Finanzen

Geldanlage: Wo Frauen größere Geldbeträge als Männer investieren

Von Volker Wohlfarth

Geldanlage ist in Zeiten von Niedrigzinsen gerade für Frauen mit vergleichsweise geringeren Rücklagen heikel. Früher konnte Geld auf dem Festgeldkonto geparkt oder in Bundesschatzbriefe gesteckt werden. Zinsen brachten mindestens einen Inflationsausgleich, das Kapital war sicher angelegt. Sicher ist es auch heute noch, aber eben nicht mehr als das. Und immer noch wird Frauen nachgesagt, weniger investitionsfreudig zu sein als Männer.

Dieses gängige Klischee könnte durch neue Daten widerlegt werden: Frauen legen höhere Beträge an als Männer. Zumindest auf der digitalen Plattform für kuratierte Immobilieninvestments, zinsbaustein.de, haben im Jahr 2019 weibliche Nutzer im Schnitt 2.910 Euro, also 15,8 Prozent mehr investiert als Männer, die im Durchschnitt 2.512 Euro anlegt haben. Dies ergibt eine Auswertung des Anlegerverhaltens von 4.370 Nutzerinnen und Nutzern der digitalen Plattform für Immobilieninvestments, die einem breiten Spektrum von Anlegern Zugang zu Anlageklassen ermöglicht, die bisher traditionell semi-institutionellen und institutionellen Investoren vorbehalten waren.

Männer können dabei durchaus von Frauen bei der Geldanlage lernen. So sind nach einer aktuellen Studie der ING Deutschland Frauen in 2019 tatsächlich die erfolgreicheren Anlegerinnen gewesen. Wertpapierdepots weiblicher Privatanleger erzielten im vergangenen Jahr durchschnittlich 24,11 Prozent Rendite. Die von Männern hingegen nur 23,5 Prozent. In einer Privatanleger-Analyse der Bank wurde dafür die Entwicklung der Wertpapierdepots für 2019 von über 806.000 deutschen Kundinnen und Kunden ausgewertet. Frauen waren somit, zumindest für die vergangenen zwölf Monate, die besseren Anlegerinnen.

 

Diversifizierung als erfolgreiche Anlagestrategie

Der Grund für die höhere Renditeentwicklungen bei Frauen liegt in dem unterschiedlichen Investitionsverhalten im Vergleich zu Männern: Frauen halten mit 25 Prozent einen vergleichsweise höheren Fondsanteil in ihren Depots. Männer hingegen investieren lieber in Einzelwerte. Sie haben lediglich zu 18 Prozent Fonds in ihrer Geldanlage, dafür rund 60 Prozent Aktien. Deren Anteil liegt bei Frauen bei 53,47 Prozent. Die Renditen zeigen: Das sicherheitsorientierte Aufstellen der Portfolios hat sich 2019 ausgezahlt. Fonds sind an einem ganzen Portfolio verschiedener Unternehmen aus unterschiedlichen Ländern und Branchen beteiligt. Durch diese Diversifizierung hat sich das Anlagerisiko reduziert.

Männer sind zudem beim Kauf und Verkauf von Wertpapieren deutlich aktiver als weibliche Anleger und scheinen sich dabei an Sprichworten wie „viel hilft viel“ zu orientieren. Diesen Unterschied im Verhalten von Mann und Frau bei der Kapitalanlage hat eine Studie der Consorsbank herausgefunden, bei der 1,5 Millionen Depots ausgewertet wurden. Demnach traden Männer 17,4 Mal pro Jahr, Frauen dagegen lediglich 7,6 Mal. Mehr Trades bedeuten allerdings auch mehr Gebühren. Sie werden für jeden Kauf oder Verkauf erhoben. Die Folge: die Rendite wird dadurch jedes Mal weiter geschmälert.

 

Das Thema Geldanlage ist bei Frauen stärker in den Fokus gerückt

Generell rücken Frauen das Thema Geldanlage heute stärker in den Fokus. Wie eine europaweite Umfrage zum Thema Frauen und Geldanlage von J.P. Morgan Asset Management ermittelt hat, investieren viele nach wie vor sicherheitsorientierter als Männer. Danach sind sie weniger risikofreudig und setzen seltener auf ertragstarke Kapitalmarktinvestments, bei denen stärkere Kursschwankungen und Verluste möglich sind. Am finanziellen Spielraum liegt das nicht. So verfügen Europäerinnen zwischen 30 und 65 Jahren über ein angespartes Kapital von rund 200 Milliarden Euro, das sie an den Finanzmärkten anlegen könnten. 45 Milliarden Euro davon entfallen auf Frauen aus Deutschland und Österreich. Ein Potenzial, das zurzeit noch schlummert, bei fortlaufendem Trend jedoch aktiviert werden könnte.

Frauen ab 50 Jahren kümmern sich am aktivsten um ihre Finanzen

Nach den Daten von zinsbaustein.de kümmern sich vor allem Frauen zwischen 50 und 75 Jahren am aktivsten um ihre Finanzen. Die älteren ab 70 Jahren sind dabei besonders aktiv und machen einen Anteil von bis zu 30 Prozent aus, die 50-65-Jährigen stellen einen Anteil von über 24 Prozent der Anlegerinnen, die bei zinsbaustein.de eine Investmenthöhe von maximal 25.000 Euro anlegen.

Im internationalen Vergleich legen Deutsche Frauen nach einer aktuellen Nutzerdatenerhebung der globalen Multi-Asset-Investitionsplattform eToro ihr Geld nicht so konservativ an wie Männer. Danach widersprechen Anlegerinnen in Deutschland dem Stereotyp der konservativen Investorin und setzen ihr Geld am liebsten ein in Kryptowährungen – einer traditionell volatilen Anlageklasse – gefolgt von ETFs, Aktien, Währungen, Aktienindizes und Rohstoffen. Die Männer in Deutschland hingegen folgen dem nationalen Trend und entscheiden sich für traditionelle Anlagen wie Indizes und Rohstoffe.

Volker Wohlfarth verantwortet als Geschäftsführer Marketing, Produkt und IT bei zinsbaustein.de. Er verfügt über langjährige Erfahrung in der Internet- und Immobilienbranche. Zuvor hat er hat bei ImmobilienScout24, erento, eBay und Toshiba in unterschiedlichen Führungspositionen gearbeitet und liebt die Digitalisierung.

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