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Shelly Hershkovitz: „Wir brauchen mehr weibliche Vorbilder in der Tech-Branche“

Inspirierende Frauen in Tech-Berufen – Mit gutem Beispiel voran gehen
Ein Interview mit Shelly Hershkovitz, Product Manager, Research & Innovation bei Imperva

Selbst im 21. Jahrhundert sind Frauen in der Technikbranche noch sehr rar vertreten. Laut Statista machten Frauen in den Bereichen IT und Technik in 2017 lediglich 16 Prozent aus. Die aktuelle Bitkom Umfrage kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Shelly Hershkovitz, Product Manager Research & Innovation bei Imperva, einem Spezialisten für Cyber Security Software zeigt, dass Frauen und IT durchaus zusammenpassen. Sie hat bereits als junge Frau ihren Weg in die IT gewählt – hat Informatik studiert und sich danach auf maschinelles Lernen und Computer Vision spezialisiert. Ihre Antworten sollen Girls und jungen Frauen Mut machen, ihren ganz eigenen Weg in der spannenden Welt der IT zu finden.

Was hat Sie zu Ihrer Berufswahl in der Technologie-Branche bewogen?

Ich würde sagen, den größten Einfluss auf meinen beruflichen Werdegang hatte mein großer Bruder. Er studierte Informatik an der Universität und wurde anschließend Ingenieur bei Google. Ihm zuzusehen, wie er so viel Leidenschaft für Technik zeigte, war eines der wichtigsten Dinge, die mich veranlassten, eine Karriere in der IT-Branche in Betracht zu ziehen.

Gab es irgendwelche Herausforderungen, mit denen Sie konfrontiert waren?

Ich begann in der Forschung zu arbeiten und wechselte nach und nach zum Produktmanagement. Dieser Wechsel war definitiv eine schwierige Zeit für mich.

Die männliche Dominanz war im Produktmanagementteam deutlich spürbar. Ich war die einzige Frau, die einem Team von 20 Männern beitrat. Das rein männliche Umfeld war ungewohnt für mich. Vor allem mit den vielen dominanten Persönlichkeiten, die die Führung übernehmen wollten. Mich als Person aber vor allem auch in meiner Rolle als Produktmanagerin zu behaupten, war schwer für mich.

Die Lösung war, mich auf meine Soft Skills zu konzentrieren – den Kollegen zuzuhören, ihre Herausforderungen zu verstehen und sie zu stärken, indem ich jedem die Chance gab, gehört zu werden.

Welchen Rat würden Sie Frauen geben, die ihre Karriere in der Technik beginnen?

Seid selbstsicher und stolz auf euch selbst. Es kann eine gewaltige Aufgabe sein, eine Frau in einem von Männern dominierten Team zu sein und immer für sich selbst einzustehen – aber keine unmögliche.

Voreingenommenheit sollte euch nicht abschrecken, ganz im Gegenteil, sucht das Gespräch mit demjenigen. Und Vorurteile lassen sich plötzlich lösen. Egal in welcher Situation ich mich befand,ich habe immer auf mein Gefühl gehört – so konnte ich immer sicher sein, dass ich das für mich Richtige tue.

Warum glauben Sie, dass es nicht genug Frauen gibt, die eine technische Karriere verfolgen?

Einer der Hauptgründe ist definitiv der Mangel an weiblichen Vorbildern, zu denen man aufschauen kann. Als ich aufgewachsen bin, gab es keine weiblichen Vorbilder, die eine technische Karriere anstrebten. Es gab nur Männer.

Mehr inspirierende Frauen zu haben, die erstaunliche Dinge in der Technologiebranche tun, wäre ein guter Weg, um junge Mädchen zu motivieren, in ihre Fußstapfen zu treten.

Was magst du an der Arbeit in der Tech-Branche?

Ich liebe es, wie kreativ ich sein kann. Viele Leute gehen davon aus, dass die Technologiebranche ziemlich langweilig ist, aber das Gegenteil ist der Fall! Es erfordert viel Kreativität und Phantasie, um Produkte zu entwickeln, die Lösungen für die alltäglichen Probleme der Kunden bieten.

Außerdem liebe ich den täglichen Kontakt zu den Kunden. Ich bin sehr stolz darauf, gute Beziehungen zu meinen Kunden zu haben. Es ist erfrischend, die Dinge aus ihrer Sicht zu betrachten und ihre Schwierigkeiten zu verstehen, indem man sich in ihre Lage versetzt!

Wie sollten Unternehmen Ihrer Meinung nach mit Vielfalt und Integration umgehen?

In letzter Zeit gab es viele öffentliche Diskussionen zu diesem Thema. Aber wir sehen nicht allzu viele greifbare Entwicklungen, in denen Unternehmen tatsächlich Vielfalt und Integration akzeptieren und leben.

Ein erster Schritt könnte sein, Frauen innerhalb der Organisation zu erreichen. Es ist wichtig, dass weibliche Mitarbeiter das Gefühl haben, dass es keine Rollenbeschränkungen gibt und dass sie sich auf Positionen bewerben können, die typischerweise als männerdominant angesehen werden. Als ich als Forscherin darüber nachdachte, in das von Männern dominierte Produktentwicklungsteam zu wechseln, war mir nicht klar, dass eine Frau für offene Positionen in diesem Team in Frage kommen würde.

Was würden Sie sagen, ist Ihre bisher größte Leistung auf Ihrem Karriereweg?

Ich bin glücklich darüber, bei Imperva arbeiten zu können. Hier habe ich die Möglichkeit, an innovativen Technologien mitzuwirken, die einige der größten Herausforderungen der Cybersicherheit lösen. Als Teil von Imperva bin ich Mitwirkende an drei Patenten, die sich mit einer von uns entwickelten Community-basierten Plattform befassen. Diese sollen die Kunden über die Verbreitung von Angriffen informieren.

Darüber hinaus ist ein Patent für eine Lösung angemeldet. Mit dieser Lösung soll das Designsystem Angriffsmuster innerhalb von Web Application Firewall-Warnungen finden. Diese Lösung wurde im Mai 2018 in der eingeführten Attack Analytics-Lösung eingesetzt.

Last but not least, was bedeutet der Geschlechtergleichstellung für Sie?

Die wahre Bedeutung der geschlechtlichen Gleichstellung wird mir bewusst, wenn ich meine Tochter betrachte. Ich will, dass sie weiß, dass sie absolut alles tun kann, was sie möchte. Und ich möchte ihr das Vertrauen in sich selbst geben, dass sie stark und selbstsicher sein darf. Als ich jünger war, war es für junge Mädchen normal, zu Disney-Prinzessinnen aufzuschauen, die auf ihren Ritter in glänzender Rüstung warten.

Heute aber sehen wir starke weibliche Hauptdarstellerinnen in Disney-Filmen, die den Mädchen zeigen, dass sie nicht auf einen Prinzen warten müssen, der sie rettet! Ich möchte mit gutem Beispiel für eine berufliche Laufbahn in der Tech-Branche vorangehen – nicht nur für meine Tochter. Denn es ist wichtig, der nächsten Generation die richtige Grundlage und Ausbildung zu bieten.

Shelly Hershkovitz ist Senior Product Managerin bei Imperva. Seit acht Jahren ist sie beim Security Software Spezialisten in verschiedenen Positionen tätig. Sie ist Expertin für maschinelles Lernen und Computer Vision. Shelly hat einen BA in Informatik und einen M.Sc. in Biomedizinischer Technik.

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