Familie, Kinder & Co.

Neue Form der Kinderbetreuung- Coworking Toddler

Arbeiten und Kinder betreuen, viele Familien stellt diese Aufgabe vor eine echte Herausforderung. Was also tun, wenn Eltern arbeiten wollen und müssen und zeitgleich aber ihre Kinder um sich haben wollen? In Berlin gibt es dazu ein neues Konzept: den Coworking Toddler. SHE works! hat sich das Konzept von Ulrike Käfer erklären lassen.

Wie vereinbar sind denn Beruf und Familie, welche Erfahrungen habt Ihr gemacht?

Das hängt das ganz und gar vom eigenen Lebenskonzept ab: Ich kenne Mütter, die Arbeit und Familie nicht trennen wollen oder können und Mütter, sich den Beruf so organisieren, dass sie trotzdem möglichst viel Zeit für die Familie haben – oder Mütter, die beruflich sehr stark engagiert sind und die wenige Zeit mit der Familie intensiv nutzen. Es gibt auch viele, die an der Vereinbarkeit scheitern und das liegt dann leider häufig in den unflexiblen Rahmenbedingungen von Wirtschaft und Politik begründet. Nur weil man eine Familie gründet, bedeutet das nicht, dass man sich plötzlich keine berufliche Erfüllung mehr wünscht. Deswegen wollen wir mit der Gründung von Coworking Toddler lebbare Vereinbarkeit für unsere und andere Familien schaffen.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen einen Coworking-Space anzubieten, der gleichzeitig auch noch eine Kinderbetreuung beheimatet?

Wenn man eine Familie gründet und trotzdem frühzeitig wieder arbeiten möchte, stellt sich früher oder später die Fragen ob es nicht möglich ist, all das unter einen Hut zu bekommen, gibt es bisher wenig praktikable Lösungen. Die Idee zu unserem Konzept hatte ursprünglich auch eine Gruppe von Müttern: Sie waren selbst in der Situation, dass sie ihre Kinder (noch) nicht vollständig an Fremde abgeben wollten, aber gleichzeitig mussten und wollten sie auch arbeiten. Mit dem Coworking Toddler wollten sie aber nicht nur die Selbstständigen ansprechen, sondern das erste Modell sein, dass auch für Unternehmen attraktiv ist. Nachdem einige Monate ins Land strichen, wurde klar, dass die Mütter nicht genug Zeit und finanzielle Mittel hatten, um das Risiko einer vollständigen Gründung tragen zu können. So übernahmen wir den „Toddie“ und geben seitdem richtig Gas.

An wen richtet sich Euer Angebot hauptsächlich?

Unser Angebot richtet sich sowohl an Selbstständige, Gründer und Studenten, als auch an Unternehmen und ihrer Mitarbeiter mit Home-Office-Option. Das Home-Office weicht dann einem professionellen Arbeitsumfeld, in dem Meetings, Konferenzen und Kundentermine stattfinden können. Das Kind ist zwar in der Nähe, aber zieht eben nicht den Stecker oder bekommt einen Trotzanfall, wenn man gerade ein wichtiges Telefonat o.ä. führen muss. Nicht zu unterschätzen ist auch die emotionale Komponente: Eltern und Kinder fühlen sich besser, wenn sie wissen, dass der andere nicht weit weg ist. Gleichzeitig haben alle ihren eigenen Freiraum: Die einen rocken ihr Business während die anderen Türme bauen und Kunstwerke malen. Damit bietet Coworking Toddler ein zeitgemäßes Arbeitsmodell, das nur Gewinner kennt: Eltern, Kinder und Unternehmen gleichermaßen.

Wie ist die Resonanz von Unternehmen bisher? Zahlen die den Coworking-Platz denn dann oder müssen sich die Mitarbeiter beteiligen?

Die Resonanz ist unglaublich gut. Wir haben schon jetzt eine Warteliste und die Unternehmen, mit denen wir bisher gesprochen haben, sind auch sehr interessiert – was uns besonders freut. Immerhin ist der Coworking Toddler dank seiner professionellen Infrastruktur die wesentlich produktivere Alternative zum Home-Office, fördert für Unternehmen die langfristige Mitarbeiterbindung und bietet so einen entscheidenden Vorteil im Wettbewerb um Talente.
Wir haben ganz verschiedene Rechenmodelle, zwei Dinge können wir aber schon sicher sagen: Erstens wird man einen großen Teil der Kosten entweder von der Steuer absetzten oder z.B. durch den Kitagutschein auffangen können und zweitens ist es für das Unternehmen um einiges günstiger als das Elternzeitvertretungsmodell bzw. für Selbstständige vergleichbar mit einem klassischen Coworking-Büro und einem Kita-Platz – dafür aber viel praktischer und schöner.
Gibt es auch Zusammenschlüsse von Müttern oder Vätern, die sich dann einen Arbeitsplatz teilen?
Wir wissen natürlich, dass Eltern sehr flexibel sein müssen und werden deshalb auch entsprechende Lösungen anbieten. Trotzdem ist es vor allem für die Kinder auch wichtig, dass sie in einer stabilen Gemeinschaft betreut werden. Deshalb wollen wir im Kern eine möglichst feste Coworking-Mannschaft etablieren und zusätzlich solche Modelle anbieten.

Wie stelle ich mir das praktisch vor: Die Eltern kommen, liefern ihre Kinder in der Kinderbetreuung ab und gehen an ihren Arbeitsplatz?

Coworking Toddler Kind beim Spielen

(c) Sarah Winborn

Das hängt ganz vom Alter des Kindes ab und davon, wie die Eltern es handhaben möchten – eine kleine Kuscheleinheit ist natürlich immer drin. Es wird einige Regeln für den Tagesablauf geben, damit die Coworker konzentriert arbeiten können und die Kinder einen festen Rahmen haben. Coworking Toddler ist für Kinder bis zum dritten Geburtstag ausgelegt. Im Gegensatz zu klassischen Betreuungseinrichtungen ermöglichen wir durch die Nähe zu den Eltern Körperkontakt, gemeinsame Mahlzeiten und die Vermittlung familiärer Werte. Die Kinder werden bedürfnisorientiert versorgt, die Bindung zu den Eltern gestärkt. Das bedeutet auch mal in der Mittagspause Hoppereiter bei Papa auf dem Schoß. Auch der Kontakt und Austausch zwischen Erziehern und Eltern wird bei diesem Konzept viel stärker stattfinden als in den meisten anderen Betreuungseinrichtungen. Es ist ein echtes Miteinander und davon profitieren alle.

Wie habt Ihr die Kinderbetreuung organisiert?

Wir planen mehrere Betreuungsmodelle: Es wird eine feste Kita geben, eine flexible Kinderbetreuung und Eltern-Kind-Büros. Die Betreuungsplätze im Kitabereich sind festgelegt. Die flexible Kinderbetreuung und die Anzahl der Eltern-Kind-Büros werden wir nach Bedarf umsetzen.

Wir danken Ulrike Käfer für das Interview.

Bildquelle: Team vom Coworking Toddler by Malina Ebert , Kinderfoto by Sarah Winborn

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