Jasmin Arbabian-Vogel: „Wir stecken so in Stereotypen fest, zum Haare raufen.“
Jasmin Arbabian-Vogel ist Präsidentin des Verbands deutscher Unternehmerinnen, M.A. Politologie und Sozialpsychologie. Sie ist außerdem geschäftsführende Gesellschafterin der Interkultureller Sozialdienst GmbH. Der ambulante Pflegedienst betreut Patienten zu Hause, in Senioren-Wohngemeinschaften sowie im Bereich außerklinische Intensivpflege und beschäftigt 150 Mitarbeiter*innen im Großraum Hannover. Darüber hinaus führt Frau Arbabian-Vogel drei weitere Unternehmen (haushaltsnahe Dienstleistungen, einen weiteren Pflegedienst sowie ein Yoga- und Pilatesstudio). Frau Arbabian-Vogel ist Aufsichtsratsmitglied der Deutschland Immobilien AG. Seit 2018 ist sie Präsidentin des VdU und seit 2017 Mitglied im Bundesvorstand.
Wie definieren Sie Erfolg?
Erfolg ist für mich die Fähigkeit, meine Werte, Prinzipien und meine Leidenschaft ausüben zu können, ohne sie aufgeben oder verändern zu müssen. Das, wofür ich „brenne“, die Idee von Selbständigkeit und die Vorstellung von der „idealen Arbeit“ ausleben zu können, war und ist mein täglicher Antrieb.
Was zeichnet Sie aus?
Als ich mich 1996 für die Selbständigkeit entschied, wollte ich einen Ort schaffen, an dem man gerne arbeitet und am Ende des Tages keine Müdigkeit, sondern Zufriedenheit verspürt. Dieser Vorstellung bin ich bis heute treu geblieben. Was mich also auszeichnet ist ein Wertegerüst, eine klare Vorstellung von dem, was mir wichtig ist und die Beharrlichkeit, beides zu verknüpfen und an beidem festzuhalten. Und als ehemalige Migrantin kommt sicherlich noch eine Prise Mut und Risikobereitschaft dazu. Denn Migrant*innen haben etwas gemeinsam: wir alle haben einen Verlust erlebt. Verlust von Heimat, von Sicherheit, von Menschen, die uns wichtig sind. Vielleicht macht uns das am Ende mutiger, weil das „Verlieren“ seinen Schrecken verloren hat.
Wer oder was ist Ihr Motor?
Mein Motor ist vieles: Mein Unternehmen genauso wie Menschen, die für mich Vorbilder sind. Und noch etwas drittes würde ich als Motor bezeichnen: Die Erfahrung, dass das, was ich tue, einen positiven Effekt hat. Mit unserer Pflege erleichtern wir das Leben kranker Menschen und mit meinen Ehrenämtern kann ich andere unterstützen, begleiten und Türen öffnen.
Straighter Weg oder Abzweigungen – wie verlief Ihr Berufsweg bisher?
Nie straight, immer mit Abzweigungen und -was noch wichtiger ist- stets mit Schritten in ungewisses, ungegangenes Terrain. Und das ist gut so, denn es zwingt zu Neugierde und Offenheit für Unbekanntes.
Gibt es Rollenbilder in Ihrem Alltag, denen Sie gerne entkommen möchten?
Und ob! Das wir in Deutschland so sehr in Stereotypen und überholten Geschlechterrollen verharren, ist zum Haare raufen! Und dass sich die Pflege bis heute schwer tut mit einer selbstbewussten Rolle gilt genauso überholt. Daran arbeite ich und es sieht so aus, dass es noch eine Weile dauern wird, bis sich etwas ändert.
Welche eigenen Erfahrungen geben Sie anderen Frauen als Tipp mit auf den Weg?
Die wichtigste Erfahrung ist, sich Verbündete, Gleichgesinnte, Netzwerke zu suchen. Mutig sind fast alle Frauen, die eigene Ideen umsetzen und mutig genug sind, dafür auch mal die Komfortzone zu verlassen, das kriegen wir gut hin. Aber worin wir besser werden müssen, ist, uns als Supporterinnen und Türöffnerinnen zu verstehen. Und dazu brauchen wir Orte der Vernetzung. So motivieren wir, ziehen andere nach, können Vorbilder sein für den Nachwuchs und zudem unsere Unternehmen besser entwickeln.
Vielen Dank für das Gespräch!
kein Kommentar