Equal Pay Day: 17 Prozent weniger Gehalt für Erika Mustermann
Gleiche Ausbildung, dieselbe berufliche Position, identischer Lebenslauf, aber anderes Geschlecht: Erika Mustermann statt Max Mustermann – und schon ist das Gehalt niedriger. Dieses Experiment hat die Firma Adhunter, welche die Jobsuchmaschine Adzuna.de in Deutschland betreibt, mit den Platzhalternamen Max und Erika Mustermann beim neuen Lebenslaufanalyseportal http://try.adzuna.de/value-my-cv/ vorgenommen.
Das Resultat: Tatsächlich sorgt der Austausch des männlichen Namens „Max“ durch den weiblichen Namen „Erika“ für eine 17 Prozent niedrigere Gehaltseinschätzung bei zwei ansonsten identischen Lebensläufen.
GenderPayGap in Deutschland fest verankert
Adhunter hat das Experiment im Vorfeld des Equal Pay Day, der am 19. März stattfindet, durchgeführt. Ab diesem Tag erhält erstmals „Erika“ ein Gehalt – bis dahin wurde ausschließlich „Max“ entlohnt, wenn der in Deutschland durchschnittliche Verdienstunterschied von 21,6 Prozent auf Arbeitstage umgerechnet wird.
Seit kurzem bietet das Unternehmen Adhunter unter dem Markennamen ValueMyCV einen neuen Service an, mit dem jedermann seinen eigenen Wert auf dem Arbeitsmarkt ermitteln kann. Hierzu lädt man einfach den eigenen Lebenslauf hoch und erhält binnen Sekunden eine statistische Einschätzung des eigenen Marktwertes in Form des Bruttojahresgehaltes – anonym und kostenlos. Die Grundlage bildet eine Datenbank von 50.000 Lebensläufen inklusive dazugehöriger Gehaltsdaten, die auf Daten von deutschen Arbeitnehmern basiert und somit den aktuellen Arbeitsmarkt reflektiert. Bei der Analyse werden die aufgeführte Ausbildung, Berufserfahrung und Fähigkeiten mit ähnlichen Profilen in der Datenbank abgeglichen, um den Marktwert zu generieren. Daneben wird auch die Lage (Nord-, Süd-, Ost- oder Westdeutschland) sowie das Geschlecht der Nutzer berücksichtigt.
Unterschiedliches Gehalt für zwei ansonsten identische Lebensläufe
Adhunter‘s Test zeigt, dass Letzteres einen entscheidenden Einfluss auf den eigenen Marktwert haben kann. Die Lebenslauf-Analyse generierte eine Bruttojahresgehalt-Einschätzung von 55.324 EUR für Erika, Diplomingenieurin und 64.610 EUR für Max, ebenfalls Diplomingenieur mit genau den gleichen Stationen im Berufsleben. Mit 17 Prozent Differenz zwar weniger als der nationale Durchschnitt, jedoch knapp 10.000 EUR jährlich, die Erika im echten Leben trotz des exakt gleichen Lebenslaufes einbüßen müsste. Einziger Unterschied: Das Geschlecht.
Die Lebensläufe zum Vergleich gibt es hier:
Der einfache Vergleich des eigenen Gehaltes mit dem Marktwert ist deshalb so wichtig, weil Untersuchungen nahe legen, dass der Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen umso größer ist, je weniger die Unternehmen in öffentlichen Stellenanzeigen eine Gehaltsvorstellung nennen. Diesen Zusammenhang legt eine aktuelle Untersuchung von Adzuna unter mehr als 4,6 Millionen Stellenangeboten aus elf Ländern nahe, die der Gender Pay Gap Analyse von Eurostat (2013) gegenübergestellt wurde. Demnach sind nur 3 Prozent aller Stellenausschreibungen in Deutschland mit einer konkreten Gehaltsangabe versehen. Entsprechend hoch ist der „Gender Gap“: Männer verdienen hierzulande durchschnittlich 22 Prozent mehr als Frauen. In den Niederlanden weisen mehr als doppelt so viele Jobangebote (7 Prozent) einen Hinweis auf das jeweilige Gehalt aus. Entsprechend geringer ist die Benachteiligung der weiblichen Arbeitnehmer: In unserem Nachbarland verdienen Männer „nur“ 16 Prozent mehr. Noch besser sieht es laut Adzuna-Report für berufstätige Frauen in Frankreich aus: 18 Prozent der Stellenanzeigen weisen eine Gehaltsangabe aus, die männliche „Überzahlung“ beträgt 15 Prozent.
Inja Schneider, Country Managerin Deutschland bei Adhunter kommentiert: „ValueMyCV reflektiert den deutschen Arbeitsmarkt so wie er ist. Da kann es für Arbeitnehmer frustrierend sein zu sehen, wie der eigene Lebenslauf mit einem andersgeschlechtlichen Namen bewertet wird.“ Sie fügt hinzu: “Im Idealfall fällt der Equal Pay Day auf den 1. Januar jeden Jahres, indem Männer und Frauen vom ersten Tag an für dieselben Qualifikationen und Fähigkeiten dieselbe Entlohnung erhalten.“
Der Equal Pay Day geht auf eine Initiative der Business and Professional Women (BPW) in den USA aus dem Jahre 1988 zurück, die die Red Purse Campaign als Sinnbild für die roten Zahlen in den Geldbörsen der Frauen ins Leben rief. BPW Germany startete 1988 die Initiative Rote Tasche als Grundstein für die Einführung des Equal Pay Day. Inzwischen findet der Tag in über 20 europäischen Ländern statt.