Gründerinnen im Porträt

Faircado: Nachhaltiger Einkaufsassistent für Secondhand-Angebote

Foto: Romy Kane

Evolena de Wilde will mit ihrem Greentech-Startup Faircado Amazon ersetzen und Secondhand-Shopping zur ersten Wahl machen. Faircado ist ein smarter Onlineshopping-Assistent, der Kund*innen mit nur einem Klick eine grüne Alternative zu dem Artikel vorschlägt, den sie gerade online suchen. Ohne Mehraufwand sparen sie somit Geld, Zeit und CO2. Als Mitglied der Generation Climate Europe, Leaders for Climate Action und der Greentech Alliance ist sie nicht nur Gründerin, sondern vor allem auch eine überzeugte Sozial- und Umweltaktivistin.

Was ist die Besonderheit Ihres Start-ups?

Mit Faircado machen wir E-Commerce zu Re-Commerce und Onlineshoppende zu Klimaheld:innen.

Allein in der EU produziert jede:r von uns jedes Jahr ca. 5,2 Tonnen Abfall. Die meisten von uns sind sich der Klimakrise bewusst und wollen ihre Konsumgewohnheiten verbessern, aber nachhaltig einzukaufen kostet uns fast immer mehr Geld, mehr Zeit und mehr Energie als Shoppen auf Amazon. Wir von Faircado haben eine Einkaufsplattform geschaffen, die Kund:innen, deren Geldbeutel und den Planeten glücklich macht. Und wie? Indem wir Secondhand zur ersten Wahl machen.

Mit unserer Browser-Erweiterung können wir Milliarden Tonnen CO2, Abfall und Ressourcen einsparen und helfen, unsere Wirtschaft kreislauffähig zu machen – während Kund:innen genau das finden, was sie brauchen; schnell und zum besten Preis.

Wie ist Ihr beruflicher Werdegang?

Neben meiner Rolle als CEO von Faircado bin ich heute vor allem auch eine unermüdliche Rebellin, Klimaaktivistin und European Climate Pact Ambassador. Mein Weg führte von einem Master-Abschluss in PR und EU-Studien über 5 Jahre Erfahrung im strategischen Projektmanagement und Business Intelligence in schnell wachsenden Tech-Startups in Berlin. Diese Rollen waren die beste Vorbereitung, um selbst zu gründen. Da ich eine risikofreudige Generalistin bin (kein Risiko, kein Spaß!), dachte ich, dass ich es eines Tages selbst versuchen möchte. Der Aufbau eines Unternehmens schien mir eine wirklich coole Herausforderung zu sein, die meine Neugierde, ständig neue Dinge zu lernen, stillen könnte. Ich hatte Recht!

Da ich mich auch sehr für Kunst und die Stärkung von Frauen interessiere, habe ich im April 2020 außerdem Solidartsy gegründet: eine gemeinnützige Coaching- und Beratungsorganisation, die Künstlerinnen in Sachen Business und Marketing berät.

Es begeistert mich, weibliche Gründerinnen aktiv zu unterstützen und weibliche Zusammenarbeit zu fördern, um gemeinsam zu wachsen.

Was war für Sie der Auslöser, ein eigenes Unternehmen zu gründen?

Der Secondhand-Markt boomt, angetrieben von der Gen-Z. Einige Kategorien von Gebrauchtwaren haben eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 20 %. Jeden Monat treten neue Akteure in diesen Markt ein. Allein in Deutschland gibt es mehr als 70 Websites, die gebrauchte Produkte verkaufen. Das ist großartig! Aber es bedeutet auch, dass ich als Nutzer:in, wenn ich nur 2-3 Plattformen kenne, vielleicht 90% der Angebote verpasse. Als überzeugte Klimaaktivistin weiß ich, dass wir unsere Emissionsprobleme nur mit einem flächendeckenden Switch in Richtung Kreislaufwirtschaft in den Griff bekommen können. Daher musste ich nicht zweimal überlegen, als mein technischer Co-Gründer und bester Freund Ali mich gefragt hat, ob wir Faircado zusammen gründen wollen.

Wer hat Sie beraten, wer sind Ihre Helfer und Mentoren?

Zusammen mit zwei weiteren Gründerinnen habe ich letztes Jahr den Female Founders Brunch gegründet. Ich wollte einen Raum schaffen, in dem wir uns mit gleichgesinnten Gründerinnen treffen, unsere Erfolge und Kämpfe diskutieren und sinnvolle Beziehungen aufbauen können, in denen wir uns gegenseitig helfen zu wachsen.

Ich wäre nie da, wo ich heute bin, wenn ich nicht von so vielen inspirierenden und unterstützenden Menschen umgeben wäre. Dazu gehören u.a. Lubomila Jordanova, Gründerin von PlanA.Earth und Greentech Alliance, Dora Petrova, Gründerin von FemGems, Anna-Lena Drewitz von Cleantech Hub und Fridtjof Detzner, Gründer von Jimdo und Planet A Ventures. Unsere Business Angels sind auch toll, super hilfreich und unterstützend. Und wir stehen anderen Gründer:innen in Berlin sehr nahe, die ihre Unternehmen zur gleichen Zeit wie wir gestartet haben, was uns sehr hilft, wenn wir Fragen oder Zweifel haben. Wir haben großes Glück, dass wir so gut umgeben sind.

