Gründerinnen im Porträt

Frauen-Karriere-Index: Analyse-System für mehr Frauen in Führung

Moderne Unternehmen wissen: Diversität trägt zu ihrem wirtschaftlichen Erfolg maßgeblich bei. Dennoch gelingt es nur wenigen, dies auch intern umzusetzen. Das bedeutet: Der Weg nach oben ist für viele Frauen häufig schnell zu Ende – insbesondere im Topmanagement sind sie kaum vertreten. Gründerin Barbara Lutz hat 2012 beschlossen daran etwas zu ändern und den Frauen-Karriere-Index (FKi) ins Leben gerufen.

Was ist die Besonderheit Ihrer Firma?

Das ist weniger meine Firma als vielmehr unser Produkt. Der Frauen-Karriere-Index (FKi) ist – wenn Sie so wollen – unser sachlicher Beitrag zu dem emotionsgeladenen Thema „Frauen in Führung und Gleichstellung“. Wir haben den FKi 2012 lange vor der Firmengründung entwickelt, zusammen mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), der Technischen Universität Berlin und mit tatkräftiger Unterstützung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Der FKi war das erste Instrument, um die Entwicklung erfolgreicher Frauenkarrieren zu messen und mehr Frauen für Führungspositionen zu gewinnen. Als bewährtes KPISystem (key performance indicators) bietet er wichtige Unterstützung in den Bereichen New Leadership, Diversity und Transformation und gilt als wegweisendes Gütesiegel für Fortschritte in großen Konzernen und Wirtschaftsverbänden.
Commerzbank Geschaeftskonto Gruender
Was sind Ihre ersten beruflichen Erfolge?

Schon als sehr junge Frau hatte ich die Chance, für Ogilvy & Mather als Management Supervisor Firmen wie American Express und später Unilever Dove Europa zu begleiten. Diese internationale Rolle hat mir extrem professionellen und weitreichenden Input gebracht und mich für meinen weiteren Werdegang geprägt. Auch heute ist es gerade diese Internationalität, die es mir erlaubt, Themen auch aus anderen Blickwinkeln zu betrachten, nicht immer nur aus der deutschen Perspektive.

Wie ist Ihr beruflicher Werdegang?

Nachdem ich Betriebswirtschaft und Marketing in Nürnberg studiert hatte, durfte ich einen Teil meines Studiums in den USA verbringen, denn meine Eltern haben acht Jahre in Chicago gearbeitet. Nach meiner Zeit bei Ogilvy & Mather ging ich nach Frankfurt, wo ich acht Jahre in der Kommunikation tätig war. Anfang 2000 wechselte ich als Geschäftsführerin zur Publicis Groupe S.A., eine der weltweit führenden Kommunikations- und Strategieberatungen. Dort war ich mit meinem Team für die Einführung des Euro zuständig. Unsere Aufgabe war es, für die EZB die neuen Geldnoten weltweit bekannt zu machen und am 1. 1. 2002 für einen reibungslosen Übergang zur neuen Währung zu sorgen. 2006 stieg ich in das Assetmanagement der Cominvest ein und übernahm 2008 die Verantwortung für Marketing und Kommunikation der Commerzbank als Teil des Segmentvorstands Privat- und Geschäftskunden.

Was war für Sie der Auslöser, ein eigenes Unternehmen zu gründen?

Als das Bundesfamilienministerium 2015 nach einer überaus erfolgreichen Startphase die Förderung des FKi einstellte, stand ich vor der Entscheidung, eine eigene Firma zu gründen. Ich habe genau 24 Stunden überlegt und mit meinem Mann darüber diskutiert. Dann haben wir beschlossen, dass ich es einfach versuche, zumal ich vom Ministerium die Autorisierung erhielt, das Projekt eigenständig weiter zu führen. Dennoch konnte damals niemand absehen, ob der FKi ein unternehmerischer Erfolg werden kann oder nicht.

Wer hat Sie beraten, wer sind Ihre Helfer und Mentoren?

Meine Familie und mein Mann sind mit Sicherheit die wichtigsten Mentoren für mich, aber sie sind auch Reflexionspartner. Sie helfen mir stets, wenn es darum geht, die eine oder andere Thematik zu diskutieren. Ich bin aber auch sehr dankbar, dass etliche Unternehmensvertreter:innen immer wieder mit mir Fragen diskutieren und für einen ehrlichen Austausch offen sind. Ihren Input schätze ich sehr.
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Was war Ihre größte Herausforderung und wie haben Sie diese gemeistert?

Die letzte größte Herausforderung war, dass wir vergangenes Jahr am 6. März unsere Veranstaltung zur Vorstellung der Ergebnisse des FKi wegen Corona absagen mussten. Dieses Event findet nur einmal im Jahr statt und hat für uns enorme Bedeutung, denn hier zeichnen wir die Unternehmen aus, würdigen ihr beispielhaftes Engagement und erfahren viel positive Resonanz aus der Öffentlichkeit. Wir mussten sehr kurzfristig absagen und waren gezwungen, andere Möglichkeiten zu finden. Das Entscheidende aber war, dass wir sofort reagiert haben und digital geworden sind. Wir nutzen heute verstärkt soziale Medien sowie die digitalen Kanäle und arbeiten in sehr engem Kontakt mit unseren Partnern und Initiativen online zusammen.

Wie machen Sie auf Ihr Unternehmen aufmerksam?

Wir bauen dabei zwar nach wie vor auf die klassischen Werbe- und Marketing- Maßnahmen, was im Marketing-Deutsch ATL oder above-the-line genannt wird. Mit der zunehmenden Verbreitung der sozialen Medien nimmt aber die Nutzung von Below-the-line-Instrumente stark zu. Besondere Erfolge stelle ich immer wieder fest, wenn wir gezielt PR, also Public Relations einsetzen. Unser Thema „Frauen in Führung“ ist nicht zuletzt für Journalistinnen, Journalisten und Influencer doch spannender als Werbung für Waschmittel.

Wie haben Sie die Finanzierung Ihrer Gründung umgesetzt?

Wir haben alles privat, also aus eigener Tasche finanziert. Das war und ist mir eine Herzensangelegenheit. Allerdings braucht man dazu eine Menge Puste und Arbeitstage, die selten kürzer sind als zwölf Stunden. Aber selbst dann dauert es lange Zeit, bis man unter dem Strich positive Zahlen sieht. Durch die Corona- Pandemie sind wir heute immer noch weit davon entfernt, Profit zu machen. Trotzdem gab es für mich zu keiner Zeit die Option, auszusteigen.

Welchen Traum möchten Sie noch verwirklichen?

Dass es für Frauen absolut normal ist, Karriere zu machen, ohne Einschränkungen, ohne Kommentare über Kinder oder ähnliches. Es sollte für alle so normal sein, wie es für mich damals im Ausland war. Wir müssen weg von diesen weit verbreiteten Negativ-Debatten und uns viel mehr mit den positiven Inhalten beschäftigen. Dafür haben wir den FKi entwickelt und in 2020 den Impact of Diversity (IOD) erfunden.

Ihr Tipp: Was würden Sie anderen Gründerinnen empfehlen?

Abgesehen von guter Fachkenntnis, einem fundierten, realistischen Unternehmens- Konzept und dem Wissen, dass die Arbeitswoche am Freitagabend noch nicht zu Ende ist, sind beim Gründen zwei Dinge wesentlich: Sie müssen sich trauen, und Sie dürfen nicht aufgeben.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg!

Hier geht es direkt zur Homepage vom Frauen Karriere Index

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