Verantwortungsvoll müssen Vorbild-Unternehmerinnen sein
Ottilie Dreier ist nach ihrer Ausbildung zur Goldschmiedin in die Heimat Rheda-Wiedenbrück zurück und hat sich dort mit einem eigenen Laden und einer Werkstatt selbstständig gemacht. Im Rahmen der Initiative Frauen unternehmen des BMWi hat sie sich zur Vorbild-Unternehmerin wählen lassen.
Frau Dreier, ist die Goldschmiedekunst eigentlich ein Beruf, den eher Frauen oder Männer ausüben?
Die Rollenverteilung des Goldschmieds hat sich in den letzten 30 Jahren stark verändert. Mittlerweile werden tatsächlich mehr Frauen ausgebildet als früher. In den aktuellen Lehrjahren der Auszubildenden liegt eine Rollenverteilung von 4:1 vor, das hat sich also komplett umgekehrt. Ein Grund ist sicher die Verdienstmöglichkeit, die ein Goldschmied oder eine Goldschmiedin haben. Während der Ausbildung und der ersten Gesellenzeit verdient man nicht so gut . In jeder handwerklichen Ausbildung verändern sich die Verdienstmöglichkeiten durch die berufliche Erfahrung und durch die persönlichen Qualifikationen.
Ein weiterer Grund für den Anstieg des weiblichen Anteils ist sicher, dass Frauen ihre handwerkliche Geschicklichkeit und das Gestalten und Entwerfen von Schmuckstücken gut kombinieren können mit ihrer Familienplanung und sehr individuell arbeiten können.
Die Entwicklung meiner Branche ist allerdings harten Rahmenbedingungen unterworfen, da die industrielle Herstellung von Schmuck eine große Konkurrenz darstellt.
Haben Sie Ihr Geschäft selbst eröffnet oder übernommen?
Ich habe mein Geschäft selbst gegründet. Nach meiner Ausbildung zur staatlich geprüften Schmuckgestalterin und Goldschmiedemeisterin habe ich mich in meiner Heimatstadt Rheda Wiedenbrück selbständig gemacht. In der näheren Umgebung gab es keine einzige selbständige Goldschmiedin. Und so habe ich damals die Goldschmiede eröffnet, ganz modern mit Galerie und offenem Blick in die Werkstatt. Ich lege großen Wert auf die Dekoration und Präsentation meiner handgearbeiteten Schmuckstücke. Das kommt gut an.
Wenn Sie gegründet haben: Was war Ihr Antrieb ein eigenes Unternehmen zu gründen?
Ich wollte selbstständig arbeiten, meine eigenen Schmuckideen entwerfen, die Vielfältigkeit des Handwerks zeigen. Ein sehr wichtiges Argument der Selbständigkeit ist auch heute, die Ausbildung der jungen Menschen, die in der eigenen Werkstatt noch besser umgesetzt werden kann.
Sie arbeiten schon seit einiger Zeit als Unternehmerin. Ist es immer noch spannend?
Ja, es ist immer noch spannend. Ein wichtiger Teil meiner Arbeit ist die gute Beratung, die für Reparaturen oder Umarbeitungen von alten Schmuckstücken sehr viel Feingefühl verlangt. Bei individuellen Neuanfertigung und dem Gestalten von Schmuckserien ist die Kreativität sehr gefordert. Der einzelne Kunde steht als Persönlichkeit im Vordergrund.
Ich habe in den 27 Jahren meiner Selbständigkeit viele Erfahrungen gesammelt. Diese Erfahrungen weiter zugeben, auch als Vorbild-Unternehmerin, motiviert und ist jeden Tag spannend.
Wir haben gerade schon davon gehört: Sie wurden zur Vorbild-Unternehmerin gewählt. Was macht für Sie denn eine Vorbild-Unternehmerin aus?
Sie muss verantwortungsvoll sein. Das ist etwas, was ich auf jeden Fall ganz stark mit einer Vorbild-Unternehmerin in Verbindung setze. Eine Vorbild-Unternehmerin gibt ihre Erfahrungen gern weiter, nimmt andere mit.
Und dabei ist wichtig, dass man bei seiner Arbeit die Menschen und Partner nicht vergisst, die diesen Weg ermöglichen. Ob Kindermädchen, Sekretärin, Haushälterin, die Personen, die die beruflichen und privaten Anforderungen im Team bewältigen. Sie alle sollten wertgeschätzt werden.
Welches konkrete Ziel wird Ihrer Meinung mit dem Netzwerk der Vorbild-Unternehmerinnen verfolgt?
Grundsätzlich ist das, was begonnen wurde, gut. Ich selbst bin aber eher vor Ort vernetzt und nicht in Berlin. Hier im Kreis gibt es fünf weitere Vorbild-Unternehmerinnen, wir tauschen uns in unregelmäßigen Abständen aus. Ich denke, dass die nächste Generation anders aufgestellt ist. Ein natürliches Selbstbewusstsein wächst durch die hervorragenden Ausbildungen der neuen Universitäten.
Reicht ein solches Projekt eigentlich aus, um auf das weibliche Unternehmertum aufmerksam zu machen?
Nein, ich denke nicht. Es müsste mehr Untergruppen geben, die vielleicht auch berufsbezogen arbeiten und sich mehr präsentieren. Schon die Eröffnung des Projekts war viel zu groß und nicht nah genug dran an den Frauen.
Was könnte Ihrer Meinung nach noch besser laufen bei dem Projekt der Vorbild-Unternehmerinnen?
Meiner Meinung nach sollte man weg davon, die einzelne Dame abzubilden, es müsste der komplette Stab an Frauen zu sehen sein, der einen solchen beruflichen Werdegang unterstützen und erst möglich machen. Ich spreche hier auch Kinderfrauen und Haushälterinnen an, die alle zusammen ein Team bilden. Wenn ich niemanden habe, der kochen kann, dann stehe ich abends vor dem leeren Tisch und habe nichts zu essen. So hat jede ihre Begabung. Und alle zusammen sind dann erfolgreich.
Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg!
Kontaktdaten:
Goldschmiede Ottilie Dreier
Lange Strasse 31
D-33378 Rheda-Wiedenbrück