Gründerinnen im Porträt

belinu: mentale Unterstützung via App

Wir leben in turbulenten Zeiten, die für sehr viele von uns von Sorgen, Ängsten, Schicksalsschlägen, Stress oder Überforderung geprägt sind. Jeder vierte Erwachsene erfüllt laut einer Statistik der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde im Laufe eines Jahres die Kriterien einer psychischen Erkrankung. Die neue App belinu, gegründet von Lisa Mutvar, reagiert nun auf diese Entwicklung und will eine Plattform schaffen, auf der sich Gleichgesinnte austauschen, sich gegenseitig Tipps geben oder einfach nur einander zuhören können. Eine digitale Selbsthilfegruppe quasi, ganz ohne Stuhlkreis.

Frau Mutvar, Sie haben “belinu” entwickelt. Eine App, die Menschen in schwierigen Situationen unterstützen soll. Was war für Sie der Auslöser Ihr eigenes Unternehmen zu gründen und die App ins Leben zu rufen?

Nach dem plötzlichen Verlust meines Partners war mein Leben von heute auf morgen komplett anders. Diese Zeit war eine einzige Herausforderung und es gab wirklich einige Hürden. Für mich war von Anfang an klar, dass ich diesen Weg nicht allein gehen möchte. Aus diesem Grund habe ich recht schnell nach Unterstützung und Hilfsangeboten gesucht. Das erwies sich allerdings als sehr schwierig. Es gab weder digitale Gesprächsgruppen, noch habe ich direkt professionelle Unterstützung bekommen. In dieser Zeit habe ich gemerkt, dass es vielen so geht wie mir. Man sucht zwar nach Unterstützung, doch das Angebot ist knapp, Wartezeiten sehr lange und einige Angebote sehr teuer. Nachdem ein bisschen Zeit verstrichen war, hatte ich noch immer den Wunsch diese Hürden anderen Menschen zu nehmen. Das war dann der Auslöser belinu zu gründen.

Die App versteht sich ausdrücklich nicht als Therapieplattform, sondern als begleitende Stütze. Wie kann sie Betroffenen helfen?

Richtig, das Ziel von belinu ist es nicht, Betroffenen schneller einen Therapieplatz zu verschaffen oder eine individuelle Therapie zu ersetzen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass viele Menschen sich zwar gerne mit dem Thema, welches sie beschäftigt, näher befassen möchten, eine Therapie jedoch nicht in Frage kommt. Andere sind sich unsicher und andere haben so lange Wartezeiten, dass sie die Zeit überbrücken möchten. An diesen Punkten setzen wir an. Hierfür arbeiten wir mit verschiedenen Psychologen und Experten aus unterschiedlichen Bereichen zusammen. Die Experten haben sehr viel Erfahrung in ihren Bereichen und begleiten täglich Menschen mit ähnlichen Herausforderungen. Von den Videokursen mit vielen Übungen und den Erfahrungswerten der Experten, sowie dem Schwarmwissen unserer Community, können Betroffene stark profitieren.

Auf Ihrer Website sprechen Sie von “Seelenfreunden”. Warum kann es hilfreicher sein mit Fremden, als mit Freunden oder Familie zu sprechen?

Ich selbst habe oft die Erfahrung gemacht, wie außergewöhnlich hilfreich der Austausch mit einer neutralen Person ist. Und dann auch noch mit einer Person, die im selben Boot sitzt und genau versteht, wovon man redet. Diese Gespräche sind nicht wertend, man muss sich selbst und die eigenen Gefühle nicht erklären und es herrscht pures Verständnis. Manchmal möchte man dem eigenen Umfeld auch mal eine Pause gönnen und mit Freunden nicht immer über die Trauer, etc. sprechen. Auch für Personen, die in ihrem nahen Umfeld keine Gesprächspartner oder Freunde haben, ist das super hilfreich.

“belinu” ist aber mehr als eine “digitale Gruppentherapie”. Neben dem Austausch mit Gleichgesinnten bietet die App aber noch mehr…

Ja tatsächlich liegt der große Fokus darauf Expertenwissen viel leichter zugänglich zu machen. Hierfür arbeiten wir mit verschiedenen Psychologen und Experten zusammen und entwickeln gemeinsam Kurse für die belinu App. Diese Kurse sind sehr praxisorientiert und es gibt viele Übungen und Tipps, die direkt im Alltag umgesetzt und integriert werden können. Diese Videokurse werden kontinuierlich erweitert.

Wenn ich belinu nutzen möchte, wie genau läuft der Onboardingprozess ab?

