Familie, Kinder & Co.

Für den Beruf als Familie kreativ sein – Wie sich Karriere und Familie in Krisenzeiten vereinbaren lassen

Das Coronavirus zwing viele Familien überwiegend in ihr zu Hause. Fehlende Betreuung wird dabei zunehmend ein Problem für alle berufstätigen Eltern. Ein funktionierendes Homeoffice sowie etwas künstlerische Betätigung und Handwerk können ein Ausweg sein.

Die Corona-Krise hat unser Leben in kürzester Zeit auf den Kopf gestellt – auch in Sachen Kinderbetreuung. Den Nachwuchs einfach „vor dem Fernseher oder Tablet zu parken“, darf dabei natürlich keine Lösung sein. Wohl aber können digitale Inhalte eine Anregung für gemeinsames, kreatives Arbeiten sein: Im Web gibt es zahlreiche Video-Kanäle, die kurz und prägnant Ideen liefern. Aus einer fünfminütigen virtuellen Anleitung kann so eine mehrstündige Bastel-Aktivität entstehen, bei der sich Kinder selbst beschäftigen. „Home Office ist für mich eine extreme Erleichterung, doch es löst natürlich nicht alle Probleme. Mein Partner und ich arbeiten beide viel von daheim aus, unsere Kinder möchten wir dabei natürlich nicht vernachlässigen“, erklärt Andrea Förg. Die zweifache Mutter ist in leitender Position bei einem Münchner Energieversorger tätig.

Bei der Fülle der Aufgaben sind viele Gespräche an der Tagesordnung. „Umso wichtiger ist es für mich, dass sich meine beiden Töchter auch einmal mit sich selbst beschäftigen können, wenn mein Partner die Betreuung nicht übernehmen kann.“ Wichtig sei es für die junge Familie, dass die Kinder dabei nicht nur konsumieren, sondern selbst aktiv sind und gestalten – das gelte umso mehr, als insbesondere in den Zeiten von Kontaktbeschränkungen ja auch das Spielen mit anderen Kindern reglementiert ist. Digitale Inhalte bilden demnach eine willkommene Erweiterung des „Freizeit-Speiseplans“ – neben Anregungen für die Kinder haben die Eltern auch schon so manches Online-Fitness-Programm unter die Lupe genommen.

Mit Kreativität dem Problem begegnen

Dass immer mehr Familien auf diesen Zug aufspringen, bestätigt Eric Schultz, Director of Global Communications beim führenden Digitalstudio TheSoul Publishing: „Einer unserer beliebtesten Kanäle, 5-Minute Crafts, gehört mit mehr als 65 Millionen Abonnenten zu den Top-5-Kanälen von YouTube weltweit. Da seit einiger Zeit immer mehr Menschen auf der Suche nach Unterhaltung zu Hause sind, haben wir ein noch größeres Interesse an den Heimwerkertipps und Bastelprojektideen dieses Kanals festgestellt.“

Kreative Aktivitäten, wie zum Beispiel Basteln, erwiesen sich demnach als regelrechte Renner. Folgende Vorteile sieht Schultz, selbst Vater zweier junger Töchter, beim Miteinander von Online- und Offline-Aktivitäten:

