Rita Schmidt: „So mache ich es“
Ein Erfahrungsbericht von Rita Schmidt
Seneca, ein römischer Dichter und Philosoph, hat einmal gesagt: „Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer.“ Als ich mit 17 Jahren erfuhr, dass ich schwanger bin, war das für mich eine Achterbahn der Gefühle. Ab jetzt Verantwortung für ein kleines Baby zu übernehmen, welches rund um die Uhr meine Fürsorge benötigt, jagte mir am Anfang ziemliche Angst ein. Aber es überwiegte auch Freude und Stolz, dass ich bald Mutter eines kleinen Erdengeschöpfs sein würde. Mein eigenes Fleisch und Blut. Mit 17 Jahren ist man allerdings noch recht jung und unerfahren und weiß ziemlich wenig von der Welt. Zumindest wird das einem immer eingetrichtert. Auch bekommt man recht viele lieb gemeinte Ratschläge auf den Weg, wie beispielsweise: „ein Studium kannst du jetzt wohl vergessen, du bist ja jetzt Mutter.“
Über solche Ratschläge habe ich mich immer geärgert. „Warum soll ich als Frau mit Kind nicht meine Träume und Wünsche verwirklichen können und dürfen?“. Eine Studie aus dem Jahr 2022 hat herausgefunden, dass viele Frauen davor zurückschrecken Mutter zu werden. Als Gründe wurden von den Befragten angegeben, dass sie fürchten Kindeserziehung und Berufsleben nicht ausgewogen managen zu können. Etliche Studienteilnehmerinnen gaben an, dass sie mit Kind und Beruf sehr wahrscheinlich überlastet wären. Zudem hatten sie bedenken, dass der berufliche Wiedereinstieg nach der Elternzeit durchaus schwieriger werden könnte.
Ich war schon immer eine Kämpfernatur, dementsprechend habe ich solche Befürchtungen schnell abgeschüttelt. Ich wollte für meinen Sohn da sein und gleichzeitig ihm auch die Sicherheit geben wohlbehütet aufzuwachsen. Es blieb mir also nicht viel Zeit darüber nachzudenken, ob ich mit Kind beruflich vorankomme oder mir Steine in den Weg gelegt werden. Ich habe mich an das Zitat von Seneca gehalten und gesagt: „So mache ich es.“ Während meine Schulkolleginnen und-kollegen auf die Uni gingen, habe ich eine Ausbildung zur Logistik-Kauffrau begonnen. Heutzutage ist es ja fast schon so, dass junge Frauen und Männer, die nicht studieren, gewissermaßen als „Verlierer“ angesehen werden. Ganz nach dem Motto: „Schaut her, er oder sie waren zu dumm zum Lernen.“ Dabei ist eine praktische Ausbildung eine tolle Sache, denn sie bereitet einen auf die harte Arbeitswelt besser vor als Akademikerinnen und Akademiker, die während ihrer Studienzeit wie eine Raupe in ihrem Kokon eingehüllt sind und dann nach ihrem Abschluss auf das harte Leben treffen.
Mit einem jungen Kind auf dem Arm und einem unerschütterlichen Willen, etwas zu erreichen, bin ich nach dem Ende meiner Ausbildung in die Schweiz gezogen, um dort als Sachbearbeiterin für ein Logistikunternehmen, das auf den Bereich Seefracht spezialisiert ist, zu arbeiten. Die Eidgenossenschaft ist ein gefragter Standort für diese spezielle Branche. Da ich während meiner Lehrzeit mit dem Thema Seefracht in Berührung kam und dieses mich von Anfang an begeisterte, fiel mir der Umzug ins benachbarte Ausland nicht ganz so schwer, wenngleich es schon eine große Umstellung war.
Eine Erfahrung, die ich schon während meiner Ausbildung in Deutschland machen musste ist, dass die Logistikbranche und speziell die Seefracht eine sehr männerdominierte Branche ist, in der Frauen beruflich untergeordnete Positionen einnehmen. Weibliche Führungskräfte in diesem Sektor findet man so gut wie gar nicht. Für mich war allerdings klar, dass ich mich diesem System nicht unterordnen will. Die Annahme, Männer können nur Chef, Frauen können nur Sekretärin sein, wollte ich nicht annehmen. Ich wollte etwas ändern und mich aus den patriarchalen Strukturen, die vor allem in der Schweiz noch gang und gäbe sind, lösen.
Ich wusste, ohne akademischen Hintergrund habe ich es als Frau in der Logistik nicht leicht weiterzukommen. Man schaut dort schon sehr auf akademische Titel. Deshalb habe ich mich für ein BWL-Fernstudium an der IU Internationalen Hochschule entschieden, denn ich wollte auf mein Familienleben nicht verzichten.
Meine Abschlussarbeit habe ich dann zum Thema „Attraktivität von Frauen in der Logistikbranche“ geschrieben. Dieses Thema spielt auch in meinem täglichen Arbeitsleben eine besondere Rolle, denn ich gehöre zu den wenigen Frauen, die es in meinem Berufsfeld auf eine Führungsposition geschafft haben. Als Leiterin für Qualitätsmanagement kümmere ich mich um den reibungslosen Ablauf des unternehmensinternen Managementsystems und bin hierbei auch maßgeblich mit IT-Prozessen betraut.
Meine Geschichte ist ein Beweis dafür, dass es möglich ist, Familie, Karriere und persönliche Ziele zu vereinen. Es erfordert Mut, Entschlossenheit und die Bereitschaft, Herausforderungen anzunehmen. Hier sind einige Tipps, die ich gerne weitergeben möchte:
- Setzt euch klare Ziele und erstellt euch einen realistischen Zeitplan, der es euch ermöglicht, Familie, Studium und Arbeit zu integrieren.
- Priorisiert eure Aufgaben und lernt, effizient zu sein. Nutzt jede Gelegenheit zum Lernen, auch wenn es nur kurze Zeitfenster sind.
- Seid flexibel und offen für Veränderungen. Manchmal muss man den Zeitplan anpassen oder neue Wege finden, um Herausforderungen zu bewältigen.
- Bleibt optimistisch und glaubt an euch selbst. Mit Entschlossenheit und Ausdauer könnt ihr eure Ziele erreichen, egal wie schwierig sie auch sein mögen.
Ich hoffe, meine Geschichte ermutigt andere Frauen, ihre Träume zu verfolgen, egal welche Hindernisse sich ihnen in den Weg stellen. Mit Mut und Entschlossenheit kann alles erreicht werden, was Frau sich vornimmt.
Rita Schmidt hat an der IU Internationalen Hochschule im Fernstudium studiert und ist Leiterin für Qualitätsmanagement in einem Schweizer Logistikunternehmen.
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