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Frauenanteile in Aufsichtsräten großer Unternehmen auf gutem Weg

Das DIW Managerinnen-Barometer analysiert Frauenanteile in Vorständen und Aufsichtsräten von über 500 großen Unternehmen in Deutschland. Es gibt erste Anzeichen, dass Unternehmen Anstrengungen zurückfahren, sobald sie die Geschlechterquote für Aufsichtsräte erfüllen. Mehr Frauen in Kontrollgremien ziehen zumindest kurzfristig nicht automatisch mehr Frauen in Vorständen nach sich.

Die seit 2016 in Deutschland geltende Geschlechterquote für Aufsichtsräte zeigt weiter ihre Wirkung: In den 200 umsatzstärksten Unternehmen ist der Frauenanteil in den Kontrollgremien im vergangenen Jahr um mehr als zwei Prozentpunkte auf knapp 27 Prozent gestiegen. In den 100 größten Unternehmen ging es sogar um über drei Prozentpunkte auf gut 28 Prozent nach oben. Allerdings gibt es auch erste Hinweise darauf, dass die Unternehmen mit Quotenbindung ihre Anstrengungen deutlich zurückfahren, sobald sie die 30-Prozent-Marke erreicht haben. So stagnierte der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der 30 größten börsennotierten Unternehmen (DAX-30), von denen die meisten an die Geschlechterquote gebunden sind und viele diese Quote bereits erfüllen, bei einem Drittel. Das sind zentrale Ergebnisse des aktuellen Managerinnen-Barometers des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).

Viele Unternehmen auf einem guten Weg

„Viele Unternehmen sind auf einem guten Weg, wenn es um mehr Frauen in Aufsichtsräten geht – andererseits tun die meisten jedoch nicht mehr als nötig“, sagt Elke Holst, DIW-Forschungsdirektorin für Gender Studies. Katharina Wrohlich, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe Gender Studies am DIW Berlin, ergänzt: „Auffällig ist, dass die verbindliche Geschlechterquote zumindest kurzfristig keine Strahlkraft auf die Vorstandsebene ausübt – diese bleiben Männerdomänen.“ So lag der Frauenanteil in den Vorständen der Unternehmen, die an die Quote gebunden sind, Ende 2018 bei gerade einmal 8,5 Prozent – nur etwa ein halber Prozentpunkt mehr als im Jahr zuvor. Die Top-100-Unternehmen haben im vergangenen Jahr zwar erstmals die Zehn-Prozent-Marke geknackt, insgesamt vollzieht sich die Entwicklung aber nach wie vor auf niedrigem Niveau im Schneckentempo.

Entwicklung der Frauenanteile bei Banken und Versicherungen besonders frappierend

Erneut haben Holst und Wrohlich Daten von über 500 Unternehmen in Deutschland erhoben und daraus die Frauenanteile in Spitzengremien für verschiedene Unternehmensgruppen berechnet. Dazu gehören neben den umsatzstärksten 200 beziehungsweise 100 Unternehmen beispielsweise auch die in den diversen DAX-Indizes notierten Unternehmen oder solche, an denen der Bund beteiligt ist. Damit ist das DIW Managerinnen-Barometer die größte Auswertung ihrer Art.

Separat werden die 100 größten Banken und 60 größten Versicherungen in Deutschland ausgewertet. Dort sieht es mit Blick auf die Frauenanteile noch düsterer aus: Während in den Vorständen die Dynamik wie schon in den Jahren zuvor schwach blieb und die Frauenanteile unterhalb von zehn Prozent verharren, ist inzwischen auch die Entwicklung in den Aufsichtsräten ins Stocken geraten. Dabei hinken Banken und Versicherungen mit jeweils rund 23 Prozent Frauenanteil im Kontrollgremium den Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ohnehin schon deutlich hinterher.

„Wenn man bedenkt, dass mehr als die Hälfte der Beschäftigten im Finanzsektor Frauen sind, die meisten davon gut ausgebildet, ist die Entwicklung der Frauenanteile in Vorständen und Aufsichtsräten von Banken und Versicherungen besonders frappierend“, so Holst. Eine Geschlechterparität bleibt damit in weiter Ferne: Selbst bei einer – optimistischen – linearen Fortschreibung der Entwicklung der vergangenen Jahre würde es fast bis zum nächsten Jahrhundert, im Fall der Bankenvorstände beispielsweise bis zum Jahr 2098, dauern, bis Frauen und Männer gleichermaßen in Spitzengremien vertreten wären.

Alle Hierarchie-Ebenen auch unterhalb des Vorstands sollten stärker mit Frauen besetzt werden

Den Unternehmen empfehlen Holst und Wrohlich, sich in eigenem Interesse ambitioniertere Ziele für mehr Frauen in Vorständen zu setzen. Anders könnten sie den lauter werdenden Rufen nach weiteren Quotenregelungen kaum den Wind aus den Segeln nehmen. „Die Wirtschaft hat es selbst in der Hand“, so Holst. „Solange sich jedoch viele große Unternehmen bewusst eine Zielgröße von null Frauen im Vorstand setzen, erscheint der Wille und die Kraft zu ambitionierten, nachhaltigen und freiwilligen Fortschritten mehr als fraglich.“ Eine wichtige Voraussetzung wäre nach Ansicht der Autorinnen, konsequent alle Hierarchieebenen, gerade auch unterhalb des Vorstands, stärker mit Frauen zu besetzen und die Arbeitsstrukturen für Führungskräfte zu flexibilisieren. So könnte der Pool potentieller Vorständinnen vergrößert werden.

Unter www.she-works.de finden Sie ein Interview mit PD ELke Holst von DIW zu „Geschlechterquote für Aufsichtsräte bringt nicht automatisch mehr Vorständinnen mit sich“.

 

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