechselt. War es schwer, eine neue Anstellung zu finden?

Schwer war es nicht unbedingt, es hat einfach nur seine Zeit gebraucht. In meiner Position arbeite ich ja auch viel kreativ, daher hatten meine Bewerbungen auch diesen Anspruch. Ich wollte schauen, ob das Unternehmen und ich auch wirklich dieselbe Sprache sprechen. Mir kam es, neben den Aufgaben, vor allem drauf an, dass das Unternehmen und ich zusammenpassen. Und bis es eben passt, kann es schon einige Monate dauern. In meiner Bewerbungszeit konnte ich auch einiges dazulernen und neue Kontakte knüpfen, selbst wenn aus dem Job nichts geworden ist.

Das war nicht der Grund, warum ich mich bei fileee beworben habe. Ich habe mich dort beworben, weil ich das Unternehmen und die Art und Weise wie es sich ausdrückt interessant und sympathisch fand. Und warum ich mich letztendlich für den Job entschieden habe, war einfach, weil es „gepasst“ hat. Die Chemie hat einfach gestimmt. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass ich explizit auf der Suche nach „gendergerechten“ Unternehmen war. Für mich ist es gelebte Gleichberechtigung, wenn man einfach nicht mehr darüber spricht und es einfach tut, es also kein Thema mehr ist. Und genau das war es, was mich zusätzlich von fileee überzeugt hat: das Gender-Thema war kein Thema mehr.

fileee ist der digitale Assistent für Dokumente. Die 2011 in Münster gegründete fileee GmbH hat die Vision, dem lästigen Papierkram ein Ende zu setzen. Mit der fileee App können alle Dokumente, ob privat oder geschäftlich, einfach und digital an einem Ort verwaltet werden. So sind auch unterwegs alle Dokumente immer griffbereit. Mit der C2B-Platform ergeben sich zudem für Unternehmen durch die Partnerschaft mit fileee einzigartige Möglichkeiten zur digitalen, sicheren und akzeptierten Kundenkommunikation. www.fileee.com

Sie arbeiten bei fileee, einem IT-Unternehmen, das eine App, die Dokumente digitalisiert, archiviert und verwaltet, programmiert. Wie viele Frauen arbeiten mit Ihnen dort?

Insgesamt arbeiten sieben Frauen bei fileee, drei davon in Führungspositionen. Interessanter Weise arbeitet in fast jedem Bereich sogar mindestens eine Frau: Design, Entwicklung, mehrere Bereiche im Marketing und HR. Das Team besteht insgesamt – auf persönlicher und Kompetenz-Ebene – aus sehr unterschiedlichen Charakteren, die aber alle eine gewisse Schnittmenge haben: Wir teilen alle die Leidenschaft moderner Technik, die den Alltag vereinfachen. Dabei ist unsere fileee App natürlich auf Platz 1 😉 Ich finde es toll, in einem so bunten Team zu arbeiten. Alle haben unterschiedliche Herangehensweisen.

Dennoch sind bei fileee, im Verhältnis, viel weniger Frauen als Männer angestellt. So ist es auch schon mal vorgekommen, dass ich die einzige Frau im Raum war und es mir aber erst am Ende aufgefallen ist.

Frauen in Führungspositionen sind immer noch kein Alltagsanblick. Wie haben die männlichen Kollegen reagiert?

Gar nicht. Und das ist das Gute daran: Es war schlichtweg egal, ob eine Frau oder ein Mann diese Position innehat. Vorher war die Marketingleitung durch einen Mann besetzt. Sicher führe ich und gehe Aufgaben anders an als er es getan hat. Aber das liegt einfach daran, dass ich ein anderer Mensch bin. In meiner Einarbeitungsphase habe ich auch sehr intensiv mit ihm zusammengearbeitet und war begeistert von seiner bisherigen Arbeit.

Was glauben Sie hat der Arbeitgeber für einen Anteil, wenn es darum geht, Frauen besser in Unternehmen einzugliedern?

Einen sehr hohen. Hierbei ist die Unternehmensphilosophie ausschlaggebend und das Arbeitsklima an sich. Der Arbeitgeber lebt damit vor, wie der Umgang miteinander gepflegt wird. Dazu gehören zwar auch Arbeitsmodelle, die der heutigen Work-Life-Balance angepasst sind, dies ist aber nicht nur ein Umstand, der den Frauen zu Gute käme, sondern allen. Mir ist klar, dass flexible Arbeitszeiten, Jobsharing-Modelle oder die Möglichkeit von Home-Office nicht in jedem Arbeitsbereich umgesetzt werden können. Dort wo es möglich ist, sollte es aber dringend Usus werden.

Sie haben bei Ihrer neuen Anstellung durch und durch positive Erfahrungen gemacht, gerade auch vor dem Hintergrund Mutter zu sein, was ja leider nicht üblich ist. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Bei fileee wird einfach auf die Kompetenzen der einzelnen Teammitglieder gesetzt und nicht auf Akkordarbeit oder eine Stempeluhr. Unsere Arbeitszeiten gestalten wir weitestgehend frei in Bezug auf Uhrzeiten und Ort. Dennoch ist unser fileee-Office der Nummer-1-Arbeitsplatz für alle. Wir haben alle Möglichkeiten, um entfernt und online miteinander zu arbeiten und zu kommunizieren. Das macht die Arbeit unheimlich einfach. Gerade für mich ist der Weg zu fileee etwas länger, weshalb ich in der Woche regelmäßige Tage im Home-Office arbeite. So habe ich die Möglichkeit, die – dadurch nicht entstehende – Fahrtzeit anders zu nutzen. Das alles sind aber Punkte, die nicht nur mich als Mutter betreffen, sondern für alle gelten. Ich habe früher immer gedacht, Arbeit und Privates trennen zu müssen. Aber ich bin ja EIN Mensch und im Idealfall gefällt mir ja meine Arbeit auch. Deshalb freue ich mich so flexibel arbeiten zu können, wodurch ich viel besser agieren kann und leistungsfähiger bin.

