Unternehmerinnenporträts

Frauen in Führung: „Das Beste in meinem Job sind die Menschen.“

Aus der Redaktion

Frauen als Vorstand oder Frauen in Führung – das trifft laut DIW Managerinnen-Barometer in den 200 umsatzstärksten deutschen Unternehmen auf unter 16 % der Posten zu. Noch geringer ist ihr Anteil in Familienunternehmen, wo nur 8 % der Geschäftsführung weiblich ist. Christiane Bardroff ist beides: Vorständin und tätig in einem Familienunternehmen. Seit dem 1. November 2022 verantwortet sie als Chief Operating Officer (COO) bei der Rentschler Biopharma SE, einem führenden Dienstleistungs- und Auftragsentwicklungsunternehmen für Biopharmazeutika, das operative Geschäft.

Mit SHE works! sprach sie über die Arbeit in einem Familienunternehmen, ihre Karriere und was sie an ihrem Beruf begeistert.

Frau Bardroff, Sie sind seit rund anderthalb Jahren bei Rentschler Biopharma SE – erst als SVP Client Program Management, seit November 2022 als Chief Operating Officer. Was hat Sie an dem oberschwäbischen Familienunternehmen gereizt?

Genau das! Dass es ein Familienunternehmen ist. Ich war bereits viele Jahre in Großkonzernen unterwegs und da ich ein extrem lernfreudiger Mensch bin, wollte ich gerne wieder etwas Neues ausprobieren. Ausschlaggebend für meine Bewerbung bei Rentschler Biopharma, war deren enormes Fachwissen im Bereich der Medikamentenentwicklung und die Bandbreite an Wirkstoffen, mit denen sie möglichst vielen Menschen helfen. Was mich am Ende aber wirklich überzeugt hat, dort anfangen zu wollen, war nicht nur die Expertise, sondern vor allem das Miteinander. Das kannte ich so aus höheren Führungsebenen bisher nicht. Bei Rentschler herrscht ein extrem respektvoller Umgang, eine große Menschlichkeit untereinander. Da wusste ich: Mit diesen Menschen möchte ich zusammenarbeiten!

Ist diese Menschlichkeit ein grundlegender Unterschied zwischen Familienunternehmen und Großkonzernen?

Sagen wir so: Auch in Großkonzernen gibt es in kleineren Teams und Arbeitsbereichen dieses Miteinander, welches ich sehr schätze. Darüber hinaus ist der größte Unterschied wohl die Schnelligkeit, mit der Entscheidungen getroffen werden. Während in Großkonzernen oft viel Zeit vergeht und viele Schleifen gedreht werden, bevor eine Entscheidung gefällt wird, geht es in einem Unternehmen, in dem man viele Menschen persönlich kennt, deutlich schneller. Natürlich gibt es hier auch eine Struktur, die einzuhalten ist, aber durch den intensiven persönlichen Kontakt passiert vieles effizienter und kann zeitnah umgesetzt werden.

War es schon immer Ihr Wunsch, in der Biopharma-Industrie Karriere zu machen?

Vorweg muss ich sagen, dass ich unglaublich dankbar bin für das, was ich tun darf. Denn ich arbeite in einer Industrie, die Menschen helfen kann. Aber hätte mir früher jemand gesagt, dass ich heute COO der Rentschler Biopharma SE sein werde, hätte ich das wohl nicht geglaubt. Ich hatte zwar Biologie-Leistungskurs und habe im Anschluss Biotechnologie und Chemietechnik studiert, aber ich war zu Beginn keine Spitzenschülerin. Der Erfolg kam mit der Zeit, weil ich mich immer mehr für die Themen begeistert habe. Diese Begeisterung für biopharmazeutische Medikamente hat mich inspiriert, angespornt und mir neue Perspektiven eröffnet – beispielsweise die Übernahme von Personalverantwortung, die Führung der Standortleitung sowie den Aufbau von Produktionsstätten im Ausland. Mein Mut, (Personal-)Verantwortung zu übernehmen, ist während meiner Karriere gewachsen. Ich liebe meinen heutigen Job und die Menschen, mit denen ich arbeite – sowie die Biotechnologie mit ihren vielen Möglichkeiten, die faszinierend ist und mich über mich hinauswachsen lässt!

Frauen in Führung: „Das Beste in meinem Job sind die Menschen.“

Seit November 2022 gehört Christiane Bardroff als COO zum Vorstand der Rentschler Biopharma SE. Foto Rentschler

Sie haben es gerade schon angesprochen, anfangs lief nicht alles glatt. Welchen Hürden und Herausforderungen sind Sie in Ihrer beruflichen Laufbahn, speziell, weil Sie eine Frau sind, begegnet?