  • Alle kreativ halten: Nachdem das Spielen im Freien für eine Weile keine belastbare Option mehr ist, bietet Basteln die perfekte Alternative dazu. Es ist eine ruhige, entspannende Aktivität und fördert nicht nur die Kreativität der Kinder, sondern der ganzen Familie. So ziemlich alles im Haus dafür verwendet werden: von Wattebällchen über leeren Toilettenpapierrollen bis hin zu Eierkartons. In dieser Krise versuchen wir alle, weniger verschwenderisch zu sein, und es ist erstaunlich, welch vermeintlichem Unrat Kinder mit ihrer Phantasie ein zweites Leben schenken können.
  • Das Zubettgehen vereinfachen: Basteln kann die perfekte Aktivität sein, um sich auf das Schlafengehen vorzubereiten. Denn Kinder können sich dabei entspannen und die restliche geistige Energie des Tages verbrennen. Eltern können dabei zum Beispiel die Lieblingsfiguren ihrer Kinder in deren Bastelarbeit einbauen, etwa mit ihren Farben, Themen und Konzepten.
  • Neues lernen: Während basteln oder malen eher ungestört Kreativität fördert, müssen bei anderen Familien-Projekten präzise Schritte befolgt werden. Es gibt einige nützliche Lektionen für das Leben, die es zu lernen gilt. Dazu zählt zum Beispiel, wie wichtig es ist, Regeln zu befolgen und sich Zeit zu nehmen, um gute Ergebnisse zu erzielen. Etwas von Anfang bis Ende durchzuziehen, kann für das Selbstwertgefühl der Kinder von großem Nutzen sein. Kinder können lernen, dass es sich auszahlt, wenn sie der Anleitung ihrer Eltern folgen.
  • Teamarbeit: Wenn ihr Kind gern eigenständig arbeitet, ist die Zusammenarbeit beim Basteln eine einzigartige Möglichkeit, die Teamarbeit zu stärken. Im Gegensatz zum Sport gibt es keinen Gewinner oder Verlierer, keinen Wettbewerb – es gibt einfach ein paar Menschen, die gemeinsam auf das gleiche Ergebnis hinarbeiten. Wer mit seinen Kindern Routinen festlegt, kann sich als ganze Familie auf die gemeinsame Zeit freuen. Gleichzeitig lässt sich so die Zeit vorbereiten, in der sie sich selbst unterhalten müssen.

Die hier aufgelisteten Kurz-Videos eigneten sich demnach besonders gut als Einstieg und Anregung für gemeinsame kreative Beschäftigung:

Homeoffice als Schlüssel

Die Angestellten begrüßen die Arbeit daheim übrigens mit großer Mehrheit und würden sie auch gern nach der Corona-Krise fortführen, wie eine Umfrage des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation (BIDT) zeigt. Für die oben genannten kreativen Aktivitäten wäre das natürlich die Grundvoraussetzung, denn zumindest ein Erziehungsberechtigter muss ja in der Nähe sein. Dabei ist zu bedenken, dass Home Office nicht überall möglich ist. Das Problem hierzulande: Selbst wo die Arbeit von zu Hause aus theoretisch möglich wäre, scheitert sie bisweilen noch an den technischen Voraussetzungen – oder, noch schlimmer, dem Willen der Vorgesetzten. Dabei läge es in ihrem eigenen Interesse, auch diesen Teil der viel zitierten Digitalisierung aktiv zu unterstützen.

„Wir wissen, dass die digitale Disruption alle Branchen durchdringt“, sagt Dr. Robert Laube, Chief Technology & Innovation Officer (CTIO) bei der Avanade Deutschland GmbH. Dabei entstehe eine zweistufige Unternehmenslandschaft. „In ihr stagnieren die digitalen Nachzügler, während ihre digital lebenden und atmenden Konkurrenten voranschreiten. Der Wettbewerbsvorteil liegt in der Fähigkeit dieser ‚Digital Natives‘, sich innerhalb von Tagen, nicht Monaten oder Jahren, auf Chancen und Bedrohungen einzustellen.“ Die Unternehmen, die er als „Digital Native“ bezeichnet, sind diejenigen, die etwa über erwähnte Cloud-Technologie die Basis für Home Office geschaffen haben. „Mitarbeiter und Cloud müssen an die Spitze ihrer Geschäftsstrategie rücken“, so der CTIO.

Es bleibt noch einiges zu tun

Einer Studie von Avanade nach seien jedoch drei Viertel der Betriebe mit solchen Technologien überfordert, so dass hier noch Luft nach oben ist. So mancher Vorgesetzte muss sich also entweder noch mit den technischen oder menschlichen Komponenten des Home Office beschäftigen – oder mit beidem. Der Staat darf als Aufgabe mitnehmen, auch in Krisenzeiten für gute Betreuungsangebote zu sorgen. Denn so hilfreich Kreativität für Familien bei der Kinderbetreuung auch sein mag – sie allein kann es in vielen Fällen nicht richten.

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