Der Wert der Niederlage
Von Julia Malz
Rückschläge gehören zum Berufsleben. Doch diese Volten zeigen, wo die eigenen Stärken und Schwächen liegen. Scheitern kann auch schön sein!
Im Berufsleben gibt es – und da unterscheiden sich die Bereiche der Selbständigkeit und Festanstellung zur Abwechslung einmal nicht – das angenehme und das weniger angenehme Feedback. Lob und Anerkennung sind nicht nur gern genommen, sondern auch äußerst förderlich für das kleine, bescheidene Selbst. Kritik und Ablehnung an oder von geleisteter Arbeit sind hingegen die garstigen Cousinen, die einem schon einmal einen gesamten Tag oder vielleicht gleich auch mehrere Tage verderben können.
Der einzige Unterschied in der Rezeption einer Niederlage liegt wohlmöglich darin, dass man als Selbständiger die Schuld, respektive Verantwortung für eben jene einzig und allein bei sich selbst suchen kann. Gerade dann, wenn es sich um eine kreative Leistung handelt, die man aus Eigeninitiative getätigt hat, die aber nach dem Anbieten auf dem Markt wirklich niemanden interessiert, beziehungsweise begeistert. Setzen, Sechs! Leistung ungenügend.
Der Moment des negativen Feedbacks ist eine echte Herausforderung in der Selbständigkeit. Nun muss man sich selbst das offensichtlich am Zeitgeist vorbei gestaltende Köpfchen streicheln und mit der Perspektive bevorstehender Nächte unter irgendwelchen Brücken auseinandersetzen, weil man seine Miete auf diese Art und Weise keinesfalls bezahlen können wird.
Everybody’s Darling Is Everybody’s Depp
Vor ein paar Tagen erst habe ich mal wieder eine gefühlte Perfomance-Null hingelegt. Nachdem ich mich mit offensichtlich noch genügenden Arbeitsproben auf eine freie Schreiberstelle beworben hatte, wurde mir aufgetragen, nun ein paar zielgruppenorientierte Texte für den Titel auf Probe zu schreiben. Fröhlich schreibselte ich in einem ersten Entwurf drauf los. Und bekam ein paar bange Tage nach Versenden die knappe Rückmeldung: „Sorry. Der Text passt einfach nicht zu uns. Liebe Grüße und so weiter und so fort.“ Mein Schreiber-Ich hielt sich die Wange. Per Mail geohrfeigt. Autsch.
Während ich nun in Selbstzweifeln nieder lag (interessanter Weise gibt es eigentlich kein Verb für Niederlage im Sinne von „sich physisch oder psychisch geschlagen fühlen“), konnte ich also niemand anders für dieses Niederliegen verantwortlich machen, als meine offensichtlich untalentierte Wenigkeit.
Aber halt. So ist es doch nun einmal. Nicht alles, was man liefert, gefällt. Und nicht alles, was man liefert, sollte gefallen. Denn gerade im kreativen Bereich gilt: Everybody’s Darling Is Everybody’s Depp! Dieses Credo vergisst man im täglich selbständigen Wettbewerb um Brot und Likes und Anerkennung.
Eine Niederlage, oder viel mehr eine Ablehnung der angebotenen Leistung, bedeutet nicht notwendigerweise, dass wir auf der gesamten Linie versagt haben. Es kann und sollte uns auch ein Hinweis sein auf die Leistungsnische, die wir unbedingt finden sollten. Und dann ist auch eine Ablehnung ein wichtiger Teil des Definitionsrahmens, in dem wir unser Können abstecken und perfektionieren sollten.
Und so sollte man sich im Angesicht eines ‚Nein, danke, passt für uns so nicht!‘ daran erinnern, dass es sich im Bereich der selbständigen Leistung ähnlich verhält wie in Beziehungen. Wenn jemand nicht mit uns gehen will, hat er im Zweifel etwas Großartiges verpasst!
Vielleicht verfasse ich sogar eine kleine Dankes-Nachricht an die besagten Ablehner von oben. Ein Dank für eine Niederlage als Dank für ein wenig mehr Klarheit über das, was ich kann, was ich nicht kann und was ich gar nicht können muss. Aber man will ja nicht überheblich werden!
Julia Malz
zog es 2001 aus dem Rheinland an die Elbe. Im neuen Heimathafen Hamburg schreibt sie seit 2009 als freie Journalistin und Autorin für Gesellschafts-, Kultur- und Wirtschaftsformate aller Couleur.
Das Berufsfeld des Freien Schreibens ist für sie Herausforderung und Inspiration zugleich. Die Etablierung der eigenen Person als Marke bei gleichbleibender Authentizität, Flexibilität und konsequenter Leistungssteigerung sieht sie als wichtige Pfeiler erfolgreicher Selbstständigkeit.