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Public WoB-Index 2019 von FidAR: Wo bleiben die Frauen in Führungsgremien?

Der Frauenanteil in den Aufsichtsgremien der 263 größten öffentlichen Unternehmen ist erstmals über die 30-Prozent-Marke gestiegen – und liegt mit dem Frauenanteil in den Aufsichtsräten der DAX-Unternehmen nunmehr gleichauf. Allerdings stieg der Anteil von Frauen um lediglich 1,1 Prozentpunkte auf 30,8 Prozent (2018: 29,7 %). In den Top-Managementorganen sank der Frauenanteil zum Vorjahr um 0,8 Prozentpunkte auf 18 Prozent (2018: 18,8 %). Nur wenige öffentliche Unternehmen veröffentlichen Zielgrößen für den Frauenanteil. 58,8 Prozent davon planen mit Zielgröße Null für das Top-Managementorgan. Diese ernüchternden Ergebnisse zeigt der im Rahmen des aktuellen FidAR-Forums vorgestellte aktuelle Public Women-on-Board-Index von FidAR mit Stand 01.01.2019.

Frauenanteil in den Top-Managementorganen stagniert

„Die Unternehmen der Öffentlichen Hand sollten bei der Gleichstellung Vorbild sein. Es ist ein wichtiges Signal, dass so viele Beteiligungen von Bund und Ländern einen Frauenanteil im Aufsichtsgremium von über 30 Prozent erreichen.“, betont Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey. „Nicht akzeptabel ist dagegen, dass der Frauenanteil in den Top-Managementorganen stagniert. Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in den Leitungsfunktionen der öffentlichen Unternehmen ist ein zentrales Ziel der Bundesregierung. Wir dürfen die Potenziale von Frauen nicht brachliegen lassen. Ich erwarte von den Unternehmen hier noch deutlich mehr Engagement. Gerade im öffentlichen Sektor müssen wir mit gutem Beispiel vorangehen.“

„Die Unternehmen der Öffentlichen Hand sind dabei, ihren Vorsprung in Diversity-Fragen gegenüber der Privatwirtschaft einzubüßen. Weder die Bundesbeteiligungen noch die Beteiligungen der Länder dokumentieren ihr Engagement öffentlich, mehr Frauen in die Führungsgremien zu holen“, erklärt FidAR-Präsidentin Monika Schulz-Strelow. „In der Privatwirtschaft hat die gesetzliche Quote für den notwendigen Druck gesorgt – aber die Quote greift bei den öffentlichen Unternehmen nicht. Von der Regelung im Bundesgremienbesetzungsgesetz, wonach 50 Prozent der vom Bund in die Aufsichtsgremien entsendeten Vertretungen Frauen sein sollen, scheint noch kein wesentlicher Impuls für eine Verbesserung des Frauenanteils im Gesamtgremium auszugehen.“

Zielgrößen bei Bundes- und Länderbeteiligungen enttäuschend

Enttäuschend fallen die von den öffentlichen Unternehmen definierten Zielgrößen für das Aufsichtsgremium, das Top-Managementorgan und die obersten zwei Managementebenen aus. Zwar unterliegen 124 und damit nur etwa die Hälfte der untersuchten Unternehmen der Zielgrößenpflicht. Aber nur ein kleiner Teil davon veröffentlicht konkrete Ziele zur Steigerung des Frauenanteils. Die wenigen vorliegenden Planziele sind kaum ambitioniert.

„Ohne zusätzliche Anstrengungen wird das mittelfristige Ziel einer paritätischen Zusammensetzung der Gremien verfehlt. Wir erwarten mehr Transparenz und ein klares Bekenntnis zu Fortschritten bei der Gleichstellung. Wenn fast zwei Drittel der öffentlichen Unternehmen mit Zielgröße Null für das Top-Managementorgan planen, ist dies ein fatales Signal. Die Haltung der handelnden Akteure muss sich ändern. Als zukunftsorientierte Arbeitgeber für Frauen müssen sich die öffentlichen Unternehmen viel stärker zu Diversity bekennen. Die Gesellschafter von Bund und Ländern sollten den Druck erhöhen, dass die gleichberechtigte Teilhabe endlich konsequenter umgesetzt wird“, so Schulz-Strelow.