Eine Mutter zu sein und als Frau in der IT-Branche arbeiten zu wollen, sind immer noch Hindernisse. Hat sich hier in den letzten Jahren etwas geändert?

Auf jeden Fall. Ich denke, dass sich besonders in meiner Generation die Denkweise geändert hat. Viele sind offener gegenüber Neuem und lassen die Menschen so wie sie sind. Gesetze tragen auch dazu bei, dass Hindernisse abgebaut werden. Diese sind aber nur Spiegel der Gesellschaft und kommen im Nachgang auf oder wenn diese regelrecht eingefordert werden. Zum Beispiel waren Frauen noch bis 1977 verpflichtet den Haushalt zu führen und durften nur Arbeiten gehen, sofern es den häuslichen Pflichten nicht in die Quere kam. Heute gibt es auch immer mehr Vorbilder für Frauen, die zeigen, dass Gender-Klischees einfach nicht mehr greifen. Meine Vorbilder waren und sind meine Mutter und mehrere Professorinnen in meiner Studienlaufbahn, die alle ihren eigenen Weg gegangen sind.

Vor fileee habe ich in einem genderwissenschaftlichen Projekt an der Uni gearbeitet und konnte über die Jahre sehen, wie sich die Wahrnehmung der Schülerinnen auf das Frauenbild gekoppelt mit Berufen positiv verändert hat.

Was muss Ihrer Meinung nach weiter passieren, um eine gleichberechtigte Situation herzustellen?

Es muss aufhören, Frauen und Männer in eine Schublade stecken zu wollen. Es gibt sicherlich immer noch die Chefs, die der jungen Managerin (ab 30) keine Aufgaben zutrauen, während sich Senior Manager (unter 30) hocharbeiten dürfen. Wir müssen einfach die Menschen sehen und nicht irgendwelche Attribute, die vermeintlich zu einem Geschlecht gehören.

Ihre Erfahrungen machen Mut. Was würden Sie Frauen als Rat geben, wenn sich diese ebenfalls nach einem neuen Arbeitgeber umsehen?

Sucht nicht nur nach Unternehmen, zu denen ihr passen könntet, sondern vor allem nach Unternehmen, die zu Euch passen. Wenn es menschlich schon nicht passt, dann wird es auch im Arbeitsalltag schwierig. Es kann gut sein, dass es mehrere Monate dauert und Euch das an den Rand der Verzweiflung bringt. Aber es lohnt sich! „Gut Ding will Weile haben“ beschreibt die Situation wohl am besten.

Was geben Sie Arbeitgeber an die Hand, wenn diese neue Mitarbeiter suchen?

Schaut in erster Linie auf die Menschen und ihre Kompetenzen. Welche Qualifikationen bringen sie mit und wie kann ich diese in meinem Unternehmen bestmöglich einsetzen? Und fragt euch immer „Würde ich diese Frage auch einem Mann/einer Frau stellen?“ Mir wurde in einem Vorstellungsgespräch, dass sehr gut verlief – man hat sich sofort verstanden und sprach nach kurzer Zeit über die wirklich wichtigen Dinge, die Distanz war schnell weg – tatsächlich die Frage gestellt, wie denn meine Kinderplanung aussähe … Ich war so perplex. Mich hatte es sehr überrascht, dass heutzutage wirklich noch diese Frage gestellt wird. Das geht gar nicht. Natürlich ist das ein Risiko für Unternehmen. Das sollte sich aber nicht nur auf Frauen beziehen. Immer mehr Väter nehmen mehr als die zwei sogenannten „Vätermonate“, weil es eben ELTERNzeit ist. Wird die Position durch Elternzeit frei, ergibt sich die Chance für eine andere Person, sich in dieser Vertretungszeit zu beweisen. Das ist eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Das Unternehmen lernt so auch neue potenzielle Arbeitskräfte kennen.

Meine Antwort auf diese Frage war einfach nur, dass ich es noch nicht weiß. Kinder zu haben, sollte kein Hindernis sein, besonders nicht in einem zukunftsorientierten Unternehmen. Wem das nicht gefällt, dass ich eine Tochter habe und vielleicht sogar noch mehr Kinder haben möchte, bei dem möchte ich auch nicht arbeiten. Daher sage ich immer ganz offen direkt zu Beginn des Gesprächs, dass ich eine Tochter habe und verheiratet bin. Mein Running-Gag dazu ist, dass zu mir noch zwei Menschen gehören, die beide noch zur Uni gehen. Mein Mann studiert noch und meine Tochter geht in die Uni-Kita. Ich lache jedes Mal ????

Schaut am besten auch nicht aufs Alter. Einige haben schon sehr jung einen hohen Erfahrungsspiegel, während andere vielleicht auch erst spät ihre Passion entdeckt haben. Wichtig ist nur, dass diese Person für das Thema brennt – und genau das tue ich auch …

Vielen Dank für das Gespräch!

 

 

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1 Kommentar

  1. 24. September 2019 at 19:54

    „Gar nicht. Und das ist das Gute daran: Es war schlichtweg egal, ob eine Frau oder ein Mann diese Position innehat.“

    So sollte es eigentlich immer sein. Doch das Thema ist natürlich viel vielschichtiger, aber wem schreibe ich das!? 😉 Ihr kennt euch da ja viel besser aus, als ich 😛