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Equal Pay Day: Skandal war Auslöser

22% verdienen Frauen in Deutschland im Durchschnitt weniger als Männer. Das führt dazu, dass sie quasi bis zum 20. März eines jeweiligen Jahres umsonst arbeiten. Um auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen, wird an diesem Tag der sogenannte Equal Pay Day begangen.

Organisiert wird dieser Tag vom BPW. SHE works! hat mit der Präsidenten des BPW Germany, Henrike von Platen, über den EPD 2015 gesprochen.

Henrike von Platen Fotographin Inga Haar

Henrike von Platen | Fotografin: Inga Haar

Frau von Platen, wie kam 2008 die Idee auf, diesen US-amerikanischen Aktionstag nach Deutschland zu holen?

Die damalige BPW Präsidentin, Rechtsanwältin Dr. Bettina Schleicher, erkannte den richtigen Moment dafür. Sie nutzte ihre Rolle als EU Botschafterin für Diversity im „Europäischen Jahr der Chancengleichheit 2007“ zur medienwirksamen Ankündigung der „Initiative Rote Tasche“ als dem deutschen Beitrag zu diesem Jahr. Zahlen hatte das Statistische Bundesamt frisch geliefert: Die Lohnlücke betrug damals 23 Prozent. Der Skandal hatte somit einen Rahmen, eine Zahl und ein Symbol.

Der BPW startete damals die Aktion unter dem Titel „Rote Tasche“. Was versteckte sich hinter diesem Namen?

Die roten Taschen machen auf die roten Zahlen im Portemonnaie der Frauen aufmerksam. Dieses Sinnbild schufen bereits 1988 die amerikanischen Business and Professional Women mit der „Red Purse Campaign“. Diesen Gedanken griff der BPW Germany auf.

Und wie reagierte Deutschland auf das Projekt?

Der Equal Pay Day begeistert Massen und schafft es, dass auch jenseits von Expertenkreisen über die Gründe für die Lohnlücke diskutiert wird. Bereits der erste Aktionstag 2008 konnte praktisch aus dem Stand rund 6.000 Frauen mobilisieren. Seitdem wächst die Zahl Beteiligten aus allen gesellschaftlichen Gruppierungen: Beim EPD 2015 forderten Frauen und Männer in ganz Deutschland mit über 1.000 Aktionen Lohngerechtigkeit und mehr Transparenz.

Heute ist der Equal Pay Day eine Aktion, die auch große Unterstützung von politischer Seite erfährt. War das schon immer so?

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) förderte von Anfang an die Kampagne zum EPD. Seit September 2011 fördert das BMFSFJ darüber hinaus die Geschäftsstelle Forum Equal Pay Day, die ganzjährig durch die Setzung von Schwerpunktthemen und die Durchführung der Foren inhaltlich auf den EPD vorbereitet und die zahlreichen Aktiven mit Leitfäden und Werbemitteln unterstützt.

Seit acht Jahren wird der EPD nun bereits in Deutschland begangen. Was hat der BPW in dieser Zeit bereits erreicht?

Wir haben die Diskussion über die Lohnlücke auf breiter Basis angestoßen und der Equal Pay Day hat sich zu einer festen Größe auf der politischen Agenda entwickelt. Leider zeigen die Zahlen des Statistischen Bundesamts, dass sich die Lohnlücke in den vergangenen Jahren gerade mal um ein Prozent gesenkt hat. Doch das darf uns und die vielen Aktiven nicht entmutigen. Das zunehmende Bewusstsein über die Entgeltungleichheit und die politischen Maßnahmen werden ihre Wirkung entfalten. Wir haben einen gesetzlichen Mindestlohn, der helfen wird, die Lücke von unten zu schließen. Das ElterngeldPlus und der Ausbau von Kitas verbessern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Neu ist auch die Quote für Frauen in Aufsichtsräten. Und wir werden ein Entgeltgleichheitsgesetz bekommen. Das alles sind wichtige Schritte auf dem Weg zur Entgeltgleichheit. Daher lautet unsere Devise: Dran bleiben.

Der Auftakt der diesjährigen Kampagne wurde von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig begleitet. Haben sich bislang alle Bundesfrauenministerinnen für den EPD engagiert?

Ja, wir hatten immer die volle Unterstützung des BMFSFJ. Den ersten Equal Pay Day begleitete Frau von der Leyen, dann konnten wir das Projekt mit Frau Schröder fortsetzen. Bundesministerin Manuela Schwesig zeigt, dass ihr die Schließung der Entgeltlücke ein besonderes Anliegen ist – nicht nur durch ihr persönliches Engagement bei unseren Veranstaltungen, sondern insbesondere, da sie wichtige gesetzliche Regelungen auf den Weg bringt.

Kommen wir einmal auf das Thema an sich: Wie kann es sein, dass in einem Land, in dem die Gleichheit der Geschlechter sogar per Gesetz festgehalten ist, es immer noch eine solche Ungleichbehandlung geben kann?

Die Entgeltlücke hat viele Ursachen, die sich wechselseitig verstärken. Es fehlt an Transparenz, an eindeutig beschriebenen Arbeitsanforderungen, an Wertschätzung frauentypischer Berufe, an gesetzlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen und an anderem mehr. Es darf keine Fehlanreize und Signale geben, die das Rollenbild vom Alleinverdiener und der Hinzuverdienerin zementieren. Nur wenn wir diese Baustellen in gemeinsamer Anstrengung bekämpfen, werden faire Löhne nicht nur auf dem Papier, sondern in der Lebenswirklichkeit zur Normalität.

Werfen wir einen Blick ins nächste Jahr: Wird es wieder eine Kampagne für den EPD geben?

Ja, der Auftakt der diesjährigen Kampagne mit dem Schwerpunktthema „Transparenz“ war zugleich der Start in die neue 3-Jahres-Projektphase. Gemeinsam mit dem BMFSFJ und dem Beirat, der im September 2014 das erste Mal zusammentrat, arbeiten wir bereits an der Ausgestaltung der Kampagne 2016. Das Datum des nächsten Equal Pay Day werden wir in Kürze bekannt geben.

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