Was war Ihre größte Herausforderung und wie haben Sie diese gemeistert?

Der Umgang mit der Verwaltung ist bei weitem mein unbeliebtester Teil der Arbeit. Vor allem, weil Deutsch meine fünfte Sprache ist und Alis vierte – auch wenn wir gut sprechen, bereiten mir die Briefe vom Amt mit ihren 50 Buchstaben langen Wörtern schon beim Anblick Kopfschmerzen. Aber wir haben gehört, dass sogar Deutsche manchmal damit zu kämpfen haben! Wir sind sehr dankbar für die Unterstützung, die wir vom Staat bekommen haben, um Faircado zu gründen. Das war ein Segen.

Was ist Ihre beste Vermarktungsidee?

Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass das beste Marketing ein top Produkt und eine starke Vision sind. Mit Faircado wollen wir nicht einfach nur Geld verdienen, wir wollen das System hacken und eines der größten Probleme unserer Welt, die Ressourcenverschwendung und Umweltzerstörung, effektiv und mit Mehrwert für unsere Kund:innen angehen. In Zeiten von Greenwashing-Affären kommt es darauf an, was das Unternehmen wirklich tut und wofür es wirklich steht – nicht nur, was es nach außen kommuniziert. Menschen sehen den Unterschied. Unsere Authentizität ist unser bestes Marketing, würde ich sagen.

Wie haben Sie die Finanzierung Ihrer Gründung umgesetzt?

Um unsere Vision für Faircado Wirklichkeit werden zu lassen, konnten wir auf die Unterstützung des Startup Incubator Berlin (SIB) zählen. Außerdem konnten wir tolle, engagierte Investor:innen überzeugen, die Faircado voller Überzeugung unterstützen.

Welchen Traum möchten Sie noch verwirklichen?

Man kann nicht sein, was man nicht sehen kann. Deshalb habe ich mein ganzes Leben lang nach starken weiblichen Vorbildern gesucht, die mich leiten. An erster Stelle meine Mutter, wegen ihrer Stärke und Integrität. Audrey Hepburn für ihre Klasse und ihre Großzügigkeit gegenüber den Armen und Kranken. Dann politische Frauen wie Margrethe Vestager, AOC, Jacinda Ardern oder Sanne Marin, die für Gerechtigkeit, Fairness und nachhaltige Entwicklung kämpfen. In jüngerer Zeit sind es die unglaublichen Gründerinnen, die mich umgeben und Impact im großen Stil kreieren, Risiken eingehen und laut und mutig sind.

Aber obwohl ich sie alle vor Augen habe, merke ich jeden Tag, wie unsere Gesellschaft immer noch weiße Männer gegenüber allen anderen bevorzugt, wenn es um Unternehmen und Verantwortung geht. Wir Frauen müssen doppelt so professionell und vorbereitet sein wie Männer, wenn wir gehört und ernst genommen werden wollen. Wir müssen immer noch nach ihren Regeln spielen und männlich auftreten. Aber wir sollten in der Lage sein, zu zeigen, wer wir wirklich sind, und trotzdem vertrauenswürdig sein.

2019 habe ich mich mit einigen herausragenden Frauen zusammengetan, um am Internationalen Frauentag die erste „Rising Pineapples“-Konferenz zur Stärkung der Rolle der Frau zu organisieren. Am Ende waren es 150 erstaunliche Gründerinnen, Investorinnen, Politikerinnen und Angestellte von der Einstiegs- bis zur Führungsebene, die den Tag damit verbrachten, Erfahrungen zu teilen, zu wachsen und gemeinsam zu lernen.

Sobald wir Faircado zum neuen Amazon gemacht haben, würde ich dieses Format gern ausbauen, um mehr weiblichen Vorbildern die Bühne zu geben, die sie verdienen.

Ihr Tipp: Was würden Sie anderen Gründerinnen empfehlen?

Take the time to build meaningful relationships. Being well surrounded is key at all levels of our life, professional and personal. Having people to share your experience with, to call when you need help and to celebrate your successes and setbacks with, is a game changer. Surround yourself with amazing women and men who give you the energy you need to build something great!

Nehmt euch die Zeit, sinnvolle Beziehungen aufzubauen. Ein gutes Umfeld ist auf allen Ebenen unseres Lebens – beruflich und privat – von entscheidender Bedeutung. Menschen zu haben, mit denen wir unsere Erfahrungen teilen, die wir anrufen können, wenn wir Hilfe brauchen, und mit denen wir unsere Erfolge und Rückschläge feiern können, ist ein entscheidender Faktor. Umgibt euch mit tollen Frauen und Männern, die euch die Energie geben, die ihr braucht, um etwas Großes aufzubauen!

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg!

Hier geht es direkt zur Homepage von Faircado: www.faircado.de

Und hier direkt zum Download der Browsererweiterung: www.faircado.de/download

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