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Gründen Frauen anders und Mütter noch mal anders? – 5 Tipps für Female Founders

Von Ekaterina Arlt-Kalthoff

Ekaterina Arlt-Kalthoff / Foto privat

Ein klares Ja – „Mütter gründen anders und Frauen sowieso“. Das kann ich selbst aus Erfahrung bestätigen. Ich gründete drei Unternehmen: eins vor der Mutterschaft, eins während der Elternzeit und das dritte in der Corona-Pandemie. Jede Gründung war anders.

Das erste Mal gründete ich, bevor ich schwanger wurde. Ich baute meine Selbstständigkeit nebenberuflich auf und es dauerte zwei Jahre, bis ich den Schritt in die Vollzeitselbstständigkeit wagte. Heute weiß ich, wie es schneller geht. Ich beriet insgesamt sieben Jahre lang als selbstständige Expertin für Loyalitätsmarketing Unternehmen wie BOSCH, Dekra oder die Haufe Akademie.

Dann kam unser Sohn zur Welt. Als er neun Monate alt wurde, ging unser gebraucht gekaufter Kinderwagen kaputt. Auf der Suche nach Alternativen zum Kauf kam ich auf die Idee für Mami Poppins. Die Gründung dauerte diesmal nur drei Monate. Heute ist das der erste Shop Deutschlands, in dem Familien Babyausstattung mieten und kaufen können.

Als die Pandemie ausbrach, fragten mich Mütter über meine Mami Poppins Social-Media-Kanäle nach Tipps für den Aufbau eines eigenen Onlineshops. Die Idee eines Blogs namens „StartUp MOM“ war geboren. Ich baute die Website übers Wochenende auf und schrieb erst mal über das Thema „Gründen“. Sechs Monate später entstand auch das erste Produkt, mithilfe von sechs weiteren Unternehmerinnen – der erste MOM Accelerator Deutschlands. Es ist ein 6-monatiges Mentoring Programm für Gründerinnen mit Kind, das online und live stattfindet.

Drei Lebensphasen – drei Unternehmensgründungen, und je öfter ich gründe, desto schneller und besser verlief der Gründungsprozess. Nach 15 Jahren Gründungs- und Unternehmenserfahrung habe ich hier meine wichtigsten fünf Tipps zusammengestellt, die dir helfen sollen, erfolgreicher und schneller das eigene Unternehmen zu starten und zu führen.

Tipp 1 für Female Founders – Gründen kann gegen Altersarmut ein Ausweg sein

Immer noch kümmern sich viel zu wenige Frauen um ihre Finanzen. Als Bulgarin, die 1991 mit 16 nach Deutschland kam, kenne ich das Thema Altersarmut aus eigener Erfahrung. Bei uns kommen Oma und Opa nicht über die Runden, wenn sie nicht bei den eigenen Kindern leben. Sie übernehmen die Kinderbetreuung und dafür werden sie von der jüngeren Generation finanziell abgesichert. Eine Win-Win-Situation, die in Deutschland nicht gängig ist.

Fakt ist, dass in Deutschland Frauen federführend die Care-Arbeit übernehmen und das unbezahlt. Dies bestätigt auch die Auswertung des WSI GenderDatenPortals. Wenn erwerbstätige Frauen mehr unbezahlte Arbeit leisten und dafür auch schlechter bezahlt werden (Gender-Pay-Gap), dann kommen sie nie auf einen grünen Zweig. So kommen viele Frauen auf den Gedanken aus dieser Spirale auszubrechen und lieber selbst zu gründen, aber aus Rücksicht auf die Familie oder aus Angst vor Verschuldung trauen sie sich nicht diesen Weg einzuschlagen.

Daher mein Tipp, wenn du eine Unternehmerinnentätigkeit als einen Ausweg aus der Altersarmut siehst, dann lass dich nicht von Aussagen anderer entmutigen. Viel zu oft wird veraltete Denke weitergetragen, wie „Wer selbstständig ist, arbeitet selbst und ständig“. Gerade heutzutage können Unternehmen so aufgebaut werden, dass sie flexibel an die Bedürfnisse deiner Lebensphase angepasst werden können. Wie das geht, erlernen unsere Gründerinnen Schritt für Schritt bei unserem 6-monatigen Mentoring-Programm. Es ist auch eine gute Finanz-Schule, da wir neben der erfolgreichen Vermarktung auch Themen wie Steuern, Buchhaltung und Versicherungen sowie Money-Mindset, Preisgestaltung und Neukundengewinnung für Frauen behandeln.

