Karriere

Volle Kraft für Rad und Job

Wie es gelingt, Beruf & Leidenschaft zu vereinbaren

Aus der Redaktion

Eigene Interessen und den Job unter einen Hut bringen, davon träumen viele Arbeitnehmende – insbesondere in der Gen Z. Jade Treffeisen ist dies gelungen. Die Leistungssportlerin fährt nun in ihrem dritten Jahr Gravelbike-Rennen auf höchstem Niveau. Dabei erzielte sie bereits einige beachtliche Erfolge: So fuhr sie beispielsweise bei der Gravel-Weltmeisterschaft 2022 auf Platz vier, 2023 belegte sie beim Unbound Gravel in den USA Rang zehn, zusätzlich erreichte sie mehrere Podiums- und Top 10-Platzierungen in der UCI Gravel World Serie. Und dies, obwohl die 32-Jährige gleichzeitig auch beim Digital Engineering Spezialisten Nagarro als SAP-Beraterin arbeitet. Im Interview berichtet Jade, wie ihr es gelingt, beides miteinander zu vereinbaren – und welche Rolle ihr Arbeitgeber Nagarro dabei spielt.

Jade, du bist quasi „Gravel-Profi“ und arbeitest gleichzeitig als SAP-Beraterin. Wie kamst du zu der Entscheidung, beides parallel zu betreiben?

Im Grunde handelte es sich dabei um keine bewusste Entscheidung, sondern hat sich so ergeben. Ich komme zwar aus einer ausgesprochen radsportaffinen Familie – vor allem mein Vater und mein Bruder sind seit langem leidenschaftliche Radfahrer –, in meiner Kindheit und Jugend war aber vor allem Reiten mein favorisierter Sport. Das änderte sich erst, als ich wegen des Studiums und des damit einhergehenden Umzugs nicht mehr zum Reiten kam. Da ich dennoch einen sportlichen Ausgleich suchte, entdeckte ich schließlich das Radfahren auch für mich. Gerade das Graveln, damals noch eine Disziplin in ihren Anfängen, erregte dabei meine Aufmerksamkeit, wohl auch wegen des ausgeprägten Offroad-Aspektes. Als ich begann, den Sport intensiver zu betreiben, war ich bereits seit einem Jahr bei Nagarro beschäftigt. Da ich mit der Arbeit dort sehr zufrieden war, wollte ich beides miteinander kombinieren. Zu diesem Zeitpunkt war es kaum absehbar, wie sich der Gravel-Sport entwickeln würde – und auch nicht, wie erfolgreich ich ihn betreiben könnte. Insofern stellte sich die Frage nach einer möglichen „Karriere“ erst nach meiner erfolgreichen WM-Teilnahme 2022, als ich mit Canyon einen wertvollen, neuen Sponsor gewann. Schrittweise professionalisierte ich dann das Training und die Erfolge verstetigten sich.

Profisport ist durch das intensive Training und die Wettbewerbe üblicherweise sehr zeitintensiv. Wie schaffst du es da, die Arbeit für Nagarro und den Radsport miteinander zu vereinbaren? Und: Wie sieht dabei dein üblicher Tagesablauf aus?

Tatsächlich ist es nur deshalb möglich, beides zu vereinbaren, da mich meine Chefin und das gesamte Team aktiv beim Sport unterstützen. So spreche ich zum Beispiel zu Jahresbeginn gemeinsam mit meiner Chefin über die berufliche Planung und wir stimmen diese mit meiner sportlichen Jahresplanung ab. Dabei beachten wir unter anderem, wann die Rennen stattfinden, wie viel Zeit die Anreise und das Erkunden der Rennstrecke kostet usw. Damit besteht Transparenz darüber, zu welchen Zeiten ich nicht vor Ort sein werde. In diesen arbeite ich dann entweder remote oder nehme Urlaub. Hilfreich ist dabei auch, dass uns Nagarro bis zu 30 Tage Workation im Jahr ermöglicht. Im Alltag versuche ich hingegen, das Training in die Arbeitswoche zu integrieren. Um das besser zu verwirklichen, habe ich zuletzt meine Arbeitszeit auf sechzig Prozent reduziert. Dienstags und mittwochs arbeite ich seither meist halbtags, donnerstags habe ich vollständig frei. Dadurch gewinne ich an diesen Tagen mehr Freiraum für das Training und für die ebenfalls sehr wichtigen Erholungsphasen. Dadurch erhoffe ich mir in Zukunft noch weitere Erfolge bei Wettbewerben. In der Woche trainiere ich momentan rund 15 bis 20 Stunden.

Vermutlich wäre es nicht in jedem Unternehmen möglich, Profisport und „klassische“ Berufstätigkeit zu verbinden. Welche Rolle spielte das für dich ursprünglich bei der Wahl des Arbeitgebenden?

Bei der Wahl des Arbeitgebenden spielte es zunächst keine Rolle. Immerhin begannen die Wettbewerbe erst an Fahrt zu gewinnen, als ich bereits bei Nagarro arbeitete. Es spielte allerdings eine große Rolle, um weiterhin beides vereinbaren zu können. Ohne die Möglichkeit zum Home-Office, flexible Arbeitszeiten oder zu Workations wäre es ansonsten kaum möglich. Hilfreich ist zudem der ausgeprägte Teamgedanke im Unternehmen. Im Notfall springen dann die Kolleginnen und Kollegen auch mal ein. Dafür bin ich ihnen ausgesprochen dankbar.

