Kirsten Roschlaub: Positiv durch die Krise – Ein Erfahrungsbericht
Wir alle stecken in der Krise. Für einige Menschen ist es die Erste, für viele vielleicht die Größte. Ich selbst habe bereits eine große Lebenskrise hinter mir. Vor einigen Jahren musste ich Privatinsolvenz anmelden und meine Galerie aufgeben. Damals bin ich durch die Hölle gegangen und hätte niemals gedacht, dass mich diese Zeit langfristig tatsächlich stärken würde. Ein bisschen fühlt es sich heute an, als sei ich immun. Immun gegen Krisenpanik, denn ich habe während meiner persönlichen Krise viele Dinge gelernt, die mir jetzt in diesem Ausnahmezustand, der mit Corona einhergeht, helfen. Die vielleicht wichtigste Erkenntnis: Das Schlimmste an einer Krise sind nicht, die schrecklichen Dinge, die passieren könnten oder werden, sondern die Furcht vor dem, was alles kommen kann – die Angst vor der gesellschaftlichen Schande, die Unvorstellbarkeit, wie das Leben überhaupt weitergehen kann, das Gefühl des Scheiterns, das schlimmstenfalls auch noch in aller Öffentlichkeit stattfindet. Für mich war der größte Horror, Insolvenz anzumelden.
Als die Entscheidung aber erst einmal gefallen war, stellte sich sofort ein kleines bisschen Erleichterung ein. Allerdings war da dann auch eine große Leere. Nach der Zeit der Heilung musste neuer Mut gefasst und der Glaube an neue Möglichkeiten wiedergefunden werden. Ich habe nach einigen Jahren Pause eine neue Galerie eröffnet und bin zuversichtlich, dass es nach Corona weitergeht. Wenn nicht, muss ich mir schweren Herzens etwas Neues einfallen lassen.
Ich werde oft gefragt, wie ich die Krise durchstehe. Das Allerwichtigste: niemals jammern!
Schon gar nicht vor den Kunden. Was bringt das? Viel effektiver ist es – ganz im Gegenteil – Optimismus und Freundlichkeit zu verbreiten. Gerade in der Krise positive Signale zu setzen, hat einen unglaublich nachhaltigen Effekt, da bin ich ganz sicher. Meine Hamburger Lieblingsboutique „Anita Hass“ zum Beispiel hat ihren Kunden Blumen nach Hause geschickt, als die Läden zumachen mussten. Das sind Aktionen, die zwar kein Geld in die Kassen spülen, die die Kunden aber niemals vergessen.
Die Gewinner der Krise sind diejenigen, die selbst in der aussichtslosesten Situation dank kreativer Ideen in Kontakt oder im Gespräch bleiben: der Lieblingsitaliener, der jetzt nach Hause liefert, To-go-Gerichte anbietet oder Anreize durch Rabattaktionen oder andere Goodies schafft und sich so über die Durststrecke rettet.
Am meisten nervt mich das Geschrei nach dem Staat, der alles richten, uns aber gleichzeitig bitte schön nichts vorschreiben soll. Nur wenn wir alle mithelfen, können wir gut durch diese Krise kommen.
Noch wissen wir nicht, wann ein Alltag wie vor Corona wieder möglich ist und inwieweit sich die Bedürfnisse und die Nachfrage der Kunden verändert haben. Vielleicht funktioniert die Geschäftsidee, die vor Corona grandios war, in einer veränderten Welt nicht mehr. Ich bin aber der Überzeugung – das hat mir meine eigene Biografie gelehrt: Alles, was man bisher erreicht hat, kann man wieder erreichen. Einfach wieder aufstehen! Was an dieser Krise fast schon ein wenig tröstlich ist: Sie trifft uns alle.
Niemand ist darin so ganz allein.