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Katharina Vollus – IT-Beraterin des Jahres: „Strahlkraft der Auszeichnung nutzen und Vorbild für andere Frauen sein“

Am 29. November 2022 wurden in Düsseldorf im Rahmen der feierlichen Preisverleihung die Sieger*innen des Best of Consulting der Wirtschaftswoche ausgezeichnet. Unter ihnen: Katharina Vollus. Sie ist Teamleiterin bei der Porsche-Tochter MHP und leitet als Associated Partner den Beratungsbereich Agile Transformation. Ihr Erfolg wurde mit dem Sonderpreis „Beste Beraterin des Jahres“ belohnt. Mit Dana Rotter von SHE works! sprach sie über Frauen in der IT, Vorbilder und Arbeitszeitmodelle. 

Katharina, Du wurdest als Beraterin des Jahres ausgezeichnet für Dein Engagement bei MHP, aber auch für das agile Transformationsprojekt zur Umgestaltung des CIO-Bereichs bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG). Womit konnten Du und Dein Team punkten? 

Für mein Team und mich ist es wichtig, und das leben wir auch bei MHP, dass wir immer das Ganze betrachten. Nicht nur die Idee/das Produkt, sondern auch wie die Erarbeitung in einer Gruppe funktionieren kann, welcher Fokus gesetzt werden muss und am Ende natürlich auch, wie Veränderung umgesetzt werden soll. Denn genau daran scheitert es häufig, dass die Kluft zu groß ist und sich nicht genug Gedanken gemacht werden, wie Neuerungen trotz Alltagsstress umgesetzt werden können. 

In den klassischen MINT-Berufen sind Frauen immer noch unterrepräsentiert – obwohl unsere Welt immer digitaler wird. Du hast Dich für einen Weg in der IT-Branche entschieden. Was waren die Beweggründe diesen Beruf zu ergreifen? 

Vorweg erst einmal: Für mich gibt es nicht DIE IT-Branche. Die Digitalisierung, wie Du schon sagst, ist überall präsent und ein wichtiger Faktor in allen Branchen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Was mich an meinem Beruf so fasziniert, ist, dass es immer ein kreativer Prozess ist. Ich weiß am Anfang nicht immer, wie die Lösung aussehen wird, sondern muss mich häufig langsam herantasten. Ich komme ja eher aus dem Projektmanagement und deswegen macht es mir vor allem Spaß im Team gemeinsam den Schaffensprozess zu erleben. Ich selbst sitze also auch gar nicht am Rechner und muss mit Nullen und Einsen arbeiten, obwohl ich natürlich ausprobiert habe, wie es ist einen Code zu programmieren, um ein besseres Verständnis zu haben.  

Damit sprichst Du einen ganz wichtigen Punkt an. Viele haben bei ITlern wohl immer noch das Bild vor Augen von irgendwelchen Nerds, die im Keller eines Unternehmens nur am Computer sitzen und programmieren oder Fragen aus anderen Abteilungen beantworten. Dabei bietet die Digitalisierung inzwischen viel mehr Möglichkeiten, die auch für Frauen interessant sein können, die sich zwar für digitale Themen interessieren, selbst aber nicht programmieren möchten. 

Genau. Inzwischen geht es ja um viel mehr. Im Endeffekt sprechen wir heutzutage von einer Art Produktentwicklung und damit auch davon, ob das Produkt bei Nutzern so ankommt, wie sie es brauchen. Das hat viel mit Psychologie und auch Empathie zu tun. Denn bei der Entwicklung sollte man immer im Blick behalten: Was will der Kunde wirklich, was ist ihm wichtig? Natürlich arbeiten wir dabei auch viel mit Software und Daten, aber da wir ja ein Team sind, hat jeder seine speziellen Aufgaben, um trotz der Komplexität zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen. Teamfähigkeit ist deswegen ein wichtiger Aspekt bei der gemeinsamen Suche nach Lösungen. Die fallen immer unterschiedlich aus, weswegen auch eine offene Kommunikation, Flexibilität und Resilienz für den Erfolg von großer Bedeutung sind.  

Auch wenn wir nicht von der einen IT-Branche sprechen, arbeitest Du ja dennoch in einem Bereich, der sehr IT-nah ist. Hast Du da in der Vergangenheit als Frau Vorurteile erlebt? 

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass mir je Steine in den Weg gelegt wurden. Im Gegenteil, ich hatte immer Personen, die mich individuell gefördert und mir eher Sachen zugetraut haben. Allerdings fiel mir in dem Moment, als ich mich im Rahmen der Auszeichnung bei meinen Wegbegleitern bedanken wollte auf, dass ich hier nur männliche Vornamen auflisten konnte.
Mein heutiges Team besteht dagegen zu 50 Prozent aus Frauen, das liegt u.a. daran, dass ich mich als Vorbild und Mentorin in meinem Umfeld sehr stark einsetze. Auch bei den Einsteigern oder der mittleren Ebene von MHP sind die Geschlechter noch sehr ausgewogen verteilt. 