Female empowerment Gravel-Profi Gründerin Jade Treffeisen Nagarro Rad und Job SAP-Beraterin She Works! Unternehmerin

Jade Treffeisen / Foto Moritz Sauer Insta @moemoemoritz

Sport und Beruf sind zwei auf den ersten Blick grundverschiedene Welten. Dennoch kann es zu Synergien zwischen beiden kommen. Gibt es Erfahrungen bzw. Methoden aus einem der Bereiche, die dir im anderen helfen?

Durch den Sport habe ich gelernt, hartnäckig meine Ziele zu verfolgen. Auch dann, wenn ich sie nicht sofort erreiche. Dabei bemerke ich immer wieder: Wenn ich ein Ziel erreichen möchte, muss ich auch bereit sein, dafür Zeit zu investieren. Davon profitiert sicherlich auch Nagarro, denn in meinem Job handhabe ich es nicht anders. Umgekehrt hilft mir der Job beim Radfahren: Einerseits habe ich Gewissheit, dass ich nicht ausschließlich vom Erfolg beim Radfahren abhängig bin. Das gibt mir zusätzliche Sicherheit. Anderseits ergänzen sich so körperliche und mentale Betätigung. Ohne eines von beiden würde mir definitiv etwas fehlen!

Zu der Tätigkeit als Beraterin gehört, zumindest gelegentlich beim Kunden vor Ort zu sein und mit vorgegebenen Deadlines zu arbeiten. Gleichzeitig nimmst du an internationalen Turnieren teil. Wie schaffst du es unter diesen Bedingungen, zeitliche Überschneidungen zu vermeiden? Und: Wie sieht dein Training aus, während du beim Kunden vor Ort bist?

Durch die Grobplanung zu Beginn des Jahres wissen wir schon im Vorfeld, an welchen Terminen ich nicht vor Ort sein kann oder aber sein muss. Daher können wir schon frühzeitig Kundenbesuche so planen, dass es üblicherweise nicht zu Überschneidungen kommt. Viele meiner anderen Tätigkeiten kann ich dagegen unabhängig vom Ort ausführen, daher stellt sich dieses Problem dort nicht. Und was das Training betrifft: Natürlich funktioniert es bei Kundenbesuchen nicht immer wie gewohnt. In diesem Fall planen mein Coach und ich das entsprechend ein. Dann absolviere ich alternativ ein Laufprogramm oder lege gezielt eine Ruhewoche ein.

Zwei Tätigkeiten auf hohem Niveau parallel zu betreiben, klingt nach viel Arbeit. Kommt es deswegen bei dir manchmal zu Stress? Falls ja: Wie gehst du damit um?

Es kommt schon vor, dass ich mir denke: Mein Tag hat auch nur 24 Stunden. Wie soll ich das alles schaffen? Aber ehrlicherweise handelt es sich in der Regel eher um positiven Stress, denn prinzipiell schätze ich sowohl die Arbeit bei Nagarro als auch das Radfahren. Mittlerweile habe ich zudem gelernt, Aufgaben abzugeben – oder anders zu priorisieren. Dennoch bleibt es vor allem eine Frage des Mindsets: Ich mag es halt, einen gewissen Druck zu verspüren.

Gerade der Gen Z ist es häufig wichtig, Arbeit und anderweitige Interessen besser miteinander in Einklang zu bringen. Dir gelingt das offenbar hervorragend. Hast du daher praktische Tipps, an denen sich Arbeitnehmende orientieren können? Und: Was können Arbeitgebende ggf. von Nagarro lernen?

Female empowerment Gravel-Profi Gründerin Jade Treffeisen Nagarro Rad und Job SAP-Beraterin She Works! Unternehmerin

Jade Treffeisen / Foto Moritz Sauer (Insta @moemoemoritz)

Jedem, der neben der Arbeit noch einer anderen zeitintensiven Tätigkeit – sei es einer Sportart, ehrenamtlichem Engagement oder auch privater Pflege – nachgeht, rate ich prinzipiell, dies im Team und beim Vorgesetzten offen zu kommunizieren. Meine persönliche Erfahrung zeigt mir, dass viele Menschen sehr verständnisvoll und hilfsbereit sind, wenn sie wissen, warum man Unterstützung braucht. Transparenz ist also Trumpf. Je voller der Tag, desto wichtiger wird zudem die Planung. Diese sollte auch Freiräume und Erholungsphasen für einen selbst beinhalten. Und was die Arbeitgebenden angeht: Sie können den Mitarbeiter*innen helfen, indem sie diese mit Angeboten wie Remote Work oder flexiblen Arbeitszeitmodellen unterstützen. Mir ist bewusst, dass es nicht in allen Tätigkeitsfeldern gleichermaßen möglich ist. In vielen aber schon. Ein erster Schritt wäre es daher, es in solchen Fällen auch zu ermöglichen. Nagarro ist ein gutes Beispiel dafür, dass es funktioniert.

Jade, wir danken Dir für dieses Gespräch und wünschen Dir weiterhin viel Erfolg!

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