Das fing schon mit dem Studium an. Ich habe mich für ein naturwissenschaftliches Studium entschieden, in dem Männer in der Überzahl waren. Auch anschließend habe ich in eher männertypischen Berufen gearbeitet. Das war nie ein Problem für mich, weil ich immer gern mit Männern zusammengearbeitet habe. Ich bin es also gewohnt, mich als Frau behaupten zu müssen. Ich habe in all den Jahren immer wieder gemerkt, dass Frauen in vermeintlich typischen Männerberufen immer etwas mehr machen müssen, immer etwas besser sein müssen, um akzeptiert zu werden. Sich als Frau durchzusetzen, fällt nicht jeder leicht. Gleichzeitig ist es so wichtig, nicht die Krallen auszufahren, sondern Hände zu reichen – damit es für Frauen und Männer fair und ausgeglichen zugeht. Bis heute achte ich als Führungskraft darauf, Frauen zu supporten, wenn sie in Teams unterrepräsentiert sind. Diverse Teams, in denen es gerecht zugeht, liefern genau den facettenreichen Input, der unsere Arbeit bereichert.

Für diverse Teams und somit mehr Frauen, auch Frauen in Führung, braucht es aber auch Rolemodels. Sehen Sie sich selbst als Rolemodel?

Ich denke schon. Ich arbeite gerne mit Menschen zusammen, ermutige besonders Frauen und unterstütze, wo ich kann. Dafür habe ich in einem früheren Unternehmen gemeinsam mit einer Kollegin ein Frauennetzwerk gegründet. Wir alle brauchen Strategien, um uns bei der Stange zu halten. Wertschätzung, Dankbarkeit, psychologische Sicherheit, ein Umgang auf Augenhöhe und das Aufpassen aufeinander gehören dazu. Und für ein solches Bestärken helfen Netzwerke (auch gemeinsam mit Männern), Mentoring und Coaching.
Bisher habe ich erlebt, dass Frauen viel zögerlicher sind, sich auf Führungspositionen zu bewerben. Wenn sie nicht der Meinung sind, zu 120 Prozent den Anforderungen zu entsprechen, lassen sie es lieber sein. Männer sind da viel zuversichtlicher, selbst wenn sie nur 70 Prozent der Stellenanforderung erfüllen. Deswegen ist es mir für meine Personalpolitik ganz wichtig Frauen zu ermutigen und zu sagen: Trau dir das zu, du kannst das! Ich weiß, dass du das kannst! Männer und Frauen sind gemeinsam im Team einfach stärker, kreativer und nachgewiesenermaßen erfolgreicher.

Wie sind die Reaktionen auf Ihre Motivationsversuche im Bereich Führung oder Karrieremöglichkeiten?

In der Regel werden sie positiv aufgenommen. Erst mal bitten die angesprochenen Frauen um Bedenkzeit, was ich auch absolut legitim finde. Denn ich sage ihnen natürlich auch deutlich, welche Auswirkungen das haben könnte. Im Großen und Ganzen nehmen diese Frauen, in denen ich das Potenzial sehe, die Chance wahr und wachsen mit der Zeit über sich hinaus. Das ist wundervoll zu beobachten und mitzuerleben.
Nach einem so mutigen Schritt treffen Frauen – Männer übrigens auch – dann bestenfalls auf ein sicheres, wertschätzendes Umfeld. Eins mit Fehlerkultur und Fürsorge, in dem jeder wachsen und lernen darf.
Das sind die Werte, die ich anfangs erwähnte – und der Grund für meinen Wechsel zu Rentschler Biopharma. Hier arbeiten wir wertschätzend und unterstützend miteinander. Darüber hinaus bieten wir Mentoring und Coaching für alle unsere Führungskräfte an, damit sie selbstbewusst ihrer Aufgabe nachgehen können.

Sind diese Erfolge Ihre Motivation, immer weiterzumachen?

Ich hatte das Glück, auf meinem gesamten Weg immer wieder tolle Mentor*innen zu haben. Sie haben mich sehr motiviert, immer einen Schritt weiterzugehen und mich weiterzuentwickeln. Darüber hinaus habe ich grundsätzlich eine sehr positive Lebenseinstellung. Ich lache gerne, bin gut drauf und habe viel Freude an meinem Job. Dieser Spaß, das Miteinander, mein Team und eine Tätigkeit, mit der wir nachhaltig Nutzen stiften können – das motiviert mich jeden Tag aufs Neue.

Ein wichtiger Faktor ist Ihr Team. Was macht für Sie ein gutes Team aus?

Eine ausgewogene Kombination aus fachlicher Expertise und vertrauensvollem Miteinander. Darüber hinaus die bereits angesprochene Diversität. Diese drei Aspekte machen für mich ein gutes Team aus, in dem man auf Augenhöhe miteinander diskutieren und arbeiten kann, sich vertraut und deswegen auch mal den Mut hat, kontroverse Gedanken auf den Tisch zu bringen.
Mit Vertrauen und Mut bin ich übrigens auch aufgewachsen: sechs Geschwister (drei Schwestern und drei Brüder) und meine Mama an der Spitze. Sie war auch in schwierigen Zeiten immer für uns alle da, hat uns unterstützt, gefordert, gefördert und Halt gegeben. Diese Kinderstube war eine gute Vorbereitung auf mein Berufsleben. Dafür kann ich nur sagen: Danke, Mama!

Vielen Dank für das Gespräch!

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