Gründerinnen im Porträt

macht.sprache.: Unterstützung für den Umgang mit politisch sensibler Sprache

Lucy Gasser und Anna von Rath haben Anfang 2020 macht.sprache. gegründet. Das Unternehmen unterstützt im Umgang mit politisch sensibler Sprache, konkret bei der Übersetzung zwischen Englisch und Deutsch. Als Grundlage dient eine Datenbank, die mithilfe von Crowdsourcing ständig erweitert und auf den neusten Stand gebracht wird. Weitere Features sind ein Text Checker und Erweiterungen für DeepL and Google Translate, die Texte auf sensible Begriffe prüfen und Tipps geben. Außerdem sensibilisieren wir in Workshops und öffentlichen Veranstaltungen für sprachliche Diskriminierung.

macht.sprache gehört zu den Preisträger*innen der „Kultur & Kreativpilot*innen 2022“

Was ist die Besonderheit Ihres Start-ups?

macht.sprache. bietet eine digitale Lösung für den Umgang mit politisch sensibler Sprache, die es so bisher noch nicht gibt. Wir verbinden geisteswissenschaftliche Expertise mit technischem Know-How, d.h. wir verbinden menschliche Sensibilität mit künstlicher Intelligenz. Außerdem beziehen wir Nutzer*innen direkt in die Arbeit mit ein: macht.sprache setzt auf kollaborative Wissensproduktion, d.h. Nutzer*innen können die Datenbank ergänzen und sensible Begriffe diskutieren. macht.sprache. kann aber außerdem auch einfach als Informationsquelle und zur persönlichen Sensibilisierung für die Thematik dienen.

Was sind Ihre ersten beruflichen Erfolge?

Die Thematik, die wir mit macht.sprache. behandeln, beschäftigt und betrifft unheimlich viele Menschen. Wann immer wir von unserer Plattform und den Tools erzählen, stößt die Idee auf Begeisterung. Wir verbuchen es als besonderen Erfolg, dass wir dieses Jahr gleich zwei Mal ausgezeichnet wurden: Im Juni haben wir den Deep Tech Award vom Berliner Senat für Wirtschaft, Energie und Betriebe erhalten. Jetzt gerade – im Dezember – wurden wir als Kultur- und Kreativpilot*innen ausgewählt.

Wie ist Ihr beruflicher Werdegang?

Wir haben uns kennengelernt, als wir beide an der Uni Potsdam in den englischen Literaturwissenschaften mit postkolonialem Schwerpunkt promoviert haben. Wir haben also beide zunächst viele Jahre an der Uni geforscht und gelehrt. Lucy macht das auch weiterhin, während Anna als freie Übersetzerin und Diversity Trainerin arbeitet. macht.sprache. und unsere zusätzlichen Tätigkeiten befruchten sich gegenseitig.

Foto: Timur Celikel

Was war für Sie der Auslöser, ein eigenes Unternehmen zu gründen?

Für Veröffentlichungen auf pocolit.com, eine Plattform für postkoloniale Literatur, die wir 2019 gegründet haben, haben wir viel übersetzt und sind bei bestimmten Begriffen an unsere Grenzen gestoßen. Wir haben ein Problem erkannt, für das es noch keine zufriedenstellende digitale Lösung gab. Wir konnten uns zunächst nur auf eigene Recherchen und unseren Austausch untereinander verlassen. Also haben wir uns mit einem Full-Stack Programmierer (Kolja Lange) und einem UI-/UX-Designer und Web-Developer (Timur Celikel) zusammengetan und eine Lösung entwickelt, die noch viel mehr Menschen als nur uns selbst helfen soll.

Wer hat Sie beraten, wer sind Ihre Helfer und Mentoren?

Jede bisherige Unterstützung durch unser Netzwerk oder Mentor*innen war unheimlich wertvoll – ohne sie wäre macht.sprache. nicht, was es ist. Wir standen von Anfang an mit den Goethe-Instituten der Region Nordwesteuropa in Austausch, die mit ihrem Projekt Artificially Correct ähnliche Interessen verfolgten. Mit unserem Unternehmen haben wir außerdem bereits an diversen Förderprogrammen teilgenommen, Digitalisierung im Kulturbereich vom Berliner Senat, dem Prototype Fund und dem UNLOCK Accelerator von Wikimedia Deutschland. Alle Programme beinhalteten einen peer-to-peer Austausch und Mentoring durch ausgewählte Mentor*innen.

Was war Ihre größte Herausforderung und wie haben Sie diese gemeistert?

macht.sprache. ist als Herzensprojekt gestartet und hat bereits viel erreicht. Wir merken aber immer wieder, dass finanzielle Mittel und Zeit knappe Ressourcen sind, vor allem wenn einige im Team Care-Arbeit leisten müssen (und wollen). Bisher hat uns geholfen, Prioritäten zu setzen und uns daran zu erinnern, einen Schritt nach dem nächsten zu tun, auch wenn wir größere Ziele vor Augen haben.

Wie machen Sie auf Ihr Unternehmen aufmerksam?

Wir geben regelmäßig Workshops, organisieren Veranstaltungen oder diskutieren auf Podien mit – zuletzt zum Beispiel bei der Frankfurter Buchmesse und im Impact Hub Belgrad. Bei solchen Events haben wir Gelegenheit persönlich mit unserer Zielgruppe in Kontakt zu treten. Außerdem sind wir unter dem Handle @poco_lit auf Social Media zu finden und verschicken alle 5-8 Wochen einen Newsletter.

Wie haben Sie die Finanzierung Ihrer Gründung umgesetzt?

Wir waren sehr erfolgreich im Schreiben von Fördermittelanträgen: Starten konnten wir Dank der neuen Sparte „Digitalisierung im Kulturbereich“ des Berliner Senats für Kultur und Europa. Dabei hat uns geholfen, dass macht.sprache. einerseits den Nerv der Zeit trifft und andererseits eine bestehende Lücke füllt.

Welchen Traum möchten Sie noch verwirklichen?

Wir haben viele Träume – oder Ziele. Wir möchten, dass mehr Menschen macht.sprache. nutzen. Mit dem Feedback der Nutzer*innen möchten wir die Funktionen von macht.sprache. verbessern. Momentan steht macht.sprache. nur für das Sprachpaar Englisch-Deutsch zur Verfügung, es wäre wunderbar, wenn wir weitere Sprachen hinzufügen könnten.

Ihr Tipp: Was würden Sie anderen Gründerinnen empfehlen?

Wir haben aus Leidenschaft gegründet und möchten dazu beitragen, die Gesellschaft ein kleines bisschen besser zu machen. Wir können nur empfehlen, sich der eigenen Werte bewusst zu sein und auch nach ihnen zu handeln – auch wenn es manchmal nicht den gesellschaftlichen Normen entspricht.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg!

Hier geht es direkt zur Homepage von macht.sprache: www.machtsprache.de

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