Solltest du noch keine Idee haben, womit du dich selbstständig machen kannst, dann empfehle ich dir unsere Workshops „Idea Day“ und den „Mini-Idea-Sprint“. Beim 2-stündigen Online-Workshop „Idea Day“ entwickeln wir in der Gruppe erste Businessideen, die anschließend beim „Mini-Idea-Sprint“ im geschützten Raum getestet werden können.

 Tipp 2 für Gründerinnen – Vereinbarkeit beginnt im Kopf (oder in der Familie?)

Wie bereits oben erwähnt, kenne ich es aus meiner Kindheit in Bulgarien, dass Oma und Opa die Kinderbetreuung nachmittags übernahmen. So war überhaupt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für junge Familien möglich.

In Deutschland ist die Situation anders! Daher ist es wichtig, dass wir als Frau, am besten noch vor der Familienplanung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei Partnern und Arbeitgebern thematisieren. Natürlich hört sich das erst mal abschreckend an, aber das hat auch sehr viel mit Mindset und der Bereitschaft, für sich einzustehen, zu tun. Denn aus meiner Sicht beginnt die Vereinbarkeit im Kopf. Wenn wir das Thema weder privat noch beruflich thematisieren und nicht neu verhandeln, wird es lange dauern, bis sich in unserer Gesellschaft für Frauen etwas ändert!

Wenn Paare sich darauf gemeinsam verständigen, auch bei einer Gründung, die Care- und Haushaltsarbeit sowie die Finanzen gerecht aufzuteilen, dann würden sich auch mehr Gründerinnen trauen zu starten.

Bei Frauen mit Kind ist das Thema „Gründen“ sogar eine Familiensache. Das wird mir auch in den Gesprächen mit Gründerinnen bestätigt. Die weitreichende Entscheidung, ein eigenes Business und damit zunächst in eine ungewisse finanzielle Zukunft zu starten, muss mit dem Partner oder der Partnerin abgestimmt werden.

Daher mein Tipp… Hole frühzeitig deine Familie mit ins Boot und mach eine klare Vereinbarung, wie ihr euch aufteilt und wie du beim Gründungsprozess entlastet wirst. Sprich darüber auch mit Freunden und Nachbarn. Du wirst sehen, da gibt es einige, die dir mal gerne auch die Kinder abnehmen.

Tipp 3 für angehende Unternehmerinnen – nutze die Effectuationmethode

Wenn Frauen gründen, ist ihnen wichtig, dass sie flexibel und entsprechend ihren zeitlichen und finanziellen Ressourcen arbeiten können. Sicherheit und der stete Überblick über die nächsten Schritte stehen an oberster Stelle. Außerdem bauen Frauen ihr Unternehmen gerne in ihrem eigenen Tempo auf – passend zur Familiensituation! Das bedeutet – die Gründung muss flexibel gestaltbar sein. Deshalb verwenden wir beim MOM Accelerator die Effectuationmethode, die für unsere StartUp MOMs eine sichere Anleitung zum Gründen liefert.

Dieser Ansatz wurde von einer jungen Forscherin namens Saras Sarasvathy „entdeckt“. Sie wollte nachvollziehen, was das Geheimnis erfolgreicher Gründer:innen ist, und stellte Folgendes fest: Erfolgreiche Unternehmer:innen beschäftigen sich nicht wie in der konventionellen BWL-Lehre mit Absatzprognosen und Marktforschungen. Stattdessen entscheiden sie scheinbar viele Dinge „aus dem Bauch heraus“. Deshalb begleitete Prof. Sarasvathy und ihr Team diese Unternehmer:innen beim Erstellen eines Geschäftskonzeptes. Dabei kam heraus, dass alle Teilnehmer der Studie sich an folgenden fünf Fragen orientierten:

  • Was ist der Sinn und Anlass meiner Selbstständigkeit?
  • Was ist gewiss und was ist ungewiss, also worauf kann ich mich einstellen?
  • Welche Ressource habe ich zum jetzigen Zeitpunkt?
  • Was ist mein leistbarer Verlust, also wie viel kann ich zu Beginn investieren, ohne mich komplett zu verkalkulieren? Und
  • Welche Netzwerke und Partner habe ich, mit deren Unterstützung ich rechnen kann?

Nutze auch du diese fünf Fragen für deine Gründung als Anleitung. Die Effectuation Methode passt aus meiner Erfahrung heraus sehr gut zu Female Founders.

Tipp 4 für Female Founders– trau dich mehr, auch in der Öffentlichkeit

Wer kennt diesen Gedanken nicht: „Bevor ich meine Idee umsetze, muss ich erst Weiterbildung XYZ machen!“. So denkt Frau, Mann nicht. Da können wir ruhig etwas mehr von den Männern lernen. Im Land der Zertifikate, die gerne sichtbar an der Wand hängen, glauben viele Gründerinnen, dass sie nicht qualifiziert genug sind.

