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FidAR fordert gleichberechtigte Teilhabe – Grundgesetz verpflichtet Regierung zu Gleichberechtigung

Die Initiative FidAR fordert bei den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD mutige Schritte zur konsequenten Erhöhung des Frauenanteils in der Wirtschaft. Nur verbindliche gesetzliche Schritte führten zu messbaren Fortschritten in den Führungsetagen der Privatwirtschaft und der öffentlichen Unternehmen.

„Die Bilanz der letzten Legislaturperiode zeigt: Wo der Gesetzgeber Vorgaben gemacht hat, haben sich die Unternehmen bewegt. Die gesetzliche Quote hat zu einer deutlichen Steigerung des Frauenanteils in den Aufsichtsräten geführt. Wo die Quote nicht griff, prägte dagegen viel zu oft die Null das Bild: Null Prozent Frauen im Vorstand. Null Prozent Zielgröße. Null Engagement für mehr Chancengleichheit“ erklärt FidAR-Präsidentin Monika Schulz-Strelow. „Im Koalitionsvertrag muss klar definiert werden, wie die verbindlichen Maßnahmen auf mehr als die bisher 105 börsennotierten und voll mitbestimmten Unternehmen ausgeweitet werden können. Was nicht im Vertrag steht, wird nicht umgesetzt.“

Fortschritt nicht auf freiwilliger Basis

„Wir haben noch die Aussagen der Parteivorsitzenden vor der Wahl im Ohr“, so Schulz-Strelow. Die Bundeskanzlerin hatte bei der Bundesdelegiertenkonferenz der Frauen-Union im August 2017 deutlich kritisiert, dass ein überwiegender Teil der Unternehmen bei der Zielgröße für den Vorstand Null-Wachstum plane. Damit provoziere die Wirtschaft „weitere rechtliche Regelungen“. An der Quote für Aufsichtsräte sehe man, dass Fortschritt auf freiwilligem Weg nicht erreichbar sei. Das Wahlprogramm der SPD war da sogar noch klarer: „Mit der Frauenquote für Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst haben wir einen Kulturwandel in der Arbeitswelt eingeleitet. Führungsgremien sollen jeweils zu 50 Prozent mit Frauen und Männern besetzt sein.“ „An diesen eigenen Aussagen werden wir die kommende Bundesregierung messen. Wir nehmen die Parteivorsitzenden beim Wort“, betont Schulz-Strelow.

„In der öffentlichen Diskussion zur Regierungsbildung spielte die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in den Unternehmen zuletzt kaum eine Rolle – weder in den Sondierungen zu Jamaika noch in denen für eine Große Koalition“, kritisiert Schulz-Strelow. „Das bisherige Ergebnis im Sondierungspapier zur Gleichstellung führt zu keiner substanziellen Verbesserung der Situation der Frauen in der Wirtschaft. Nullgrößen begründen kann jedes Unternehmen, um damit mögliche Sanktionen zu umgehen.“ Vor diesem Hintergrund appelliert FidAR an Politik und Wirtschaft, Fortschritte bei der Gleichberechtigung mit gesetzlichen Maßnahmen festzulegen. „Alles andere bedeutet Stillstand oder Rückschritt, den kann sich die deutsche Wirtschaft nicht leisten.“

Frauenanteil wächst zu langsam

Nach aktuellen Zahlen von FidAR wächst der Frauenanteil in Führungspositionen deutscher Unternehmen nur noch langsam. „Zwar erreichen alle von der Quote betroffenen Unternehmen, die ihre Aufsichtsräte neu gewählt haben, einen Frauenanteil von 30 Prozent oder mehr. Bei den DAX-Unternehmen, die nicht der Quotenregelung unterliegen, haben die Aufsichtsräte aber nur einen Frauenanteil von durchschnittlich unter 20 Prozent. Beim Frauenanteil in den Vorständen herrscht fast Stagnation, er dümpelt bei einem niedrigen Stand von 7,2 Prozent“, so Schulz-Strelow. „Spätestens bei der Festlegung der freiwilligen Zielgrößen enden die in Sonntagsreden bemühten guten Vorsätze der Konzerne. Die Werte bewegen sich zwischen Zielgröße Null und wenig ambitionierten einstelligen Wachstumszielen. Das ist zu wenig, wenn man bedenkt, dass schon 2001 eine Selbstverpflichtung der Wirtschaftsverbände zur Steigerung des Frauenanteils in Führungspositionen unterzeichnet wurde!“

Nach den aktualisierten Zahlen des Women-on-Board-Index von FidAR mit Stand 31.10.2017 liegt der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der 185 im DAX, MDAX, SDAX und TecDAX sowie der im Regulierten Markt notierten, voll mitbestimmten Unternehmen der Privatwirtschaft bei 27,6 Prozent, dies entspricht einer Steigerung von nur 1,7 Prozentpunkten seit Anfang 2017 (25,9 Prozent). Auf der Vorstandsebene kletterte der Frauenanteil um minimale 0,4 Prozentpunkte auf den weiterhin niedrigen Stand von 7,2 Prozent. Der WoB-Index misst seit 2010 den Fortschritt beim Frauenanteil in den Spitzenpositionen der Wirtschaft.

Auch bei den Öffentlichen Unternehmen bleiben die Zuwächse beim Frauenanteil weiterhin hinter den Erwartungen zurück. Hier gelten seit dem 1. Januar 2018 für die Bundesunternehmen höhere Vorgaben, danach müssen die Hälfte der vom Bund zu bestimmenden Aufsichtsgremiumsmitglieder Frauen sein. Mit Stand 1.01.2017 lag der Frauenanteil in den Aufsichtsgremien der 415 größten öffentlichen Unternehmen laut Public Women-on-Board-Index von FidAR bei 29,7 Prozent, in den Top-Managementorganen bei 17,3 Prozent. Bei den 98 Bundesbeteiligungen liegt der Frauenanteil in den Aufsichtsgremien bei 29,8 Prozent, in den Top-Managementorganen bei 15,3 Prozent.

16 Frauenverbände verabschieden Erklärung

Die Initiative FidAR steht mit ihren Forderungen nicht allein. Gemeinsam mit 16 weiteren Frauenverbänden, die sich zur Berliner Erklärung 2017 zusammengeschlossen haben, setzt sich der Verein für eine messbare  Erhöhung des Frauenanteils auf allen Führungsebenen und für eine faire Bezahlung von Frauen auf allen Unternehmensebenen sowie für transparentes Monitoring der entsprechenden Gesetze ein.

Wir fordern die Politik zum wiederholten Mal auf: “Setzen Sie die Frauen endlich auf die Agenda“, erklärt Schulz-Strelow. „Was der kanadische Premierminister Trudeau und der französische Präsident Macron können, nämlich Gleichberechtigung als einen Schwerpunkt ihrer Amtszeit zu deklarieren, sollte in Deutschland auch möglich sein. Wir wollen jetzt Ergebnisse und keine Versprechen für die Zukunft!“

Die ausführlichen Studien zum WoB-Index 185 und zum Public WoB-Index vom Juni 2017 können unter www.wob-index.de eingesehen werden.

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