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UBS Studie: Verheiratete Frauen übernehmen selten langfristige Finanzentscheidungen

Finanzielle Entscheidungen sind keine Frage des Geschlechts – oder doch? Um herauszufinden, wie Frauen im Vergleich zu Männern mit ihrem Vermögen umgehen, hat UBS Global Wealth Management für die neueste Ausgabe des Investor Watch rund 3.700 vermögende Frauen in neun Märkten befragt, darunter auch in Deutschland.

Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Bei Finanzfragen ist weltweit das traditionelle Rollenbild vorherrschend: Langfristige Finanz- und Anlageplanung bleibt Männersache, während Frauen alltägliche Ausgaben verwalten
  • Geringes finanzielles Selbstbewusstsein wird zumeist mit mangelnder Ermutigung oder Einbindung durch den Ehepartner begründet
  • Nach der Ehe erleben viele Frauen unerwartete finanzielle Überraschungen und raten, frühzeitig eine aktive Rolle in der Finanzplanung einzunehmen

Statt selbst Verantwortung zu übernehmen, geben verheiratete Frauen finanzielle Entscheidungen mit langfristigen Vermögensauswirkungen mehrheitlich an ihre Partner ab – und sehen sich nach der Ehe doch häufig unerwarteten Problemen ausgesetzt. Zu diesem Ergebnis kommt die Schweizer Großbank UBS in der aktuellen Ausgabe des Investor Watch, in der rund 3.700 verheiratete, geschiedene und verwitwete Frauen aus insgesamt neun Ländern Einblicke in ihr Rollenbild bei der Finanzplanung geben.

In Deutschland ist das traditionelle Rollenbild dabei stärker ausgeprägt als in anderen Regionen: Während in Ländern wie Mexiko (39%) oder Brasilien (45%) tendenziell weniger Männer finanzielle Entscheidungen allein verantworten, überlassen in Deutschland ganze 60 Prozent diese wichtigen Entscheidungen ihren Partnern. Lediglich 23 Prozent der deutschen Frauen geben an, die Führungsrolle in der Ehe auszufüllen. Nur 19 Prozent treffen Entscheidungen gemeinsam mit ihrem Partner. Während die meisten deutschen Frauen (75%) ihre aktuelle finanzielle Situation jedoch sehr positiv einschätzen, sind die von ihnen getroffenen finanziellen Entscheidungen primär auf kurzfristige Aktivitäten ausgerichtet. So ist die große Mehrheit während der Ehe lediglich für alltägliche Ausgaben (86%) und große Einkäufe (84%) verantwortlich.

Geringes Selbstvertrauen im Umgang mit Finanzen ist weit verbreitet

Die Mehrheit der deutschen Frauen nennt mangelndes Wissen als einen der Hauptgründe für ihr geringes Engagement. 68 Prozent aller verheirateten Frauen hierzulande vertreten die Meinung, dass ein hohes Maß an Wissen erforderlich sei, um gute Investitionsentscheidungen treffen zu können, doch weniger als die Hälfte (46%) glaubt, dieses tatsächlich zu besitzen. Dabei ist die mangelnde Ermutigung durch den Ehepartner ein wesentliches Hemmnis für das eigene Engagement. Ganze 74 Prozent aller deutschen Frauen, die sich auf ihren Ehepartner verlassen, geben an, nie durch diesen ermutigt oder zur Beteiligung eingeladen worden zu sein. Nur in der Schweiz stimmen mit 81 Prozent noch mehr Frauen dieser Aussage zu.

Gerade Millenials lösen sich nicht vom traditionellen Rollenbild

Anders als vielleicht erwartet, bringt der UBS Investor Watch hervor, dass im Altersvergleich gerade jüngere Frauen dazu tendieren, Anlage- und Finanzplanungsentscheidungen an ihre Ehepartner abzugeben. Weltweit geben im Schnitt fast 60 Prozent aller 20- bis 34-jährigen finanzielle Entscheidungen ab. Dieser Trend spiegelt sich auch in Deutschland wider: 63 Prozent der Millenial-Frauen verlassen sich in Finanzfragen auf ihre Ehemänner.

Mangelnde Einbindung führt oft zu negativen Überraschungen nach der Ehe

Angenommen die Ehe würde enden, so zeigt sich die Mehrheit deutscher Frauen (66%) zuversichtlich, ihre Finanzen allein verwalten zu können. Die Praxis zeichnet jedoch ein anderes Bild: Vier von zehn (38%) aller verwitweten oder geschiedenen Frauen geben an, auf diesen Moment nicht ausreichend vorbereitet gewesen zu sein. Ganze 79 Prozent berichten, nach dem Tod ihres Ehepartners oder der Scheidung negative finanzielle Überraschungen erlebt zu haben. So fanden mehr als die Hälfte aller Befragten in Deutschland (51%) beispielsweise heraus, dass ihr Ehepartner Geld vom Gemeinschaftskonto genommen hatte. 47 Prozent der Ehemänner hatten darüber hinaus eine riskantere Vermögensallokation gewählt als bekannt. Ganze 51 Prozent der verstorbenen Ehemänner hatten kein Testament hinterlassen. Der Ratschlag deutscher Frauen, die den Tod eines geliebten Menschen oder eine Scheidung erlebt haben, ist eindeutig: 67 Prozent der Betroffenen raten dazu, mit ihrem Ehepartner mehr über Finanzen zu sprechen. 66 Prozent empfehlen, finanzielle Fragen in einem Ehevertrag festzuhalten.

Barbara Rupf Bee, Marktverantwortliche Global Wealth Management in Deutschland, sagt:

„Wir sollten die traditionelle Rollenverteilung hinter uns lassen und Frauen zu mehr finanziellem Selbstbewusstsein ermutigen und auch entsprechend unterstützen – hier hat die Finanzindustrie die Möglichkeit, aktive Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Unsere Studie hat gezeigt, dass eine geteilte Verantwortung in der Ehe viele Vorteile hat – von einer gestiegenen Zuversicht für die Zukunft bis hin zu nachhaltigeren Entscheidungen. Aber gerade angesichts der höheren Lebenserwartung von Frauen oder dem Fall einer Scheidung ist es zum Schutz des Vermögens für Frauen essentiell, in allen Lebensphasen eine aktive Rolle bei der Finanzplanung zu spielen.“

Über die Studie:
Für den Investor Watch hat UBS von September 2017 bis Januar 2019 insgesamt 3652 Frauen aus Brasilien, Deutschland, Hongkong, Mexiko, Singapur, Schweiz, Italien, GB und die USA befragt und 71 Tiefeninterviews geführt. Darunter waren 2251 verheiratet und verfügten über ein Anlagevermögen von mindestens einer Million US-Dollar. 1401 der befragten Frauen war entweder geschieden oder verwitwet und verfügten über mindestens 250 000 US-Dollar an investierbaren Vermögenswerten.

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