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Christa Weidner gewinnt Werner-Bonhoff-Preis

Lässt sich Scheinselbstständigkeit überhaupt noch vermeiden? Die Problematik der sogenannten Scheinselbstständigkeit hat sich in den letzten Jahren wieder verschärft. Jedes einzelne Auftragsverhältnis kann auch nachträglich zum Angestelltenverhältnis werden. Tausende Selbstständige wurden von Bescheiden der Deutschen Rentenversicherung (DRV) überrascht, scheinselbstständig zu sein. Der Fall der IT-Beraterin und Unternehmerin Christa Weidner wurde nun mit dem „Werner-Bonhoff-Preis-wider-den-§§-Dschungel“ 2016 ausgezeichnet.
Die selbstständige IT-Beraterin Christa Weidner verfolgte jahrelang erfolgreich ihr Geschäftsmodell: projektgebundene IT-Beratung mit Unterstützung von Selbstständigen. 2009 stuft die DRV plötzlich fünf dieser Unterauftragnehmer als sog. „Scheinselbstständige“ ein. Die Unternehmerin und ihre Unterauftragnehmer zogen dagegen vor das Sozialgericht und bekamen nach drei Jahren Verfahrensdauer schließlich Recht. Wegen der Rechtsunsicherheit beauftragt Frau Weidner dennoch keine Selbstständigen mehr und hat ihr altes Geschäftsmodell aufgegeben. Zu groß war ihr das Risiko angesichts von Projekten mit bis zu 70 selbstständigen Unterauftragnehmern.
Zusammen mit dem Verband der Gründer und Selbstständigen e.V. (VGSD) führte sie 2015 durch eine bundesweite Vortrags-Roadshow mit dem Titel „Das Ende der Selbstständigkeit?“ und macht auf die Problematik aufmerksam.

Welche Konsequenzen hat die Einstufung als Scheinselbstständiger?

Lautet ein DRV-Bescheid auf „Scheinselbstständigkeit“ des Auftragnehmers, hat dies für Auftraggeber und Auftragnehmer erhebliche rechtliche und wirtschaftliche Konsequenzen. Der Auftraggeber muss bspw. rückwirkend für das Auftragsverhältnis bis zu 4 Jahre Abgaben zur Sozialversicherung und an gesetzliche Krankenkassen abführen. Der Auftragnehmer ist beispielsweise nicht mehr vorsteuerabzugsberechtigt, kann oftmals Kfz und Arbeitszimmer nicht von der Steuer absetzen.
Das Ausmaß der Prüfungen der Scheinselbstständigkeit durch die DRV ist in den letzten acht Jahren stark gestiegen. Belastend ist dies gerade für Selbstständige, die sich bewusst für diesen Berufsweg entschieden haben.
Vor diesem Hintergrund beobachtet Frau Weidner eine allgemein sinkende Bereitschaft bei Firmen, Aufträge an Selbstständige zu vergeben. „Rund 20 % in der IT-Branche sind selbstständige Externe,“ sagt Frau Weidner und weist darauf hin, dass damit ein großer Teil der Branche betroffen ist.
Stiftungsvorstand Till Bartelt zur Wahl der Preisträgerin: „Der Fall von Frau Weidner zeigt, wie fatal die seit 2009 wieder zunehmende Rechtsunsicherheit für Hunderttausende Selbstständige wirken kann.“

Zweiter Werner-Bonhoff-Preis an ein VGSD-Mitglied

Nach Tim Wessels 2013 ist Christa Weidner bereits das zweite aktive VGSD-Mitglied, das den Bonhoff-Preis erhält, was den Verein natürlich mit Freude und Stolz erfüllt. Christa Weidner war von Februar bis Dezember 2015 zusammen mit Andy Bosch und Andreas Lutz Sprecherin der VGSD-Arbeitsgruppe „Scheinselbstständigkeit“ und ist vielen VGSD-Mitgliedern durch ihre Roadshow durch sechs Städte bekannt. Sie ist bis heute eine der ganz wenigen Betroffenen, die offen über ihre Erfahrungen mit der Deutschen Rentenversicherung (DRV) spricht.

Nachdem die DRV 2009 plötzlich ihre Entscheidungspraxis bei Statusfeststellungsverfahren geändert und alle ihre geprüften Freiberufler aus nicht nachvollziehbaren Gründen für scheinselbstständig erklärt hatte, musste Christa Weidner fünf Prozesse gegen die DRV führen, über einen Zeitraum von drei Jahren. Die Prozesse gewann sie zwar. Um sich aber zwischenzeitlich nicht durch die Beschäftigung anderer (mutmaßlich scheinselbstständiger) Mitarbeiter potenziell strafbar zu machen, musste sie ihr über Jahre hinweg aufgebautes Unternehmen auflösen und alle festen und freien Mitarbeiter kündigen.

Näheres zur Werner-Bonhoff-Stiftung hier.

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