In Gesprächen mit Interessentinnen für unser Mentoring Programm wird mir immer wieder die gleiche Frage gestellt: „Bin ich gut genug?“. So bremsen Frauen sich selbst aus.

Frauen brauchen mehr Empowerment!

Frauen sind sehr selbstkritisch und erleben genug Kritik von außen – entweder sind wir zu jung und unerfahren oder wir sind überqualifiziert. Natürlich pauschalisiert diese Aussage, doch eine Tatsache steht fest – es gibt zu wenige Unternehmerinnen und wir brauchen mehr davon. Das geht nur, wenn auch andere Frauen, Männer und die Politik, die weibliche Art der Führung bzw. der Gründung in unserer Gesellschaft und Unternehmenslandschaft aktiv unterstützen!

Auch sollten wir uns Frauen mehr in die Öffentlichkeit trauen. Gefühlt gibt es zu wenige Beispielunternehmerinnen oder auch sog. Role Models in der Presse, vor allem dann nicht, wenn es sich um Einzelgründerinnen handelt. Kein Wunder, denn die Medien in Deutschland werden mehrheitlich von Männern geführt, wie eine Studie von Pro Quote das bestätigt. Daher behandeln wir im Mentoring Programm vertiefend auch das Thema Markenaufbau mithilfe von Pressearbeit.

Der Tipp – frühzeitig in die Öffentlichkeit zu gehen – setzen unsere Accelerator-Teilnehmerinnen Jana Schandua von Granny-Angels.de oder auch das Team von FreeMOM, Lena und Annika, sehr erfolgreich für sich um.

Lass dich nicht verunsichern, hole dir frühzeitig Feedback ein und gehe nach einer guten Vorbereitungsphase auch an die Öffentlichkeit mit deiner Businessidee. So kommst du schneller und erfolgreicher voran und sparst dabei Zeit und Geld beim Gründen.

Tipp 5: Hole dir frühzeitig eine oder mehrere Mentor:innen an deine Seite

Laut dem Female Founders Report von 2021 gründen Frauen in 50,5 Prozent der Fälle in geschlechterübergreifenden Gründerteams. Am zweithäufigsten gründen Frauen alleine. Gerade Einzelgründerinnen brauchen Sparringspartner:innen, damit sie sich weiter entwickeln können. Frauen lernen gerne von anderen und tauschen sich auf Augenhöhe aus. Daher sind Gleichgesinnte, also andere Gründer:innen oder erfahrene Mentor:innen, für sie besonders wertvoll. Wenn Frauen im stillen Kämmerlein vor sich her planen, verlieren sie nach meiner Erfahrung leichter den Mut zu gründen.

Die Vorteile eines Mentorings sind vielfältig. Die Mentor:innen bringen nicht nur ihr Wissen, sondern auch ihr Netzwerk mit ein. Diese können über die Zeit nachhaltige und wichtige Verbündete für dein Business werden. Außerdem liefern Mentor:innen beim komplexen Gründungsprozess Orientierung.

Bei StartUp MOM habe ich bewusst darauf geachtet, dass wir nicht nur eine, sondern sieben Expertinnen auf unterschiedlichen Fachgebieten haben. Außerdem war mir wichtig, dass die Mentor:innen auf Augenhöhe mit unseren Gründerinnen zusammen arbeiten und bereit sind ihr Netzwerk mit einzubringen. Auf diesen Schatz zuzugreifen ist unbezahlbar, denn dieses Netzwerk bleibt den Gründer:innen lange erhalten.

Auch solltest du vor der Vereinbarung einer Zusammenarbeit die Verfügbarkeit der Mentor:innen erfragen. Zu uns sind mehreren Mentees schon gekommen, weil ihre früheren Mentor:innen nicht mehr erreichbar waren. Das war besonders dann der Fall, wenn das Mentoring kostenlos war.

Folgende Tipps kann ich dir daher für die Auswahl von Mentor:innen geben: Ein bezahltes Mentoring kann sich oft besser auszahlen als ein kostenloses Mentoring, denn dann sind beide Seiten motivierter zusammen zu arbeiten. Auch solltest du vorab die Branchenkenntnisse der Mentor:innen berücksichtigen. Legt gemeinsam fest, wie oft euer Austausch stattfinden soll. Auch die Form des Mentorings ist wichtig: Bei uns findet jede Woche eine online Q&A Session mit einer unserer sieben Mentorinnen statt. So können unsere StartUp Moms flexibel von überall aus daran teilnehmen und alle Sessions werden aufgenommen. So kann ein Mentoring auch noch mal angeschaut werden.

Weitere Informationen zu unserem Female Mentoring Programm findest du auf unserer Website www.startup-mom.de .

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