Ranking der gleichberechtigten Teilhabe

Erstmals umfasst die Studie auch ein Ranking der gleichberechtigten Teilhabe in den Länderbeteiligungen nach Bundesländern. Spitzenreiter beim durchschnittlichen Frauenanteil in den Aufsichtsgremien sind Berlin, Brandenburg und Hamburg. In allen Bundesländern der Spitzengruppe enthält der jeweilige Public Corporate Governance Kodex (PCGK) auf Länderebene eine Empfehlung zur gleichberechtigten Teilhabe. Die Schlusslichter Bayern, Saarland und Sachsen haben keinen PCGK bzw. haben im Falle des Saarlands erst seit diesem Jahr einen PCGK mit Diversity-Aussage. Ein wichtiger Hinweis, dass ein Zusammenhang zwischen der Empfehlung von Grundsätzen guter Unternehmensführung in Hinblick auf Diversity und dem durchschnittlichen Frauenanteil in Führungspositionen bestehen dürfte.

Der Public WoB-Index im Überblick

Der sechste Public Women-on-Board-Index von FidAR ist die größte repräsentative Studie zur Diversity im öffentlichen Sektor. 263 Beteiligungen von Bund und Ländern wurden für die aktuelle Studie mit Stand 01.01.2019 untersucht. Die gesetzliche Quote greift im Public WoB-Index nur für ein einziges Unternehmen. Dagegen unterliegen 124 der untersuchten Beteiligungen der Pflicht, Zielgrößen für das Aufsichtsgremium, Top-Managementorgan und die obersten zwei Managementebenen festzulegen und zu veröffentlichen. Nur 65 (52,4 %) davon haben mindestens eine konkret festgelegte Zielgröße benannt. Lediglich 17 Unternehmen haben eine Zielgröße für das Top-Managementorgan festgelegt, 10 davon (58,8 %) planen mit Zielgröße Null. Bei 45 Unternehmen kann der Bund über mindestens drei Sitze im Aufsichtsgremium entscheiden. Hier sollten nach dem Bundesgremienbesetzungsgesetz 50 Prozent der in die Aufsichtsgremien entsendeten Vertretungen Frauen sein.

Der Frauenanteil in den Aufsichtsgremien der 263 untersuchten öffentlichen Unternehmen stieg auf 30,8 Prozent (2018: 29,7 %). Bei 42 Unternehmen (16 %) liegt der Frauenanteil in den Aufsichtsgremien bei 50 Prozent oder höher (2018: 16 %). Der Anteil der Anteilseignervertreterinnen in den Aufsichtsgremien zum Gesamtaufsichtsrat ist auf 26,2 Prozent gestiegen (2018: 23,2 %). Der Anteil der Arbeitnehmervertreterinnen in den Aufsichtsgremien zum Gesamtaufsichtsrat ging dagegen auf 5,9 Prozent zurück (2018: 6,4 %). Der Frauenanteil in Top-Managementorganen sank im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls auf 18 Prozent (2018: 18,8 %).

Von den insgesamt 124 zielgrößenpflichtigen Beteiligungen haben nur 52 Unternehmen (41,9 %) Zielgrößen für das Aufsichtsgremium festgelegt. Knapp die Hälfte dieser Unternehmen (25 / 48,1 %) sieht eine Steigerung des Frauenanteils im Aufsichtsgremium vor. Bei acht Unternehmen liegt die geplante Zielgröße sogar 20 bis 30 Prozentpunkte über dem aktuellen Anteil weiblicher Aufsichtsratsmitglieder. Die Hälfte der Unternehmen (26 / 50 %) legte aber eine Zielgröße unterhalb des derzeitigen Frauenanteils im Aufsichtsgremium fest.

Über den Public WoB-Index
Der Public WoB-Index wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Die Studie wird von FidAR unter wissenschaftlicher Begleitung von Prof. Dr. Michèle Morner, Leiterin des Wissenschaftlichen Instituts für Unternehmensführung und Corporate Governance, erstellt.

Die „Studie zum Public WoB-Index“ kann unter www.public-wob-index.de eingesehen werden.

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