Das ist ganz einfach. Nach der Installation beginnt in der App direkt der Anmeldeprozess. Hier wird festgelegt über welche Themen man sich austauschen möchte, mit welchem Geschlecht, die Alterstgruppe wird festgelegt, das Profilbild und die Biografie. Hier können Nutzer in eigenen Worten beschreiben, worüber sie sich austauschen möchten. Dabei entscheiden die Nutzer zu jeder Zeit selbst wie viel sie von sich preisgeben möchten. Als Name muss nicht der echte Name verwendet werden, die Biografie muss nicht ausgefüllt werden und das Bild muss nicht von der Person selbst sein. So können die Nutzer selbst entscheiden, wie sie ihr Profil gestalten möchten. Die Informationen helfen allerdings sehr, um passendere Gesprächspartner zu finden.

Wie funktioniert im Gegenzug das Offboarding, wenn ich sage, dass ich die Unterstützung nicht mehr benötige/möchte?

Hier haben die Nutzer unterschiedliche Möglichkeiten. Generell können die Nutzer zu jeder Zeit die Sichtbarkeit ihres Kontos in der App deaktivieren. Somit sind sie in der Liste für neue Seelenfreunde nicht mehr sichtbar und sie können keine Kontaktanfragen mehr bekommen. Wenn man mit bestimmten Seelenfreunden nicht mehr sprechen möchte, kann man die Vernetzung lösen, den Chat stumm schalten oder löschen. Es liegt also immer beim Nutzer selbst, wie viel Kontakt zu anderen Mitgliedern gewünscht ist.

Kommen wir noch auf Sie als Gründerin zu sprechen: Wer hat Sie bei der App-Entwicklung und Gründung unterstützt?

Puh, tatsächlich haben mich sehr viele Menschen unterstützt. Vor allem meine Familie hat mir in jeglicher Hinsicht extrem unter die Arme gegriffen. Dafür bin ich sehr dankbar, da belinu ohne den Support meiner Familie nicht möglich gewesen wäre. Zusätzlich haben wir mit externen Freelancern zusammengearbeitet. Hier bin ich auch sehr dankbar über die zuverlässige und gute Zusammenarbeit.

Gab es besondere Hürden/Herausforderungen in der Gründungsphase? Wie sind Sie damit umgegangen?

Ja definitiv. Ich glaube in jeder Gründungsphase gibt es Hürden und Herausforderungen, mit welchen man nicht rechnet. Anfangs hat mich das alles wirklich sehr gestresst und auch ausgebremst. Doch man wächst mit seinen Aufgaben und jede Herausforderung anzunehmen und als Chance für Neues zu betrachten, hilft mir sehr. Auch zurückzublicken und sich immer wieder bewusst zu machen wie viel man bereits geschafft hat, hilft sehr mit Herausforderungen besser und selbstbewusster umzugehen.

Wie ist der Werdegang der App von der Idee bis jetzt? Welche Meilensteine haben Sie vielleicht schon erreicht?

Ein riesiger Meilenstein ist definitiv der App Launch. Hinter der App stecken so viel Zeit und Energie, dass es für uns ein riesiger Meilenstein war mit der ersten App auf den Markt zu kommen. In wenigen Wochen geht belinu auch mit Android an den Markt, das wird für uns ein weiterer wichtiger Schritt.
Ein weiterer Meilenstein ist der Aufbau unseres Experten Teams. Wir freuen uns sehr mit so großartigen Psychologen und Experten zusammenzuarbeiten und sind sehr begeistert von dem kontinuierlichen Wachstum unseres Teams.

“belinu” gibt es derzeit für Apple-Nutzer und soll auch demnächst für Android-Nutzer zur Verfügung stehen. Welche Wünsche und Träume haben Sie noch für “belinu” und sich selbst?

Unser Wunsch ist es so vielen Menschen wie möglich eine Unterstützung in herausfordernden Zeiten zu bieten. Eine Stütze, die zu jeder Zeit zur Verfügung steht. Viele Menschen fühlen sich in herausfordernden Lebensabschnitten allein gelassen. Auch hier möchten wir einen geschützten Raum bieten. Generell haben so viele Menschen das Gefühl, dass sie mit ihren Herausforderungen allein sind. Auch hier möchten wir transparent zeigen, dass dies nicht der Fall ist und es einige Menschen gibt, die im selben Boot sitzen.

Ihr Tipp: Was würden Sie anderen Gründerinnen empfehlen?

Wenn du deine Idee umsetzen möchtest, bleib dran. Der Weg kann vor allem zu Beginn sehr holprig sein. Hier muss man zu jeder Zeit dranbleiben und nicht aufgeben. Es ist ganz normal, dass es Hürden gibt, dass es länger braucht als geplant, dass es Durststrecken gibt. Man darf sich davon nur nicht unterkriegen lassen.

Vielen Dank!

Hier geht es direkt zur Website von belinu: www.belinu.com

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