Gründen

Mitarbeiterkapitalbeteiligung attraktiver gestalten – Startup-Verband fordert weitere Verbesserungen

Veröffentlicht vom Deutschen Startup Verband

Mitarbeiterkapitalbeteiligungen sind für Startups erfolgskritisch. Mit Hilfe von Mitarbeiterbeteiligungen können sie ihre Mitarbeitenden unmittelbar am Erfolg ihres Unternehmens beteiligen. Statt „nur“ Mitarbeiterin oder Mitarbeiter zu sein, werden Mitarbeitende im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen unmittelbar am unternehmerischen Erfolg beteiligt und identifizieren sich mehr mit „ihrem” Unternehmen. Dadurch wird Teilhabe geschaffen. Allerdings belegt Deutschland im internationalen Vergleich den letzten Platz, wenn es um die Rahmenbedingungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen geht. Es besteht hier (weiter) dringender Handlungsbedarf. Eine international wettbewerbsfähige Gesetzgebung für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme ist zentral, wenn es um die Stärkung des
Startup-Standorts Deutschland geht.

Rechtliche Rahmenbedingungen in Deutschland

Mit der Einführung des § 19a EStG zum 1. Juli 2021 hat der Gesetzgeber im Rahmen des
Fondsstandortgesetzes einen ersten Schritt getan, um die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen anzugehen. Allerdings bestehen weiterhin
deutliche Probleme: Für kleinere Startups ist die Regelung schlicht zu kompliziert und die
größeren, die sie gerne anwenden möchten, fallen auf Grund der KMU-Kriterien nicht in den
Anwendungsbereich.

Von dem Gesetz in seiner bisherigen Form geht daher leider nicht der erforderliche
beflügelnde Effekt auf das deutsche Startup-Ökosystem aus, den man sich erhofft hat.
Anwendungsfälle des § 19a EStG sind uns nicht bekannt. Deshalb sind Nachbesserungen
dringend notwendig. Eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen würde sich
positiv auf das Startup-Ökosystem auswirken.

Unsere Vorschläge

1. Ausweitung des Anwendungsbereichs

Die bestehenden Schwellenwerte (aktuell: weniger als 250 Beschäftigte und Jahresumsatz von maximal 50 Mio. EUR oder Jahresbilanzsumme von maximal 43 Mio. EUR) sollten ausgeweitet werden. In jedem Fall ist aber die Übergangsdauer, während derer nach Erreichen der Schwellenwerte die Förderung weiter beansprucht werden kann (derzeit ein Kalenderjahr), deutlich zu verlängern, auf z.B. fünf Jahre. Zudem sollte auf das Erfordernis, dass das Startup vor nicht mehr als zwölf Jahren gegründet wurde, verzichtet werden. Zumindest sollte der Zeitraum verlängert werden (wie z.B. in Frankreich auf 15 Jahre).

2. Revision der Nachversteuerungsvorschriften

Die gesetzlich angeordnete Nachholung der Besteuerung im Falle eines Arbeitsplatzwechsels, spätestens aber nach zwölf Jahren, führt erneut zum „Dry income“-Problem. Hier sind unbedingt weniger einschneidende Alternativen, die schon im letzten Gesetzgebungsverfahren erörtert wurden, zu finden. Denn solange Mitarbeitenden eine Besteuerung ohne Liquiditätszufluss droht, werden sie sich verständlicherweise nicht für eine entsprechende Form der Mitarbeiterkapitalbeteiligung entscheiden.

3. Schaffung von Bewertungsregeln

Wie in Frankreich sollte den speziellen Herausforderungen bei der Bewertung von Startups durch besondere gesetzliche Bewertungsregeln Rechnung getragen werden (z.B. Berücksichtigun  von Bewertungsabschlägen auf Grund abweichender Ausgestaltung von Anteilsklassen). So sollte der Arbeitgeber einen Anspruch darauf haben, sich den Wert der Anteile schon vor deren Gewährung verbindlich durch das Finanzamt bestätigen zu lassen.

4. Gewährleistung, dass die Umwandlung bereits bestehender virtueller Beteiligungsprogramme in echte Mitarbeiterkapitalbeteiligungen von der Neuregelung erfasst wird.

5. Ausweitung des Besteuerungsaufschubs auch auf die Sozialversicherung.

6. Klarstellung, dass das Erfordernis der Gewährung der Beteiligung „vom Arbeitgeber“ nicht so zu verstehen ist, dass die Gewährung von Anteilen durch den oder die Gründungsgesellschafter*in nicht privilegiert ist.

Freibeträge

Die Diskussion um die Erhöhung von Freibeträgen verfehlt nach unserer Ansicht das
eigentliche Thema: Denn anders als bei regelmäßigen Ausschüttungen von Großkonzernen
geht es bei Startups ausschließlich um das einmalige Ereignis eines Exits.
Für die von Startups genutzten Formen der Mitarbeiterkapitalbeteiligungen spielt der
jährliche Freibetrag daher kaum eine Rolle. Eine (erneute) Anhebung des Freibetrags würde
insofern die bestehenden rechtlichen und steuerlichen Herausforderungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen bei Startups verkennen und hätte keine positiven Effekte für das
Startup-Ökosystem.

Vorheriger Beitrag

Diese Stoffe begleiten Sie im Sommer im Büro

Nächster Beitrag

Mental (over)load | Das SHE works! Magazin im Juli 2022