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DIW-Studie: Gender Pay Gap auch in den Köpfen

Die Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern, der sogenannte Gender Pay Gap, variiert stark mit dem Alter der Beschäftigten: Bei etwa 50-Jährigen ist der Unterschied in den Bruttostundenlöhnen, der im Durchschnitt 21 Prozent beträgt, in etwa drei Mal so groß wie zwischen Frauen und Männern im Alter von bis zu 30 Jahren. Der Gender Pay Gap schlägt sich derweil nicht nur auf dem Gehaltszettel nieder, sondern zeigt sich auch in Umfragen. So haben Frauen mit Blick auf ihre künftigen Löhne deutlich geringere Erwartungen als Männer. Darüber hinaus bewerten auch sie es als gerecht, wenn Frauen für dieselbe Arbeit ein niedrigeres Gehalt bekommen als Männer. Das sind zentrale Ergebnisse dreier Studien, die anlässlich des bevorstehenden Internationalen Frauentages und des Equal Pay Days am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) entstanden sind. Insgesamt zehn ForscherInnen, unter anderem aus der Forschungsgruppe Gender Economics, der Abteilung Staat und dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) des DIW Berlin, haben sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit der Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern beschäftigt.

Unterschiedliche Erwerbsbiografien

Erhebliche Unterschiede ergaben sich bei der Untersuchung der Verdienstlücke nach dem Alter: Während diese beispielsweise bei Beschäftigten bis zu einem Alter von 30 Jahren mit neun Prozent noch vergleichsweise klein ist, steigt der Gender Pay Gap ab dem 30. Geburtstag stark an und liegt zwischen 49 Jahre alten Frauen und Männern bei 28 Prozent und damit weit über dem Durchschnitt von rund 21 Prozent. Die Hauptursache für dieses Muster sind die sehr unterschiedlichen Erwerbsbiografien von Frauen und Männern. Familienbedingt pausieren Frauen ab einem Alter von 30 Jahren häufig zumindest vorübergehend von ihrem Job und reduzieren die Arbeitszeit, mitunter sogar dauerhaft – bei Männern kommt dies nur äußerst selten vor.

„Unsere Untersuchungen legen nahe, dass die sehr ungleich verteilte Sorgearbeit – sprich insbesondere die Betreuung von Kindern – dazu beiträgt, dass die Stundenlöhne von Frauen ab 30 Jahren nicht weiter steigen. Männer hingegen können bis zum 50. Lebensjahr ein deutliches Gehaltsplus verzeichnen“ sagt Studienautorin Aline Zucco. Der Gender Pay Gap entsteht also vor allem mit der Geburt von Kindern.

Geschlechterstereotype Vorstellungen Grund für Gender Gap

Doch auch wenn Unterschiede in den Erwerbsbiografien von Männern und Frauen berücksichtigt werden, indem man beispielsweise nur die Löhne derjenigen Frauen und Männer miteinander vergleicht, die ununterbrochen in Vollzeit erwerbstätig waren, verbleibt eine Verdienstlücke von rund sechs Prozent. Mögliche Erklärungen für diesen bereinigten Gender Pay Gap sind offene oder subtile Formen der Diskriminierung oder geschlechterstereotype Vorstellungen. Hinweise für solche geschlechterstereotypen Vorstellungen liefern die Auswertungen eines umfragebasierten Experiments, in dem Befragte anhand von fiktiven Personenbeschreibungen das Gehalt dieser Personen bewerten sollten. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl Frauen als auch Männer geringere Löhne für Frauen als gerecht empfinden, auch wenn alle anderen Merkmale wie die Tätigkeit, das Alter oder die Arbeitsleistung gleich sind.


Je älter die befragten Personen und die bewerteten fiktiven Personen sind, desto größer fällt der Gender Gap in den als gerecht empfunden Löhnen aus. „Das Muster entspricht also weitgehend den tatsächlich vorhandenen Verdienstunterschieden – es scheint, als würden sich im Berufsleben erfahrene Ungleichheiten in stereotypen Einstellungen widerspiegeln“, erklärt Jule Adriaans, wissenschaftliche Mitarbeiterin des SOEP und eine der Studienautorinnen.

Frauen erwarten deutlich geringere Lohnsteigerungen als Männer

Darauf deuten auch die Lohnerwartungen von Frauen und Männern hin. Wie die Auswertung einer repräsentativen Befragung zeigt, erwarten Frauen langfristig für sich selbst wesentlich geringere Lohnzuwächse als Männer. Insbesondere junge Akademikerinnen neigen dazu, ihre künftigen Löhne zu unterschätzen. „Wenn Frauen bestimmte Entscheidungen anders treffen als Männer, weil sie mit Blick auf ihre künftigen Löhne pessimistischer sind, verstärkt dies womöglich die tatsächliche Lohnentwicklung und verfestigt den Gender Pay Gap“, sagt Studienautorin Iuliia Grabova.


Um den Gender Pay Gap zu reduzieren, müsste also auch der Kreislauf aus Erwartungen und stereotypen Einstellungen durchbrochen werden. Die StudienautorInnen sprechen sich daher unter anderem dafür aus, durch gezielte Anreize für eine gleichmäßigere Aufteilung der Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern zu sorgen. Dazu zählen beispielsweise mehr Partnermonate beim Elterngeld, die Einführung einer Familienarbeitszeit und eine Reform des Ehegattensplittings. „Wichtig sind zudem mehr Frauen in klassisch männlich konnotierten Rollen, die als Vorbilder geschlechterstereotype Vorstellungen aufbrechen können“, so Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics am DIW Berlin. „Auch ein höherer Anteil von Frauen in Führungspositionen hat das Potential, stereotype Zuschreibungen mit Blick auf die Fähigkeiten und Verdienste von Frauen und Männern zu verändern.“

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