Das sieht dann aber bei einer Partner Konferenz wieder ganz anders aus; dort ist der Frauenanteil nur marginal. Natürlich macht das was mit einem, wenn man die ganzen Männer in Anzug dort sieht und der Smalltalk auch anders abläuft als sonst. Da kommen schnell Zweifel auf. Man muss sich schon immer wieder sagen: “Ich gehöre hier wirklich hin, ich habe es verdient hier zu sein”. Es ist insgesamt ein Kopfding, ob man denkt, dass man als Frau dazugehört oder nicht.  

Du selbst hattest keine weiblichen Vorbilder oder Mentorinnen. Möchtest Du deswegen selbst eine sein? 

Ja. Das war auch ein Grund, warum ich den Mehraufwand, den so eine Einreichung für die Best of Consulting-Auszeichnung mit sich bringt, auf mich genommen habe. Natürlich ist diese Ehrung an sich schon schön, aber ich wollte vor allem zeigen: Wenn man sich ein bisschen in den sichtbaren Raum traut, dann kann man dafür als Frau auch belohnt werden. Denn nicht nur das Projekt selbst, sondern ich als Person wurde genannt und habe dadurch eine gewisse Strahlkraft.  

Außerdem ist der weibliche Blick, nicht nur in der Digitalisierung, wichtig. Unsere Bevölkerung besteht zu 50 Prozent aus Frauen und je diverser ein Team ist, desto besser. Nur so können wir unsere gesellschaftliche Vielfalt repräsentieren und sie am Ende auch in unser Produkt/unsere Dienstleistung einfließen lassen. Denn Innovationen sind nur möglich, wenn sie alle erreichen. 

Apropos Innovationen, Du hast für Dich ein neues Arbeitszeitmodell gefunden. Seit Anfang dieses Jahres hast du deine Arbeitszeit, trotz Führungsaufgaben, auf drei Tage die Woche reduziert. Warum jetzt? 

Meine Tochter ist inzwischen neun Jahre alt und es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich Arbeitszeit reduziere. Vorher hat es, Dank meines familiären Umfeldes, wunderbar mit der Kinderbetreuung funktioniert. Aber inzwischen ist mein Team aus Beraterinnen und Beratern so gut gewachsen, dass ich mir mehr Zeit für meine anderen Interessen nehmen kann. 

Wie waren die Reaktionen darauf? 

Grundsätzlich muss ich sagen, mein Chef und alle drum herum haben es sehr offen und wohlwollend aufgenommen. Die Erwartung ist aber natürlich da, dass die getroffenen Zielvereinbarungen am Ende erreicht werden. 

Vorbehalte habe ich eher aus meinem Freundeskreis gehört, die sich einfach Sorgen um mich gemacht haben, dass ich trotz Reduzierung am Ende genauso viel arbeite, wie vorher und viele Überstunden machen muss. Deswegen hatte ich auch auf 60 Prozent Arbeitszeit reduziert und nicht nur auf 80 Prozent (auch wenn das einem größeren „Gehaltsverzicht“ entspricht), denn bei 80 Prozent zeigen Studien, dass diese Personen am Ende doch wieder voll arbeiten und nur Pausen weglassen, denn der Sprung von 80 auf 100 Prozent ist nicht sehr groß. 

Wie konntest Du Deinen Wunsch umsetzen? 

Da spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Ganz praktisch bei mir hat es bedeutet, dass ich zum Beispiel weniger Beratungszeit für Kunden habe. Aber wie bereits erwähnt, wäre das ohne mein Team nicht möglich. Wir haben schon vorher immer darauf geachtet, dass verschiedene Leute im Team unterschiedliche Verantwortungen übernehmen. Ich bin nicht die Expertin für alles und kann auch nicht alle Aufgaben selbst verantworten. Das hat drei positive Effekte: Zum einen sind meine Mitarbeiter*innen engagierter, wenn sie selbst Verantwortung übernehmen können. Zum anderen ist daraus eine offene und zuverlässige Kommunikation entstanden, damit alle Absprachen auch funktionieren. Und zu guter Letzt heißt das für mich, dass ich mich ein Stück weit rausziehen und meine Wochenarbeitszeit reduzieren kann.  

Ganz wichtig: Diese Teamstruktur ist bei mir über ein paar Jahre gewachsen und kann nicht von heute auf morgen implementiert werden. Aber es zeigt vielleicht anderen Unternehmen, dass Führung auch so funktionieren kann und nicht immer nur eine Person für alles verantwortlich sein muss. Neben der gesteigerten Mitarbeitermotivation ermöglicht dieser Führungsstil auch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist sicherlich nicht in allen Branchen möglich, aber hilft vielleicht Offenheit dafür zu entwickeln auch einfach mal neue Modelle auszuprobieren. 

Vielen Dank für das Gespräch! 

 

Über Katharina Vollus

Katharina Vollus ist Beraterin bei der Management- und IT-Beratung MHP. Die Mutter einer Tochter leitet seit vier Jahren ein wachsendes Team aus aktuell 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie berät Kunden, wie man agiler arbeitet und Organisationen weiterentwickelt. Im vergangenen Jahr wurden sie und ihr Team für das Agilitätsprojekt bei den Berliner Verkehrstrieben (BVG) mit dem Best of Consulting Award der Wirtschaftswoche ausgezeichnet. 

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